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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.12.1887
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1887-12-07
- Erscheinungsdatum
- 07.12.1887
- Sprache
- Deutsch
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Noch mehr aber als der Verleger ist die Mehrzahl der Schriftsteller, vor allem der Bücher schreibende Gelehrte, an der Beseitigung der Schlenderei interessiert. Der Verleger kann immerhin eher den Verlag eines Buches ausschlagen, als der Schriftsteller ans den Druck eines vielleicht mit langjährigen! Fleiße geschriebenen Werkes verzichten, zu dessen Druck ihm selber die Mittel fehlen. Der große Gelehrte oder der Romanschreiber, dessen Ruf feststeht, würde freilich nicht in Verlegenheit kommen, er würde für seine Werke vielleicht nach dem völligen Sieg der Schleuderei noch höheres Honorar vom Verleger erhalten, da dieser dann mehr zahlen könnte, weil er nur noch Werke drucken würde, welche gekauft werden wie warme Semmeln. Ein Schrift steller jedoch, der sich erst einen Ruf gründen muß, auch der schon bewährte Gelehrte, welcher ein streng wissenschaftliches »schweres« Werk, z. B. eine Einzeluntersuchung über einen wich tigen wissenschaftlichen Gegenstand geschrieben hat, sie würden dann vergeblich einen Verleger suchen. Für solche Werke müssen die Abnehmer mühsam gesucht werden, und fehlen die Männer, welche allerorten im weiten Reich die litterarischen Bedürfnisse und Neigungen studieren und kennen, unverdrossen Werke vor legen und zum Kaufe reizen, fehlt erst, wie es leider vielfach schon eingetreten ist, die mit Fachkenntnis und Berufsfreude geleitete Provinzialbuchhandlung, so kann thatsächlich kein Ver leger mehr dieser zahlreichsten Klasse von Schriftstellern seine Dienste anbieten, ohne in kurzer Zeit ein Vermögen zuzusetzen. Thatsächlich herrscht dieser Zustand schon in den meisten außer deutschen Ländern, z. B. in England, Frankreich, Italien, wo der ganze Scrtimentsbuchhandel von Bedeutung sich in den Hauptstädten und wenigen Händen konzentriert. Die Verleger dieser Länder drucken mit wenigen Ausnahmen nur »gangbare« Ware, und sie können kaum anders handeln. Der schriftstellerische Anfänger, der Verfasser einer gelehrten Untersuchung muß froh sein, wenn er für sein auf seine Kosten gedrucktes Werk einen Buchhändler findet, der sich mit dem Vertriebe desselben abgiebt. Die Schriftsteller und Gelehrten hätten daher alle Ursache, nicht bei Schleudcrern zu kaufen, sondern den Provinzialbuchhandel zu unterstützen. Wenn das bisher nicht oder nur in seltenen Fällen geschehen ist, wenn gerade diese Kreise vielfach hohen Rabatt als ihr Recht gefordert haben, so ist das einerseits aus mangelhafter Kenntnis der Sachlage und aus der Knappheit ihrer Geldmittel, sodann aber daraus zu erklären, daß nur wenige Menschen die Gabe der Selbstüberwindung haben, da auch nur kleine Opfer zu bringen, wo der Erfolg vom Verhalten der All gemeinheit abhängt und dem Einzelnen überdies nicht hand greiflich vor Augen tritt. Niemanden gelüstet es besser zu sein als andre, wenn es etwas kostet. Aber nicht nur Schriftsteller und Verleger, auch das Publikum, die Gesamtheit, hat ein hohes Interesse daran, daß ein über das ganze Land sich ausbreitendes Netz leistungsfähiger, durchgebildeter Provinzialsortimcnter erhalten bleibe, wie es durch die Aufrecht erhaltung des buchhändlerischen Ladenpreises erreicht werden soll. Das ganze Publikum läßt sich die oft mühsamen Dienste des am Wohnsitz befindlichen Buchhändlers gern gefallen, kauft aber, wenn es irgend geht, beim »billigen Manne« in Berlin oder Leipzig, oder sucht von dem Provinzialsortimenter denselben hohen Rabatt, wie ihn der Schleuderer giebt, zu erpressen. Der Sortimenter ist ihm im allgemeinen nur ein Mann, der die Bücher um einen erheblichen Betrag verteuert; davon, daß der Zwischenhandel, wie er im Pro vinzialsortiment vorhanden ist, notwendiger und nützlicher ist, als in irgend einem andern Geschäftszweige, ahnt es wenig. Hier ist ein Vergleich mit den Zuständen im Auslande lehr reich. England besitzt keinen leistungsfähigen Provinzialbuch handel, ja der englische Sortimentsbuchhandel in der Hauptstadt London ist höchst mangelhast. Eine glänzende Ausnahme machen nur die großen, meist von Deutschen geleiteten und im allge meinen nach deutscher Art