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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.02.1934
- Strukturtyp
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- 1934-02-13
- Erscheinungsdatum
- 13.02.1934
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- Deutsch
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37, 13. Februar 1834. Redaltioneller Teil. Börserrblatt f. d. Dtschn BuchhanLel. Wieviel ist ein gutes Buch wert? Von Rudolf PaulscII. In einem Wäldchen hat die Batterickoloiine ihr grünes Quartier bezogen. Die Nachmittagssonne schimmert durch die Blätter der hohen Buchen, durch die schon kleine Früchte tragen den Haselbüsche. Ein friedlicher Tag in Frankreich. Man genießt ihn fast wie Heimat. Aber der Franzose gönnt uns die lyrischen Gefühle nicht. Er hat schon geahnt, wo wir sind, und beginnt ein heftiges Störungsfeucr. Er möchte uns aus dem Wäldchen hcr- ausschicßen. Zugleich liegt sein Feuer auf der einzigen Straße. Wir können also nicht heraus. Und so müssen wir die Einschläge um uns her Prasseln lassen, aus gut Glück. Hier gibts nicht einmal »passiven Widerstand«. Es gibt nichts als abwarteu. Die Pferde knabbern das kümmerliche Gras. Wir liegen am Hang unter den Büschen. Sprcngstückc und Zünder surren und sausen, Zweige splittern. Dicht neben uns reißt ein Volltreffer die Schreibstube eines Feldwebels von der Infanterie in die Luft. Doch der brave Mann hat Glück. Er kommt eben in Filzschuhen von der Latrine. Wir lachen mit ihm: das Zelt und die Akten sind zu ersetzen, er dagegen hat wie wir alle nur ein Leben. Nach diesem Intermezzo ist's wie zuvor: die Menschen schweigen, die Geschütze lärmen. Da zieht einer ein gelbliches Heft aus der Rocktasche und beginnt zu lesen. Es ist ein Reclambändchen. Es ist der zweite Teil von Goethes --Faust«. Der Mann liest und liest und läßt sich durch nichts stören. Er hat die Euphorionszciie aufgeschlagen. Er sieht die Worte des schönen Jünglings: »Träumt ihr den Fricdenstag? Träume, wer träumen mag! Krieg ist das Losungswort! Sieg! Und so klingt es fort.« Und während vom Toben der verderblichen Maschinen »dort widerdonnern Tal um Tal«, weiß der Lesende, der jetzt bis zu der Stimme aus der Tiefe gekommen ist: -Laß mich iui düstcrn Reich, Mutter, mich nicht allein!«, nicht mehr, wo er ist. Nur noch, daß er ganz gefaßt ist. Die Töne unsterblicher Dichtung heben ihn über jede Anfechtung der Furcht. Würde er jetzt getroffen, dann stürbe er »anständig«. Doch für diesmal scheint die Gefahr vorüber. Die drüben stellen das Schießen ein . . . Solche Macht hat ein gutes Buch. Brot und Speck und But ter hätten hier nichts vermocht. Stoff zu Stoff, Geist zu Geist. Die Angst kann nur der Geist besiegen. Solch Reclamheftcheu für wenige Groschen ist mehr als der Schluck aus der Flasche . . . Die Divisionsfcldbuchhandlungen waren vielen deutschen Kriegern die wahren »Kantinen . Da konnte man für 50 Mark 50 gute Bücher kaufen, als ein Liter Eiercoguak schon eben soviel kostete. Selbst Brentanos -Romanzen vom Rosenkranz« kaufte ich irgendwo bei St. Gobain für eine Mark. Und Eichendorff, Mörike, Storni ... das gab ich alles weiter, an Kameraden oft, die noch kaum diese Dichternamen gehört hatten. Wieviel ein gutes Buch wert ist, das kommt auf die Situation au. Je schwieriger eine Situation ist, an der man nichts ändern kann, desto mehr ist das Buch wert. Fände ein deutscher Robinson aus seiner Insel ein deutsches Buch, so würde er Tränen vergießen vor Freude, besonders wenn es ein gutes Buch ist, eins der un sterblichen. Der Wert wäre mit Ziffern überhaupt nicht auszu drücken. Und sicher möchte der Schiffbrüchige zehn Tage hungern, wenn ihm das zu einem einzigen Buch verhelfen könnte. Das wäre doch eine Menschenstimme mit Mutterlaut für ihn. Da wäre er nicht mehr ganz ohne Heimat in der Fremde seines Ei landes. In tausend und abertausend Nöten ist das Buch von unschätz barem Wert. Oft lesen wir unvermutet selbst in einem sonst mäßigen Buch ein Zitat, das uns wie ein Lebensretter kommt, wenn wir am Verzweifeln sind. Und so vieles, was