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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.04.1934
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1934-04-26
- Erscheinungsdatum
- 26.04.1934
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- Deutsch
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96, 26. April 1934. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. b. Dtschn Buchhandel. Diese Abschweifung geschah, um zu zeigen, daß dem Deutsche» schon aus Anlage heraus das Lesen wichtiger ist als Kurse und Vorträge, auch wenn man davon absieht, daß zur Zelt durch Radio und Pflichtvorträge a» und für sich schon eine große Hörmlidlgkeit besteht. Natürlich werden neben der Muß- und Zwccklileratur auch andere Bücher gelesen, die Helsen sollen, aus der treibende» Unrast und Häufung der beruflichen und persönlichen Spannungen herauszu- hebeu und abzulenken. Es handelt sich hierbei um die sogenannte Schöne Literatur, und jeder weiß, daß es da schwere und leichte, gute und schlechte Bücher gibt. Dabei dürfen leicht und schlecht nicht etwa gleichgesetzt werden. Wenn jemand, und dabei bleibt es gleich gültig, ob es ein Kaufmann, Mechaniker, Buchhändler, Prosessor oder Schüler ist, sagt, er habe jenes Buch gelesen, und es sei schlecht, so stimmt dieses Urteil meistens. Es ist eine instinktmäßige Ab. lehnung aus dem Gefühl heraus, von dem Autor nichts empfangen zu haben, keine Ablenkung, keinen Ausdruck und kein Bild einer Zeit, keine neuen Gedanken oder Kenntnisse. Hinter der Ablehnung steht eine Persönlichkeit mit ihrem Instinkt und Gefühl. Die sind so lange sicher und gut, bis sie begründet und die Ursachen aufge zählt werden sollen. Liegen dabei etwa keine groben Verstöße gegen die Form, das sittliche Empfinden usw. vor, bann wird die Begrün dung sehr schwierig und der Intellektuelle, der ja gerade aus Mangel an Instinkt den schärferen Verstand hat, findet an ihr genügend An griffsflächen, um sie fragwürdig zu machen und seine eigene, boden- und blutlose Meinung an ihre Stelle zu setzen. Die wohl- begründete Meinung aber, die allein durch geschickte Worte existieren kann, ist gefährlich für die vielen Bllcherkäufer. Lassen sie sich nämlich von ihr beeinflussen, kaufen und lesen sie das Buch, sind sie hinterher meist arg enttäuscht. Die Buchkrilik Ist den Lesern also weit weniger maßgeblich als die meist nur »Mt» oder »schlecht« lau tende Ansicht eines Menschen, zu dem sie Vertrauen haben. Man kann ja auch wirklich verzichten, Erklärungen abzugeben. Das Fliegen z. B. wird nie durch Erläuterungen gelernt, sondern aus dem Gleich gewichts- und Fingerspitzengefühl heraus, wie es das Flugzeug und der Steuerknüppel, der zuerst noch vom Fluglehrer mitgehalten wird, verlangen. Zu den Vertrauenspersonen, die über Bücher befragt werden, gehören neben den Freunden und Verwandten die Buch händler. Von ihnen erwartet nie jemand, daß sic über ein Buch dozieren oder Prelsreden halten. Sie kamen gar nicht ln die Verlegenheit, denn ihre Besucher sagten nur, ich bin ein Mensch, so und so, ich möchte für mich ein Buch oder ich möchte ein Buch für jemanden mit diesen Besonderheiten, bitte, was raten Sie. Dann überlegt der Buchhändler, zeigt dieses und jenes und sagt, sie seien alle geeignet. Die Stichwahl wird meist nach kleinen persönlichen Eindrücken getroffen. Für seine Meinung aber muß er einstehen, täglich können ihn die Beratenen zur Rechenschaft ziehen. Man sieht also, welche wichtige Stellung der Buchhändler ein nimmt, wenn es sich nicht um Fachbücher, bei denen durch Nach schlagen das Beste sich feststellen läßt, sondern um die schöne Lite ratur handelt. Spöttisch behaupten zwar manche Leute, Buchhandel und Romanverkausen solle nicht verwechselt werden. Darin liegt ein Teil Wahrheit, weil der Statistik nach viel mehr wisscnschast- liche Bücher gedruckt werden und demzufolge auch größere Rachsrage nach ihnen besteht. Wer weiß aber von diesen Leuten, wie groß der Hunger nach einem wirklich guten Roman, Essay oder Betrachtun gen ist? Wenn Dichtung ihre Zeit überdauert, also Ewigkeitswert auf- weist, so sind die letzten Schöpfungen unsere Klassiker, Goethe usw. Von da an bis heute wird sich wohl kaum ein Werk finden (abge sehen von Hitler, Mein Kamps, oder Bismarck, Erinnerungen, die aber nicht zur Dichtung gehören), das auch unsere Nachkommen lesen werben. Gewiß gibt cs heute viele Dichter, bei denen ehrliches Be mühen und meisterliches Können hervorragende Werke schufen, die trotzdem keine Ewigkeitswerte haben. Dieses sei keine voreilige Kritik — die beste bleibt sa immer nur die Zeit selbst —.