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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.12.1887
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1887-12-07
- Erscheinungsdatum
- 07.12.1887
- Sprache
- Deutsch
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vinzialbuchhandels gethan, sie haben vielmehr in zahlreichen Fällen! ihre Behörden angewiesen, vom Provinzialbuchhändler unter Dro hung des Verlustes der Kundschaft den Rabatt zu verlangen, welchen der Leipziger oder Berliner Schleuderer bot. Völlig un richtig ist aber auch die Anschauung, als ob der unzweifelhaft zunächst gefährdete Sortimentsbuchhandel allein den Kampf gegen die Schlenderei ausgenommen habe Wäre dem so, dann schiene das ja dafür zu sprechen, daß der Kampf zu Gunsten einseitiger In teressen geführt werde. Thatsächlich ist der Verlauf folgender. Aus gedeckt wurde der Notstand natürlich vom Provinzialsortimentsbuch- handel; dann traten aber mit wachsender Erkenntnis die Verleger ans den Plan, einer nach dem anderen, mit wenigen Ausnahmen. (Hier folgt eine gedrängte Darstellung des Eintretens des Börsen- Vereins-Vorstandes und des Berlanfs der Frankfurter Hauptversammlung.) Während man die Bestimmung fast aller Warenpreise heute dem Verkehr überläßt, verlangt der Buchhandel eine Ausnahme stellung. Der Wiederverkäufer (Sortimenter) soll sich streng an den vom Verleger eines Buches festgesetzten Preis halten. Während jeder Kaufmann, der unter besonders günstigen Bedingungen arbeitet, seine Preise ermäßigen kann, um dadurch seinen Umsatz zu vermehren, darf der Berliner und Leipziger Sortimenter, welcher infolge der dem deutschen Buchhandel eigentümlichen und auch heute noch, wie hier nur betont, nicht bewiesen werden kann, durchaus unentbehrlichen Konzentration gegenüber den. Provinzialen sehr erheblich an Spesen spart, von jetzt an nur zu dem unabänderlich festgesetzten Preise in der Provinz liefern. Diese Ausnahme findet ihre ausreichende Erklärung nicht etwa in einem besondern Rechte des Verlegers, auf die Preisbildung seiner in vieler Hinsicht von andern Waren unterschiedenen Ware einzuwirken. Die Berechnung, durch welche der Verleger den Preis eines Buches feststellt, ist eine der schwersten und wichtigsten Ver lagsarbeiten. Schwanken doch die Preise, welche er zur Deckung seiner Kosten fordern muß, für den Druckbogen selbst bei gleichen Druckkosten etwa in Grenzen von eins bis hundert, je nach der Größe des Publikums, auf welches der Verleger rechnen zu können glaubt. Der Absatz kann durch einen zu hohen, unter Umständen auch durch einen zu niedrigen Preis leiden, dem Verleger kann es außerdem nicht gleichgiltig sein, wenn andre sein Werk billiger an- zeigen als er selbst. Man kann ferner darauf Hinweisen, daß der Preis der meisten Bücher der Nachdruckverbote wegen ein Monopol preis, daher von den gewöhnlichen Gesetzen der Preisbildung unab hängig ist. Alles das und manches andre, was für die Aufrecht erhaltung des Bücherladenpreises ins Feld geführt wird, genügt zur Erklärung seiner Berechtigung nicht. Nicht in der Besonderheit dieses Preises als solchen liegt die Berechtigung desselben, sondern darin, daß die Aufrechterhaltung des Ladenpreises eine Gewähr für das Bestehen eines großen Netzes von leistungsfähigen Sortiments buchhandlungen bietet, welches sich durch ganz Deutschland und teil weise auch durch das Ausland erstreckt und daß das Bestehen der selben im Interesse der Verleger, der Schriftsteller und vor allem der Gesamtheit, des Gemeinwohls liegt. Der Verleger befand sich anfangs bei der Schleuderei ganz wohl, daher dämmerte ihm das Verständnis für die Frage erst all mählich auf. Er erhielt von den Schleuderfirmen große Bestel lungen, die prompt bezahlt wurden. Das Geschäft schien sich zu vereinfachen, er brauchte nicht mehr Hinz und Kunz, über deren Kreditwürdigkeit er sich schwer vergewissern konnte, seine Bücher auf lange Zeit »in Kommission« anzuvertrauen, und er erhielt viel mehr bar bezahlt als früher, natürlich gegen höheren Rabätt. Außerdem lag ein verlockend einfaches Rechenexempel nahe, das von den Schleuderern in allen Tonarten wiederholt wurde: »Während du, Verleger, für deine Bücher den alten Preis erlangst, erhält das Publikum seinen Bücherbedarf um 10 bis 20 Prozent billiger, wird also ohne Frage auch 10 bis 20Prozent mehr Bücher kaufen«. Zahlen beweisen. In der That ist dieser Zahlenbeweis aber nur ern Beweis dafür, welchen Unsinn man mathematisch beweisen kann, wenn man Dinge zahlenmäßig erfassen will, die dem Begriffe des Absoluten so völlig fern stehen, wie menschlicheBedürfnisse. Ein Körn chen Wahrheit, ein winziges Körnchen, liegt in dem Beweis. Biblio theken mit einem festen Etat werden natürlich zunächst um den Be trag des Rabatts mehr Bücher kaufen. Auf die Dauer werden aber die Verleger auch hier wenig Nutzen haben, da man bei der Frage der Erhöhung oder Verminderung des Etats der Bibliotheken später nicht mit den angenommenen Ladenpreisen, sondern mit den wirklichen Preisen nach Abzug des üblichen Rabatts rechnen würde. Ganz verfehlt aber ist der Beweis, wenn man die bücherkaufenden Personen, deren Bedarf den der Bibliotheken unendlich weit über trifft, in Rechnung zieht. Bekanntlich hat der Mensch außer dem Bedürfnis, Bücher zu kaufen, auch noch andre Bedürfnisse Werden die Gegenstände, die er zur Befriedigung eines Bedürfnisses ver wendet, um 10 Prozent billiger, so kommt die Ersparnis durchaus nicht immer einer erhöhten Befriedigung dieses Bedürfnisses zugute, ja vielfach ist dieses Bedürfnis gar nicht sehr dringend. Selbst wenn die Bierpreise plötzlich uni 10 Prozent sänken, würde der gute Deutsche nicht ohne weiteres um 10 Prozent mehr trinken, viel weniger in unserm Falle um 10 Prozent mehr Bücher kaufen, die er sich noch dazu leihen kann. Dabei soll nicht bestritten werden, daß es einzelne Bücherliebhaber giebt, welche der Rabatt zu ver größerten Einkäufen lockt, sowie daß bei niedrigeren Bücherpreisen sich die Schicht der Bücherkäufer verbreitern kann, wenn das Be dürfnis geweckt wird. Aber es ist auch wohl zu beachten, daß brei teren Schichten nur gewisse Arten von Büchern (und nicht immer die besten) willkommen sind, daß zumal für schwere wissenschaftliche Werke die Käuferkreis ziemlich fest begrenzt ist. Wenn das Bedürfnis geweckt wird, sagte ich eben. Damit kommen wir auf den Kernpunkt der Frage. Der Verleger erhielt, wie oben berichtet wurde, von den Schleuderern große Bestell ungen. Sah er aufmerksamer hin, so entdeckte er, daß die Geschäfts freunde nur seine »Brotartikel« vertrieben: Handbücher, Schul bücher, gangbare Zeitschriften, populäre Litteratur u. dgl. Hie und da wurde natürlich auch eine wissenschaftliche Monographie, die ein Kunde zufällig von dem Schleuderer verlangt hatte, bestellt, aber das Mißverhältnis zwischen dem Absatz der sogenannten Brot artikel und der dem Publikum noch unbekannten wissenschaftlichen und anderen Neuigkeiten war schreiend. Der Schleuderer befrie digte nur das vorhandene Bedürfnis. Wie dem Bäcker Schwarz brot und Semmeln, die niemand entbehren kann, aus dem Hause geholt werden, so kauften ihm seine Kunden von fern und nah die unentbehrlichen Brotartikel des Buchhandels ab, ein bequemes Geschäft, bei dem trotz des hohen Rabatts noch etwas übrig blieb. Gleichzeitig wurde aber dem Sortimentsbuchhandel der Provinz der Absatz dieser gangbaren Bücher verkürzt. Von dem Vertriebe der Neuigkeiten, welche er sich mit großen Kosten vom Verleger zur Ansicht kommen ließ, konnte er nicht leben. Vielfach ließ sich das Publikum von feinem Sortimenter Bücher zur Ansicht vorlcgen und bestellte dann beim »billigen Manne«. Kein Wunder, wenn er sich schließlich weigerte, überhaupt noch Neuigkeiten vom Ver leger zum Vertriebe anzunehmen. So ging der Provinzial buchhandel stetig zurück, warf sich auf alle möglichen verwandten und nicht verwandten Geschäftszweige (Handel mit Papier, Kölnischem Master u. s. w.),, oder machte gar Bankerott; der Verleger aber, welcher vor allem in Deutschland neben Werken, deren Druck sich sicher bezahlt macht, zahllose Werke, deren Käufer gesucht sein wollen, druckt und zu drucken als eine Ehrenpflicht ansieht, geriet in Gefahr, seine besten Hilfstruppen zu verlieren und seine Makulaturvorräte in das Ungemessene zu vermehren. Er, der Verleger, und zwar vor allem der Verleger besserer Litteratur, erkannte, daß, wenn man dieser Gefahr nicht Einhalt that, cs bald von den wenigen Schlcuderfirmen abhängen würde, was er ohne Schaden drucken könne, und daß diese wenigen ihm schließlich ihre Bedingungen aufzwingen könnten. In dieser Erkenntnis, daß ihre Interessen mit dem Bestehen eines leistungsfähigen Provinzialbuch handels aufs engste verknüft seien, haben sich die deutschen Verleger entschlossen, ihn zu schützen.
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