uns sonst völlig unerreichbar bleibt, wird durch das Buch zu uns gebracht: alle Ferne wird nahgerückt, alle Vergangenheit wieder lebendig, die hohe Zukunft vorgekündct. Das gute Buch ist der Freund, der sich nie aufdrängt, der aber immer bereit ist, wenn wir ihn rufen. Das gute Buch ist unerschöpflich. Je mehr wir cs lesen, desto mehr gibt cs. Nach und nach gewährt es alles das auch, was zwischen den Zeilen steht. Unwichtig, ob es im Prachtgewand oder im schlichten Kleid uns begegnet — der Inhalt bleibt echt und nimmt niemals ab. Das gute Buch ist wertbeständiger als so vieler Tand des Lebens. Hat uns nicht alle, als wir jung waren, ein Buch aufs tiefste beeinflußt? Bei dem einen war cs die Bibel, bei dem anderen wars das Nibelungenlied, bei dem dritten sind cs Schillers »Räu ber« gewesen, den vierten hat Eichendorff gepackt, den fünften Nietzsche und so fort. Bunts Fülle, für jeden, was er begehrte. Und noch früher, als wir Kinder waren, wie lebte uns da jedes Buch, jede Jungsgeschichtc . . . Vielleicht sind die Jugendschrifteii nicht einmal hervorragend gut gewesen; aber wir holten uns daraus das Gute. Und die Märchen? War das nicht ein herr liches Reich? Und jedes Kind darin mehr als ein König? Der Mensch ist mehr als ein Buch. Das ist gewißlich wahr, und heute leben wir mehr mit Menschen als mit Büchern. Denn die Bücher können manchmal auch gefährlich werden. Sie können lebensfremd und einsam machen: dann haben wir den »Bücher wurm«. Aber der echte Bücherwurm taugt auch wirklich nichts: er frißt unbesehen alles. Heute wählen wir. Ganz bewußt suchen wir die Bücher, die aus dem Volkstum kommen und darum zu uns sprechen, soweit wir uns als Glieder des Volkes fühlen. Wenige gute Bücher sind mehr als viele mittelmäßige und schlechte. Wir suchen das Vollkornbrot auch auf geistigem Gebiet. Denn nur dann wird der deutsche Mensch auch geistig satt, aber nur so, daß er immer wieder zum geistigen Vollkornbrot greift, um seine Willens- und Gemütskräste damit zu nähren, damit er geistig wachse. Das gute Buch hat Nährwert. Also nicht nur dient es der Zerstreuung und Unterhaltung, zu der wir ja ohnehin kaum Zeit haben. Denn je mehr der Bruder mit den Brüdern lebt, desto knapper wird die dem Umgang mit Büchern gewidmete Zeit. So ist strenge Lese geboten. Es ist nicht gemeint, daß wir uns nur solchen Büchern hingeben, die vor den Genuß die Arbeit gesetzt haben, deren Lesung also Arbeit ist; aber alle Bücher der leichten billigen Reize, der Sensation, haben keinen Nährwert. Im Dritten Reich erstreckt sich die Gesundheitspflege mit Recht auch auf den Büchermarkt. Geistige Nahrungsmittel dürfen so wenig wie leib liche giftig oder verfälscht sein. Verfasser, Verleger, Drucker, Einzelbuchhändler und lesen des Volk müssen allmählich zu einer einzigen großen Kulturge- meinschaft zusammenwachsen. Dann wird das deutsche Buch in Ehren stehen. Vierte Anordnung zur Befriedung der wirtschaftlichen Verhältnisse im Deutschen Zeitungswesen. Auf Grund von § 25 der ersten Verordnung zur Durchführung des Neichskulturkammergesetzes vom 1. November 1933 (RGBl. I, Seite 797) in Verbindung mit Ziffer 6 der 1. Anordnung über Fra gen des Vertriebes und der Bezieherwerbung sowie über Neugrün- dungen auf dem Gebiet der Presse vom 13. Dezember 1933 hat der Präsident der Neichspressekammer am 10. Februar 1934 folgendes bestimmt: 1. Die Frist, während der Zeitungen und Zeit schriften nicht gegrttndet werdeu dürfen, wird vorläufig bis zum 30. September 1934 ver längert. Ausnahmen können nur im Einzelfall ans begründeten An trag vom Präsidenten der Neichspressekammer bewilligt werden. 2. Ziffer 3 der Anordnung vom 13. Dezember 1933, betreffend Mitwirkung einer Organisation bei der Lieferung von Zeit schriften an ihre Mitglieder, erhält folgenden Zusatz: »Ausnahmen können nur im Einzelfall auf begründeten Antrag vom Präsidenten der Neichspressekammer bewilligt werden.« 3. Aussicht auf Bewilligung von Anträgen gemäß Ziffer 1 und 2 dieser Anordnung besteht nur in dringenden Fällen in denen
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