^sondern eine Feststellung, die sich damit deckt, daß kein Werk der Gegen wärtigen restlos im lesenden Volk aufgegangen ist und von ihm ge tragen wird. Der Mensch von heute — dabei spielt sein Lebensalter keine Rolle — liest nicht nur neue Literatur, um sich abzulenken, sondern er sucht dabei, oft unbewußt, nach einem besonderen Buch. Es wird nicht jenes sein, ln dem sich die Gestalt des Helden und seine äußeren Verhältnisse decken mit denen des Lesers. Das wäre zu billig, wie es auch jene Bücher sind, die sich ganz offensichtlich mit den Gescheh nissen und Problemen der allcrneuesten Zeit befassen. Hier kann allenfalls Partei genommen und eine gute Meinung verkündet wer ben. Dann braucht man aber nicht erst einen Roman zn schreiben. Nein, jenes besondere Buch kommt von einem Dichter, der schreibt, 390 weil er schreiben muß, weil er sonst von der Fülle seiner inneren Schöpfungen und Überzeugungen zerbersten würde, könnte er sie nicht i» Worte fassen. Er ist ein Man», der mit seinem eigenen Volke lebt in seinen Nöte» und Wohlergehen, der sowohl das Schicksal vieler einzelner als auch der Gesamtheit mlterlcbt. Sein Werk aber wirb der Gegenwart, dem Erlebnis des einzelnen und der neuen Gestalt des Staates, allen Offenbarung, Sinn und Richtung geben, der klare Ausdruck seiner Sprache, die knappe und deutliche Form seiner Begriffe wird vielen ihr bisher nur unbewußtes Handeln und Erleben bewußt werden lassen. Wie nach der Besteigung eines Berges sehen sie beglückt auf ihre Leistungen herab, bereit, jetzt »och viel mehr in gleicher Weise zu schassen, beglückt auch, weil der Dichter Brücken baute zu den Gemeinsamkeiten, die sie an und mit ihren Volksgenossen empfinden, und Brücken zu den Maßstäben des ge schichtlich Werdenden und Ewigen, jenem Göttlichen, bas nichts mit Religion zu tun hat, oder als die stärkste Macht unsichtbar, wie ein Fatum oder Schicksal, immer noch als unbeeinflußbar und Höchstes anerkannt wird. Damit ist kurz das Werk eines Dichters unserer Zeit skizziert, wie es die meisten suche». Es wird einmal erscheinen, vielleicht unscheinbar, bei einem kleinen Verlage, und dann folgen weitere. Vielleicht wird es der Buchhändler entdecken und fördern. Was kann er aber bis dahin tun? Eigentlich das Gleiche wie zuvor, nämlich verantwortungsvoll berate». Er wird den vielen, die gerade erst anfaugen, sich eine kleine Bücherei zusammenzustellen, besonders entgegenkommen, sie aus das nutzlose Unkraut aufmerksam machen, damit sie sich besser durchfinden zu den schönen und edlen Pflanzen im Garte» der Literatur. Das macht ihnen immer mehr Freude und Mut für ihre neue Passion, die das Bücherlesen ist. So gesellt sich einer zum anderen, und alle zusammen vergrößern die Leserschaft NM Tausende. Viele Menschen, die sich immer noch keine Bücher ohne große Entbehrungen erstehen können, können sie sich nur leihen oder darauf verzichten. In Zukunft müssen durch größere Nachfrage die Bücher noch billiger werden. Es ist ein großes Ziel, zu dessen Erreichung wir Buchhändler ganz besonders Mitarbeiten können durch stete vertrauensvolle Beratung aller Menschen, mit denen wir ln Berührung kommen. So wird sich wieder eine ganz breite tragsähige Leserschicht bilden. Aus ihrer Gesinnung heraus, aus ihrer, wenn auch unbewußten, aber doch starken spürbaren Forde rung nach dem Bleibenden, nach den Offenbarungen und Deutungen der Zeit werden bann wieder die Werke geschaffen, die nicht nur den Menschen der Gegenwart erfüllen, sondern für ihn und das deutsche Schicksal bis in die Ewigkeit zeugen. Hans Böhm. Jum ersten Mai. dem Tag der deutschen Arbeit.*) »Der Pflug reißt den Boden auf, der Hammer schmiedet und formt das Eisen. Die Dichtung aber vermag beides, den Boden auf zureißen und fertig zu machen für neue Saat und die Sicheln und Sensen zu hämmern für die Ernte.« Mit diesem Satz beschließt Mar Barthel einen Aufsatz über die Arbeiterdichtung, der in dem soeben erschienenen Heft 3 der Buchberatungszeitfchrift »B u ch und Volk« veröffentlicht ist. Diese Erkenntnis war Grund und Ursache, die das vorliegende Heft entstehen ließ: dem deutschen Arbeiter das deutsche Buch, das Buch, das von ihm selbst geschrieben ist, in dem seine Welt, seine Gedanken und sein Wollen, Denken und Fühlen, seine Not, sein Mühen und sein Kampf lebt, näher zu bringen. Erst dem Führer des neuen Deutschen Reiches war es möglich, dem Be griff »Arbeit« den Platz im Leben der Nation einzuräumen, der ihm gebührt: die Arbeit als der Sinn für das Leben des Volkes, die Ehre der Arbeit als die Ehre des Volkes. Sinn und Ehre waren die Leitgedanken, die bestimmend waren für die Textauswahl des Sonderheftes »Buch und Volk«. vr. Hellmuth L a n g e n b u ch e r, der Hauptschriftleiter des Börsenblattes für den Deutschen Buchhandel, leitet die neue Folge ein durch einen grundsätzlichen Aufsatz »Volk der Arbeit«. Max Barthel, ein Dichter des schaffenden deutschen Volkes, und vr. Hans M ii h l e, der durch sein Buch »Das proletarische Schicksal« (Leopold Klotz Verlag, Gotha) hinlänglich als einer der besten Kenner deutscher Arbeiterdichtung bekannt sein dürfte, treten mit Arbeiten über diese Dichtung hervor. Proben aus Romanen und Lyrikbänden geben einen Einblick in das Dichten von der Arbeit *) Buch und Volk. Buchberatungszeitschrift der Neichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig. Heft 3/1934.
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