betriebenen Sortimente; sie sind aber in erster Linie dem Vertriebe ausländischer (deutscher, fran zösischer n. s. w.) Bücher gewidmet. Der englische Sortimenter ist ein Krämer, der nur Bücher, welche wie Zucker, Kaffee u. s. w. zu den täglichen Bedürfnissen der großen Masse gehören, ver kauft. Diese kauft er in großen Parlieen mit sehr hohem Rabatt ein, und verkauft sie mit mäßigem Gewinn. Andre Ware führt er einfach nicht, und will ein Kunde ein vielleicht vor einigen Jahren erschienenes, weniger bekanntes Buch bestellen, so erhält er regelmäßig zur Antwort: Wo b-rvs not Svt, it, ist nicht vor rätig. Die Mühe der Besorgung nimmt sich der Buchhändler nur in seltenen Fällen, ja er wird selten überhaupt geneigt oder im stände sein, den Verleger zu ermitteln. Selbst von dem letzteren ist aber ein älteres Verlagswerk nicht mehr zu bekom men, da es im allgemeinen Sitte ist, einige Jahre nach Er scheinen eines Werkes den Restvorrat billig an einen Antiquar loszuschlagen. Diese Sitte ist zum großen Teil auch eine Folge davon, daß sich der englische Sortimentsbuchhandel, so weit er überhaupt besteht, nur um neue »kurante« Ware kümmert. Wie würde etwas Ähnliches unfern deutschen Lesern gefallen? Die Mangelhaftigkeit des englischen Sortimentsbuchhandels zwingt ferner den englischen Verleger, wahre Unsummen Geldes für Anzeigen in Zeitschriften, für Reklamen ü. dergl. auszugeben, da er keine Möglichkeit sieht, seine Bücher auf andre Weise bekannt zu machen. Diese Kosten, welche sich oft auf ein Viertel und mehr der Gesamtherstellungskosten eines Buches belaufen, muß der Verleger selbstverständlich auf den Preis des Buches schlagen. Es giebt ja eine Reihe von Büchern, die ein sehr großes Publikum haben, und für deren Vertrieb Inserate außerordentlich förderlich sind. Bei wissenschaftlichen Werken aber und bei zahllosen andern Arten von Büchern stehen die für Inserate auszugebenden Summen in gar keinem Verhältnis zu dem dadurch erreichten Absatz. Ja bei vielen Werken ist mit Anzeigen überhaupt kein Absatz zu erzielen Das Publikum übersieht die Anzeige, mißtraut der Empfehlung des Verlegers, oder die Anzeige kommt gar nicht in die geeigneten Hände u. s. w. Dagegen stehen deni deutschen Verleger viel billigere Kräfte znm Vertrieb seiner Werke in dem weit verzweigten, wohlgeschultcn Sortimentsbuchhandel zur Verfügung, er braucht- nicht annähernd so große Beträge, wie der ausländische Verleger, für Bücheranzeigen auszugeben. Diese Ersparnis an Vertriebskosten, welche den dem Sortimenter in Deutschland und auch im Auslande gewährten Rabatt in vielen Fällen übertrifft, kommt den deutschen Büchcr- käufern zu gute, und diese sind daher nicht berechtigt, von einer Erhöhung der Preise durch den Zwischenhandel zu sprechen. Und welche Annehmlichkeiten und Dienstleistungen genießt dabei das Publikum von diesem Zwischenhandell In jeder bessern Buchhandlung — und nach Unterdrückung der Schleuderei wird sich eine solche selbst in einer kleinern Stadt halten können — kann es alle neuern Erscheinungen, ja vielfach auch ältere kostenlos einsehen und sich so von dem Werte oder Unwerte eines Buches überzeugen. Sind die verlangten Werke nicht vorrätig so läßt sie der Buch händler kommen und schickt sie dem Besteller ins Haus, oft mit der sichern Aussicht, nicht einen Pfennig daran zu verdienen. Aller dings hört man auch Klagen über Belästigung durch unverlangte Ansichtssendungen, hört solche Sendungen als veraltete Ein richtungen bezeichnen. Gewiß können die Ansichtssendungen zu weilen zur Plage werden, wenn man z. B. ein Werk von drei Buch händlern zugleich zugesandt erhält oder mit einer Flut von Litteratur überschüttet wird, für die man wenig oder kein Interesse hat. Zu weilen mag daran das Ungeschick oder der Betriebswetteifer der Buchhändler schuld sein; meist liegt es aber ganz in der Hand des betreffenden Kunden, hier abzuhelfen, indem er ein- für allemal an- giebt, von wem und aus welchen Gebieten er fernerhin Zusendungen zu erhalten wünscht. Ein tüchtiger Sortimenter wird dann in der Lage sein, meist das Richtige zu treffen, er verfolgt die Neigungen und Bedürfnisse seiner ständigen Kunden. Jedenfalls sind Miß griffe hier viel ärgerlicher für die Buchhändler als für die Käufer. In der Regel wünschen daher denn auch die letzteren die Ansichts-
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