Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.06.1934
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1934-06-16
- Erscheinungsdatum
- 16.06.1934
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19340616
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-193406167
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19340616
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1934
- Monat1934-06
- Tag1934-06-16
- Monat1934-06
- Jahr1934
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
X- 138, 18. Juni 1934. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d.Dtschn Vuchvanüel. kannt hat. Als dem begabten Sohn nicht gerade wohlhabender Eltern ward ihm die Ausbildung zum Bolksschullehrer zuteil; als Zwanzigjähriger begann er seine Tätigkeit in einem »welt- entlegenen Sollingdors», und --nach den sechs Jahren meiner Wirk samkeit als Schulmeister, Leichcnrcdner, Sonntagnachmittags prediger, Gesangvereinsdirigent und Schiedsmann gab es kein Sprichwort, keine volkstümliche Redensart, leine Sitte und Sage, kein ,Stippstörchen' und keinen Aberglauben, überhaupt keinen Ausdruck des örtlichen Volkstums, den ich nicht sorglich verwahrt hätte». So ward ihm schon am ersten Ort einer eigenen, verant wortlichen Tätigkeit der Weg sür sein ganzes späteres Leben und Wirken gewiesen. Zunächst aber führte der Weg nochmals auf die Schulbank, wenn es auch die einer Universität war, die er in großem Lerneifer solange versaß, bis die Geldmittel flüchtig gingen, dann wagte der junge Sohnrey in einer »nicht totzu- kriegcnden Glücksgläubigkcil» die Heirat mit einem Mädchen aus dem Solling, begab sich daraufhin noch einmal ins Schulamt, um nach kurzer Zeit »kopfüber kopfunter« wieder ins Leere zu sprin gen. Doch fand auch diese Kühnheit ihren Lohn: Im Jahre 1890 bekam er die Leitung der »Freiburger Zeitung», die unter ihm einen bemerkenswerten Aufschwung nahm. Im Jahre 1894 gab er diese Tätigkeit auf; er hatte inzwischen die Halbmonatsschrift »Das Land» gegründet und setzte sich nunmehr mit ganzer Kraft sür das Werk der »ländlichen Wohlfahrts- und Heimat- Pflege» ein. Sein Schaffen ging nun in drei Richtungen: künst lerische Tätigkeit, volkskundliche Forschungen, sozialpolitische Ar beit. Keine dieser drei Richtungen lief aber jemals beziehungslos neben der anderen her, sie waren immer gebunden im Ganzen seiner Persönlichkeit, und der Künstler Sohnrey ist zugleich der Sozialpolitikcr und der Volkskundler. Das Volkstum seiner Hei mat weckte hier die ersten künstlerischen Pläne in dem jungen Lehrer, ja schon im Seminaristen; dieses Volkstum, die Sorge um seine Erhaltung ließen ihn später zum Volkskundler werden; der Volkskundler aber, den nicht nur antiquarisches Interesse an die Schätze hcransührte, die im Volk überall verborgen lagen, dem vielmehr um ihre Erhaltung und Verlebendigung zu tun war, mußte zum Sozialpolitikec werden, wenn er dem drohenden Untergang bäuerlicher Art und Sitte steuern wollte; und diese beiden Seiten seiner Tätigkeit wiederum waren immer im Künstler lebendig. Nicht nur seine eigentlich volkskundlichen Werke, sondern auch seine Romane und Erzählungen stellen eine reiche Ouellen- sammlung für volkskundliche Arbeiten jeder Art dar. Für manches verschollene Buch aus Sohnrcys Feder ist heute wohl die Stunde gekommen, da nunmehr gerade der Volkskunde und ihren Ergeb nissen ein lebhaftes öffentliches und allgemeines Interesse ent gegengebracht wird. Auch in seinem künstlerischen Schaffen hat Sohnrey nie einen Stoff zu Tode geritten, da er jeden seiner Stoffe, mochte er an sich noch so eng begrenzt sein, aus der Enge ins Weite sah. Er verlor bei der Schau seiner engeren Heimat nie das große deutsche Vater land aus dem Auge, und die Schicksale der Menschen dieser seiner Heimat wurden in seiner Formung immer Bilder der großen deutschen Lebensgemeinschaft. Eines seiner frühesten Werke »F r i e d e s i n ch e n s Lebenslauf» ist bis heute auch sein er folgreichstes geblieben, zusammen mit dem dazugehörigen Band »Hütte und Schloß-, die beide den Rang wirklicher Volks bücher besitzen, wenn sie rein künstlerisch auch keine Höchstleistun gen darstellen. Dem Lebenslauf »Friedesinchens», einem Werk, dessen Köstlichkeit in allen Dingen heute nicht mehr des besonderen Rühmens bedarf, ließ Sohnrey später die Stadtgeschichte von »Grete Lenz, einem Berliner Mädchen- folgen. Hier war cs ihm darum zu tun, zu zeigen, daß der gesunde Mensch auch durch die Gefahren der Weltstadt zu schreiten vermag, ohne sich preiszugeben. Rein und klar ist die Atmosphäre auch dieses Buches, dessen Stoff schon so vielen anderen zum bloßen Hintertreppenroman gediehen ist. — In zwei weiteren Romanen, dem »Bruderhof» und »PhiliPpDubenkroppsHeim- kehr» sind es bäuerliche Schicksale, die uns erzählt werden, in der einfachen ungekünstelten und zu Herzen gehenden Art des wirk lichen Volksdichters; in dem Grenzlandroman »Fuß stapfen am Meer», der in ganz tiefe Bezirke des Lebens hineinführt, weitet Sohnrey die Schau aus dem einzelnen Dasein in das der Gesamtheit; und in seinem jüngsten Roman endlich, dem 538 Entwicklungsroman »WulfAlke« zeigt er den Weg eines jungen armen Bauernbuben mit besonderer Begabung aus der ländlichen Enge in die große Welt anerkannten Künstlertums; dies Buch ist zugleich ein Lied auf die Kraft, die allem unverbildeten Men schentum innewohnt. Die genannten Romane Sohnreys sind mit ihrem Geschehen und ihren Menschen eingebettet in die Tiefe eines ursprünglichen Volkstums; etwas vom köstlichsten in ihnen sind die unvergeß lichen Frauengestalten, die Sohnrey jeweils mit wenigen Strichen vor uns hinzuzeichnen vermag. Das gilt nicht minder auch von den kürzeren künstlerischen Arbeiten Sohnreys. So von der wun derschönen ergreifenden »Geschichte vom schwarzbrau nen Mädelein» und von den in den beiden Sammelbänden: »Im grünen Klee — Im Weißen Schnee» und »D i e hinter den Bergen« vereinigten Novellen, »Gestalten und Dorfgeschichten aus dem hannoverischen Berglande«. — Heimatliches Brauchtum und die Originalität eines knorri gen, urwüchsigen Menschenschlages erfüllen diese künstlerischen Ar beiten Sohnreys mit äußerster Lebendigkeit; gerade diesen Seiten des Lebens und Menschentums feiner Heimat schenkt der Dichter seine besondere, liebevolle Aufmerksamkeit. Die vier Sammel bände »Die Sollinger, Volksbilder aus dem Sollingerwalde-, »Tschiff Tschafs, Toho! Gestalten, Sitten und Bräuche, Geschich ten und Sagen aus dem Sollingerwalde», »Das lachende Dorf, Geschichten, Schnurren und Schnaken» und »Feste und Spiele des deutschen Landvolkes- legen beredtes Zeugnis ab von einer rast losen Sammlertätigkeit, die nur von einer tiefen Liebe zur Sache geführt sein konnte. Daneben verdanken wir Sohnrey auch eine Reihe dramatischer Dichtungen, die ebenfalls im dörflichen Lebens kreise wurzeln, eine kleine Sammlung vertonter Lieder, einfache Stücke im Volksliederton und mehrere Sammlungen von »I u - ge n d g e s ch i ch t en». — Und schließlich sei in aller Kürze noch hingewiesen auf die Tätigkeit Sohnreys als Sozialpolitiker, die einer eigenen Abhand lung bedürfte, wenn sic in ihrer ganzen Bedeutung gewürdigt werden sollte. Sohnrey ließ sich dabei leiten von dem Motto: »Nicht den reifen Weizen sollst du dem Volke geben, sondern Acker und Pflug». Wir erwähnen vor allem das wichtige Handbuch »WegweiserfürländlichcWohlfahrtsarbcit» und die bedeutsamen Zeitschriften-Gründungen Sohnreys (»Archiv sür innere Kolonisation«, «Die Dorskirche« usw.), der, da seine Ver leger nicht das nötige Verständnis aufbrachten, auch einen Verlag gründete, die »Deutsche Landbuchhandlung», die sich heute zu einem blühenden Unternehmen entwickelt hat. In den jüngst erschienenen Lebensecinnerungen »Z wischen Dorn und Korn- zeichnet uns Sohnrey das Mosaik eines reichen deutschen Lebens, vor dessen Leistung wir mit Bewunde rung und Dankbarkeit stehen. Mit großer innerer Selbstver ständlichkeit ist Sohnrey durch seine ganze umfassende Lebens leistung in das nationalsozialistische Deutschland hineingewachsen, das ihm die Anerkennung schenken wird, die er verdient. Er ist, auch in Zeiten, die seinen Plänen und Arbeiten weniger günstig waren, keinen Fuß breit abgewichen von dem einmal einge schlagenen Weg, an dessen Ende ein Ziel stand, das keine der heute geforderten Verantwortungen je außer acht ließ. Die Volkskunde ist heute eine deutsche Lebenswissenschaft geworden; von ihren Leistungen wird nie die Rede sein können, ohne daß dabei der Name Heinrich Sohnreys stets an vorderster Stelle genannt wird, der vielen dieser Leistungen durch die künstlerische Verdich tung eine besonders nachdrückliche Wirkung verlieh. Was er jahr zehntelang nur als Planung sah und Wunsch, das sieht er heute, im nationalsozialistischen Deutschland, Wirklichkeit werden; was lange als schwere Sorge auf ihm lag, das sieht er heute in blühen dem Eifer zur Tat wachsen; Volkstum und seine Bewahrung, das Schicksalswort seines Lebens, sicht er nun als Schicksalswort mitten in einen neuen deutschen Lebensausbau hineingestellt; so ist ihm, worauf wir eingangs schon hingewiesen haben, sein eigenes Stre ben am späten Abend seines Löbens noch zu einer Erfüllung ge worden, die er als schönsten Lohn ansehcn mag für all die Kämpfe, die er willig auf sich nahm, da es galt, seinem Volk, der ewigen Deutschheit, zu dienen.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder