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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.07.1919
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- 1919-07-24
- Erscheinungsdatum
- 24.07.1919
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- Deutsch
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X- ISS, 24, Juli 1919. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Dagegen ist Charles de Coster erst durch den Krieg in Deutschland wirklich berühmt geworden, so viel Teilnahme ihm literarische Kreise auch früher schon entgegengebracht haben mochten. Von der Diederichsschen Ausgabe des »Ulenspiegel« (zuerst 1909) erschien 1916 das 16.—21. Tausend; noch mehr Ver breitung fand die 1912 zuerst erschienene Ausgabe des Born- gräberschen Verlags mit den Illustrationen von Fölicien Rops: 1915 erschien das 31.-50. Tausend, 1917 das 51.-55. Dem Ulenspiegel folgten dann weitere Werke des flämischen Dichters. Die »Flämischen Legenden« waren schon 1911 zum erstenmal bei Dicdcrichs erschienen; 1916 kam eine neue Auf lage (3. und 4. Tausend). In demselben Jahr erschienen aber auch noch zwei neue Ausgaben: in der »Bibliothek der Ro mane« des Insel-Verlags, der daneben noch eine Auswahl in seiner 50-Pfennig-Bllcherei brachte und 1917 in der Roman- Bibliothek die »Brabantcr Geschichten« folgen lies;, und in der Kiepenheucrschen »Liebhaber-Bibliothek«. 1916 kam endlich auch noch »Die Hochzeitsreise« in zwei deutschen Ausgaben — wiederum in der »Bibliothek der Romane« des Insel-Verlags und bei Borngräber <1917. 11.—20. Tausend). Nebenbei möchte ich nur bemerken, daß die kriegerischen Er eignisse in Belgien nicht nur bei uns die Aufmerksamkeit auf den großen flämischen Dichter lenkten. In R u s; l a n d — wo Verhaeren eine große Schar begeisterter Anbeter besitzt und Maeterlinck zu den meistgcspielten Bühnendichtern gehört — hatte man bis zum Kriege von de Coster so gut wie nichts gewußt; jetzt war das Interesse plötzlich da. Der »Ulcnspiegel« erschien gleichzeitig in mehreren Übersetzungen, die Kritik pries das Werk als das »Nationalepos Belgiens« und verglich den Ein marsch der deutschen Heere in Belgien mit den Greueltaten der Spanier Philipps II. Von flämischen Autoren sind 1915—17 noch vertreten: Georges Ekehoud mit dem Roman »Das neue Karthago« (Insel- Verlag) und Pierre Broodkoorens mit dem Roman »Rotes Flamenblnt« (Berlin, Fleische!). Wenden wir uns dann den Werken rein französischer Autoren zu, so sehen wir vor allem, daß die reine Ilnterhaltungsliteratur so gut wie ganz verschwun den ist. Ich konnte nur einen Kriminalroman feststellen, und auch da handelt es sich um eine bloße Neuauflage eines schon früher erschienenen Werkes; von Dumas per« erschien bloß eine Neuauflage der »Schwarzen Tulpe« in ReclamS Universal bibliothek; Ohnet ist überhaupt nicht vertreten. Kaum zurückgegangen ist dagegen die Zahl der katholischen Belletristik: es sind immerhin noch vier Bücher dieser Kate gorie in den drei Kriegsjahren erschienen — also 107° der Ge samtzahl (gegen 47» in den Jahren 1913—14). Wie vorsichtig aber die deutschen Verleger gerade gegenüber der »Literatur« im höheren Sinne geworden waren, zeigt die schon erwähnte Tatsache, daß der zweite Band von Romain Mailands »Johann Christof« erst 1917 erschien. Ähnlich steht es mit der Gesamt ausgabe der Werke Sar Peladans, die 1914 bei Georg Müller in München zu erscheinen begann: auch sie stockte 1915 und 1916 vollkommen, erst Ende 1917 erschien ein neuer Band, und 1918 ging es dann in schnellerem Tempo vorwärts. Auch Anatole France fehlt 1915 und 1916 ganz. Erst 1917 erscheint bei Kurt Wolfs die »Komödiantengeschichte« in Hein- rich Manns Übersetzung, »Der Aufruhr der Engel« und eine neue Auflage von »Die Götter dürsten«. Von Flaubert brachte das Jahr 1915 eine deutsche Ausgabe der »Uckucatlcm ssutimsu- mls« (bei Bruns in Minden), und 1917 erschien bei Kurt Wolfs der »November«. Ungeschwächt blieb — aus sehr begreiflichen Gründen — das Interesse für Gobineau. Es erschienen neu »Gämber-Alis Schick sale« in der Insel-Bücherei, »Das rote Tuch« in der Cottaschen Handbibliothek und »Frankreichs Schicksal im Jahre 1870« bei Reclam. Und für Paul Claudel scheint das Interesse erst in den Kriegsjahren den Höhepunkt erreicht zu haben, — aller dings ist das nun wieder eine ganz andere und viel kleinere Gemeinde, als die um Gobineau, Mystiker und Ästheten, die den Krieg von Anfang an verneinten und sich durch keinerlei nationale Bedenken irren liehen. Und auch für den Verleger kamen diese Bedenken nicht in Betracht, denn auch in Friedens zeiten hätte er aus einen Massenabsatz nicht rechnen können. So kommen denn von den 1915 erschienenen französischen Büchern zwei auf Paul Claudel (»Goldhaupt« und »Der Tausch«), 1916 kommt »Der Ruhetag« und 1917 »Die Musen«. 2. Beschränken wir uns auf die in den Kriegsjahren in deut scher Übersetzung erschienenen Bücher französischer Auto ren, so haben wir ein ganz einfaches und klares Bild. Die durch den Krieg geschaffene unsichere Lage zwingt die Verleger zur Einschränkung ihrer Produktion. Schon aus nationalen Rücksichten müssen in erster Linie die ausländischen Autoren zu rückgestellt werden, und es ist selbstverständlich, daß da wieder ein Unterschied gemacht wird zwischen Schriftstellern der mit uns im Kriege befindlichen Länder und neutralen. Einzelne feindliche Autoren werden auch ganz bewußt boykottiert. So bleiben denn neben den Klassikern nur ganz wenig fremde Autoren übrig, deren Erscheinen auf dem deutschen Büchermarkt entweder durch das besondere Verhältnis der Autoren zum Deutschtum erklärt wird (Gobineau!), oder dadurch, daß ihre Werke sich an einen ganz exklusiven Leserkreis wenden (Claudel!). Aber das ganze Bild ändert sich, die so einfachen Linien verschieben sich, sobald wir auch die englische Lite ratur mit in den Kreis unserer Betrachtung ziehen. Die Zahl der 1913 in deutscher Übersetzung erschienenen Bücher neuerer englischer Schriftsteller betrug 106, also fast eben so viel wie die der französischen. Aber während schon 1914 — das doch nur ein halbes Kriegsjahr war — die Zahl der fran zösischen Bücher rund um die Hälfte zurückging, bleibt für die englischen Bücher die Ziffer so gut wie unverändert — 107. Zum Teil mag sich das ja auch dadurch erklären lassen, daß sich unter den »englischen« Autoren eine beträchtliche Anzahl Amerikaner befindet, die 1914 noch nicht als Feinde angesehen wurden. Trotzdem aber ist man erstaunt, wenn man diese Ziffern zuerst zu Gesicht bekommt. 1915 ist der Rückgang daun freilich auch sehr stark: es erschienen insgesamt 20 Bücher. Doch schon 1916 steigt die Ziffer wieder auf 47; im Jahr darauf sinkt sie wieder bis auf 16. Aber sicher spielen hier schon keine politischen Motive mehr mit, sondern die Papiernot ist die eigentliche Ur sache. Dazu kommt dann noch der Mangel an literarischem Ma- terial; auch bei der so plötzlichen Zunahme im Jahre 1916 handelt es sich fast ausschließlich um Neuauflagen älterer, be reits vor dem Kriege erschienener Werke. Daß aber diese Neu auflagen nötig waren, zeigt, wie groß — trotz allem »Gott strafe England« — die Nachfrage war. Die große Nachfrage wird uns begreiflich, wenn wir die Bücher auf ihre literarische Qualität hin untersuchen. Sie stehen tief unter den französischen und wenden sich an eine ganz andere Gesellschaftsschicht. Der englische und der deutsche' »kleine Mann« stehen sich in ihrer seelischen Veranlagung und in ihrem literarischen Geschmack viel näher, als der deutsche und der fran zösische. Die englische Sentimentalität, wie sie im Familien roman zum Ausdruck kommt, »liegt« dem deutschen Durch schnittsleser weit besser als die französische Art, und der englisch- amerikanische Sensations- und Kriminalroman wirkt auf seine Phantasie und seinen Verstand stärker als die französischen Pro dukte ähnlicher Art. Während man sich bei der Musterung der 1913—14 er schienenen französischen Bücher doch meist auf vertrautem Bo den bewegt, stößt man bei der Durchsicht der aus England stam menden Bücher fortwährend auf Verfassernamen, die keine Lite raturgeschichte nennt, und man durchackert vergeblich die land läufigen Bibliographien, um die Originaltitel der verschiedenen Romane festzustcllen. Von den 213 Büchern der Jahre 1913—14 sind nicht weniger als 52, also rund 25°/°, Kriminalromane. Nun gehört ja allerdings auch der Kriminalroman zur Lite ratur — kann wenigstens zu ihr gehören —, und Conan Dohle wird von vielen ernsten Leuten, deren Urteilsfähigkeit man nicht gut anfechtcn kann, sehr hoch geschätzt; — aber von den 52 Kriminalromanen der letzten zwei Friedensjahre stammen nur vier aus der Feder des ehrenwerten Sir Arthur; erst 1916 kam eine ganze Reihe seiner Sherlock-Holmes-Geschichten in Neu- 623
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