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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.07.1919
- Strukturtyp
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- 1919-07-19
- Erscheinungsdatum
- 19.07.1919
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. 151. 19. Juli 1919. Musiker meist vergebens sucht, und wenn man Leute, die durch aus als gebildet angesehen werden wollen, über das Leben unserer Musilheroen befragt, oft eine erstaunliche Unbildung zu tage tritt? — Die Gründe hierfür sind verschieden; es scheint, daß das klare, feste Begriffe auslösende Wort in stärkerem Matze uns zu dem Dichter, zu seinem Leben und zu seiner Zeit führt, als die für die meisten Menschen unbegrisflich frei schwebenden Töne, die Wohl durch ihre Schönheit Glücksempsinden erwecken, auch durch ihre Eigenart uns einen bestimmten Komponisten als Autor erscheinen lassen, die aber im Gegensatz zu den Schöp fungen der Dichter uns klar zu lesende Lebens- und Zeitbe- kenntnissc nicht sagen. Ein weiteres wesentliches Moment scheint, zu sein, daß, während in vielen Schulen Literatur und Geschichte der bildenden Kunst wenigstens in den Grundzügcn gelehrt wird, Musikgeschichte für die Schulmänner bisher völlig verschlossenes, unenldecktes Land war. Wie ich höre, sollen bei den in Vorbereitung befindlichen (in ihrer Fülle geradezu un heimlichen) Änderungen im deutschen Schulwesen auch diese Forderungen Berücksichtigung finden. Dah als Verwalter deut scher Geistesschätze der Buch- und Musikalienhandel in dieser Frage von einer Schuld nicht freizusprechen ist, wurde schon be tont, — endlich erklärt sich die weitverbreitete Unkenntnis von dem Leben unserer musikalischen Klassiker und Grossen wohl auch dadurch, dass über manche Musiker, so über Mozart und Schubert z. B., ein wirklich gutes, im besten Sinne volkstüm liches Buch nicht erschienen ist. (Wir haben zwar die klassische Mozart-Biographie von Jahn und die wundervoll ausgcstattete, im Insel-Verlag erschienene von Arthur Schurig, — aber die Mozart-Biographie sind beide nicht.) Anders bei Beethoven, hier liegt eine große, eigentlich allen Anforderungen gerecht wer dende Literatur vor. Ich will versuchen, für Leser, die diese Frage interessiert, und die sich bis dahin mit Musikliteratur nicht oder wenig befaßt haben, in Nachfolgendem über einige Beethoven-Bücher etwas Erläuterndes zu bieten. Ich nenne zuerst vier kleinere Biographien, die jeder Sorti menter vorrätig halten könnte und die sich für solche Musik freunde eignen, die schnell über alles Wesentliche in Beethovens Schaffenswclt unterrichtet sein wollen. Zunächst die kurze Trio- Biographie: Haydn, Mozart, Beethoven von Pro fessor Or. Carl Krebs (B. G. Teubner, Leipzig; Aus Natur und Geisteswelt, Band 92). Wie alle Bände, die ich aus dieser Sammlung, um die man Deutschland mii Recht beneidet, kenne, ist auch diese volkstümliche Biographie kein oberflächlicher Un- terhaltungsstoff für Dilettanten, sondern trefflich geeignet, den ersten Wissensdurst zu stillen und als Fundament für weitere biographische Studien zu dienen. Das Buch ist aus Vorträgen, die der als Musiker-Kritiker bekannte Verfasser in volkstüm lichen Hochschulkursen in Berlin hielt, entstanden. Die Zusam menfassung unseres Klassiker-Drcigcstirns ist glücklich, durch den sich unwillkürlich ergebenden Vergleich tritt jeder einzelne in seinem Leben und Schaffen scharf und klar hervor; die Sprache des Verfassers ist bei Vermeidung von Superlativen von Be geisterung getragen. Man wird ihm nicht immer zustimmen, so, wenn er den ersten Teil des zweiten Aktes vom Fidelio auf Kosten des ersten Aktes und des Schlusses rühmt (daß das Finale mit Florestans Ketten-Lösung »O Gott, welch ein Augenblick — o unaussprechlich süßes Glück« ein theatralischer Gemein platz sei, dagegen werden Wohl die meisten Fidelio-Kenner energisch Protest erheben), aber überall weiß er, und das scheint mir die Hauptsache, den Leser sicher führend, eindringlich zu sagen: Ehrfurcht, ihr betretet geheiligten Boden. Auch die von Professor vr. Hermann von der Pfordten verfaßte Beethoven-Biographie (Quelle L Meyer, Leipzig, Wissenschaft und Bildung. Bd. 17) ist aus einer Reihe von akademischen Vorlesungen in volkstümlichen Vorträge» her« vorgegangen. Die NI Seiten nmfasscnde, kleine Schrift wendet sich schon an anspruchsvollere Leser, sie ist in ihrer Wärme und Klarheit, in der Art, wie der Verfasser mit souveränem Wissen sich in die fragende Seele des naiv Hörenden hinein- zuversetzcn vermag, so recht ein Beethoven-Führer und -Leiter für die musikalische Jugend. . Die Gesinnung, aus der das 606 Buch geschrieben ist, geht gleich aus dem ersten Abschnitt hervor; der Verfasser sagt da u. a.: »Beethoven ist Mode geworden. Eigentlich ist das die größt« Schmach, die man dem Genius antu» tan». Mag sein, daß keiner ihr entrinnt; es scheint der unerbittliche Lauf der Entwicklung zu sein, daß altes Große erst verkannt, befehdet, veruugliinpst, dann vergöttert und verhimmelt wird — verstaube» aber wird es bet alledem nicht; und das wäre doch die Hauptsache. Ei» Gutes hat unser Beethoven-Kultus: seine Werke werde» allenthalben ansge- siihrt; seder kann mit ihnen vertraut werden. Aber cs wäre ein verhängnisvoller Irrtum, zu glauben, die Beethoven-Mode herrsche unter Beethoven-Kennern. Wenn man nur einmal die Probe machen könnte, wie viele von den Tausenden, die sllr ihn zu schwärmen glauben und behaupten, seine Schöpfungen auch wirklich in,«haben! Das Resultat wäre ei» ebenso lehrreiches als beschämendes. Sagt ihnen nicht, daß cs Beethoven ist, gebt ihnen keinen Zettel, auf dem sie es lesen, und sehet z», ob sic es dann hören und empfinden! Ich behaupte, seine Werke, so massenhaft sie auch ans allen Program men erscheinen, sind noch lange nicht allgemein gekannt. Um dieses Ziel zu erreichen, genügt es eben nicht, seine Größe als unbestrit tene einfach hinzunehmen. Damit wiegt man sich nur in gefährliche Selbsttäuschung. Sondern seder einzelne muß versuchen, seinen eigenen Weg zu Beethoven zu finden, damit er ihm selbst lebendig werde. Keinem kann es erspart bleiben, den langen Weg der Er kenntnis durchzufchreitcn, um sich selbst mit dem Genius vertraut zu machen, durch Bcfremdnng, Zweifel, Mißtrauen, Irrtum und Fehler hindurch bis zum ersehnten Ziel. Dieses Ziel aber ist und bleibt ein ganz persönliches. Ae nach eigener Begabung,.Neigung und Ausdauer hat es jeder sich selbst zu stellen. Nicht darauf kann cs ankommen, in den großen allgemeinen Chorus mit einzustimmen: man kann sich nicht vornehmen, ein Beethoven-Enthusiast zu wer den; sondern jeder muh zusehen, wie weit er kommt. Entscheidend ist künstlerisch niemals, wie es aussieht, wie cs nach außen sich macht, sondern immer nur, wie es seelisch wirkt, wie es innerlich begründet ist.« ^ An anderer Stelle: »Es hat wenig Werl, in künstlerischen Dingen anderen zu folgen, da heißt es vor allem selbst denken und empfinden, selbst hören« — und nun gibt er eine treff liche, von Jungen wie von Alten zu beherzigende Anleitung, wie man den musikalischen Organismus, wie seine Form und dadurch seinen Gehalt zu begreifen vermag. Und gleich dem Werk weiß er uns den Menschen Beethoven nahezubringcn. So, wenn er sagt: »Beethoven bezeugt es selbst oft und zweifel los, daß ihm die Musik «ine sittliche Macht sei und bedeute, es ist einseitig, ihn nur als Verkünder einer nencn Zeit zu feiern, ohne die Sittlichkeit anzuerkennen, von der sein Idealis mus getragen wird«. -- Nicht minder ausgezeichnet wie das Beethoven-Bnch ist die im gleichen Verlage erschienene Mozart- Biographie von v. d. Pfordten. Ein weiterer kleiner Beethoven-Band ist in der Sammlung »Die Musik«, herausgegeben von Richard Strauß, erschienen, verfaßt von August Göllerich (C. F. W. Siegel's Musi kalienhandlung, Leipzig). Das kleine, fein ausgestattete Bänd chen, das nur in großen Zügen das Thema Beethoven behandelt, eignet sich durch den hübschen Satz, durch reichen Bilderschmuck (darunter ein bisher unveröffentlichtes, sehr merkwürdiges Ju gend-Bildnis) und viele Handschriften-Beilagen in Faksimile besonders zu Geschenkzwecken. Es bietet außerdem eine Fülle von Aussprüchen Beethovens und trefflicher Bemerkungen über Beethoven, so das Wort Zelters, das «r an Goethe schreibt: Beethovens Mutter müsse ein Mann gewesen sein -- so auch den Beethoven zugeschriebenen Gedanken: Kraft ist die Moral der Menschen, die sich vor anderen auszeichnen, und sie ist auch die meinige. Waren die bis jetzt erwähnten Bände, durch die Behand lung des Lebens und der Werke Beethovens, Biographien im üblichen Sinne, so ist Nomain Rollands Beethoven-Buch in deutscher Übersetzung von Langncsc-Hug (Max Rascher Verlag, Zürich) etwas völlig anderes. Es ist eine Dithyrambe auf den Helden, auf den Dulder Beethoven. Der (in weiter Schrift nur 78 Seiten umfassenden) Abhandlung ist das Hciligcnstädter Testa ment, einige wenige Briefe und Aussprüche Beethovens ange fügt. Rolland hat dieses merkwürdige Buch in tiefer Be drückung (über die Trehfus-Geschchnissc in Frankreich?) ge schrieben. Nicht an den Hochmut der Ehrgeizigen wendet sich
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