Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.06.1934
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- 1934-06-16
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- 16.06.1934
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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138, 16. Juni 1934. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d.Dtschn.Buchhandel. genommen wird. »Niu met wie aber erstmal nen richtigen Happen äten!« wiirde bei uns der Bauer in Niedersachsen sagen. Wir be sorgten dies gründlich. Dann aber »will wie slopen«. Längst ist die Sonne untergegangen. Die Amseln flöten nicht mehr, sie kuschel ten sich in ihre Nestchen; das eben noch zirpende Rotschwänzchen hat sein Giebelplätzchen geräumt, die hohen Bäume wiegen sich vor dem Hellen Nordhimmel dieser warmen Sommernächte. Wir trennen uns mit einem Händedruck und einem herzhaften »Auf baldiges Wiedersehen!« Der Alte winkt mir nach und kehrt in seine ver träumte Dichterwelt zurück, den Jungen ruft der laute Berliner Alltag. Mit Ehrfurcht vor den erlebten Stunden gehe ich von dannen und freue mich aufrichtig, Heinrich Sohnrey jene dankzollenden, aber zugleich verpflichtenden Worte in meinem Gedenkbeitrag über ihn im Junihest des »Deutschen Buchhandlungsgehilfen« zugerufen zu haben: »Heinrich Sohnrey, Du Alter vom Sollinger Walde, der Du vom Hiitejungen zum Künder und Schirmer des deutschen Dorfes und Landes wurdest, der Du auch in kranken, verständnislosen Zeiten unbeirrt für die Erhaltung von Bauern- und Landstand gekämpft hast, der Du uns in ungebeugter Kraft, gleich den Buchen und Eichen Deiner heimatlichen Berghöhen, noch in den letzten Monaten Deinen .Wulf Alke' schenktest, wir Jungen grüßen Dich und geloben Dir, in Deinem Sinne zu werken, damit Deine mühselig gestreute Saat im umbrochenen Acker eines erstarkenden neuen Reiches viel- fällige Frucht tragen möge«! Heinrich Sohnrey ein öeulscher Mensch?) Sie haben mit jeder Zeile recht, die in Ihrem Brief an den deutschen Buchhandel über den Dichter Heinrich Sohnrey und seine Werke gerichtet ist. Aber die Zeit hat den Anmarsch und den Sturm in den Ohren und in der Seele die Fanfaren. Und Heinrich Sohnrey in der Schlichtheit feiner Bauernbücher und seiner geraden einfachen Menschen wird heute noch überrannt. Ja, wenn Staat und Ge meinde in der Lage wären, statt Kürzung der Mittel, die den Büche reien zur Verfügung gestellt werden, deren Erhöhung vorzunehmen, wenn beide uns Buchhändler mit in den Marschtritt hineinnehmen würden, sodaß wir wüßten, wir sind jetzt eingereiht, und wir sollen nicht mehr warten, bis wir auch an die Reihe kommen, dann könnten wir leichter uns einspannen für diesen hochzuverehrenden Heimat dichter, der den meisten von uns in der Kindheit schon bekannt wurde. Friedesinchens Lebenslauf hat für uns alte Buchhändler einen zärtlichen Klang. Heut und in der bösen Zwischenzeit. Das Buch ist uns eine liebe Erinnerung auf glänzendem Hintergrund. Und ich bin dem Amt für öffentliche Buchwerbung dankbar, daß es Heinrich Sohnrey aus dem Schatten der Vergessenheit wieder in das Helle Licht der deutschen Liebe stellt. Heil Hitler! Johannes Buchholz. Gustav Mahr, Giehen: Heinrich Äohnre^ unÜ Sie Volkskunöe. (Auszug aus einer größeren Arbeit.) Heinrich Sohnreys Schrifttum hat einen großen Leserkreis ge funden. Vielen ist Sohnrey lieb und wert als Dichter von »Friede sinchens Lebenslauf«: andere kennen ihn als Verfasser der Geschich ten »Die hinter den Bergen«, »Im grünen Klee — im weißen Schnee«, »Der Bruderhof«. Die Jugend liebt ihn als Verfasser der prachtvollen Schriften »Der Hirschreiter«, »Wenn die Sonne auf geht«, »Draußen im Grünen«. Und wer ihn nicht als Erzähler kennt, kennt ihn vielleicht von der Bühne her. Sein Bauerndrama »Düwels«, sein Volksstück »Die Dorfmusikanten« ist an mancher Bühne herausgekommcn. Anderen steht Sohnrey vor Augen als sozialer Reformer, als Begründer und Führer in der ländlichen Heimat- und Wohlfahrtspflege. Viel zu wenig ist Heinrich Sohnrey bekannt als der fleißige und erfolgreiche Volkskundler. Seine Schriften sind erfüllt vom Heimatgedanken: sie verraten eine unge wöhnliche Kenntnis des Volkstums. Es wundert einen nachgerade, daß man so wenig Heinrich Sohnrey von dieser Seite aus sieht. Heinrich Sohnrey ist aus dem Volk hervorgegangen. Ein Nieder sachse ist er; noch heute kann er den Niedersachsen nicht verleugnen. Wenn man mit ihm spricht, hört man ihm an, daß er aus der Göt- *) Aus der Fülle der Zuschriften, die das Amt für öffentliche Buchwerbung als Antwort auf seinen Rundbrief an das deutsche Sortiment aus Anlaß des 75. Geburtstages Sohnreys erhielt, ver öffentlichen wir den Brief einer Berliner Buchhandlung. D. Schrift!. tinger Gegend stammt. Er selbst, sein ganzes Schrifttum wurzelt im niedersächsischen Volkstum. Aus armen Verhältnissen ist er heraus- gewachsen. In der »Lindenhütte« wächst er heran. Aber so hart und entbehrungsreich seine Jugend mar, fröhlich und sonnig war sie doch. Sohnrey ist voll Erinnerungen an seine Jugendzeit. Immer wieder kehrt er in seinen Gesprächen, in feinen Erinnerungen dazu zurück. Der Dorfjugend gehört heute noch sein Herz. Zur Kenntnis des Volkstums trug besonders seine sechsjährige Lehrertätigkeit in Nienhagen bei, einem Dorf an den Ausläufern des Solling. Eifrig studiert er das niedersächsische Dorf und sein Leben. Seine erste größere Erzählung entsteht: »Hütte und Schloß«. Stark ist schon damals in Sohnrey der Drang zur schriftstellerischen Gestaltung. Entscheidend beeinflussen ihn die Volkserzählungen Heinrich Schaum bergers, eines thüringischen Volksschullehrers. Kein Wunder, daß Sohnrey bei seinem rastlosen Geist nicht bei der Schule autzhielt. Er erbittet sich Urlaub, studiert in Göttingen, kehrt noch einmal ans Not ins Schulamt zurück, um sich dann um den Posten eines Schriftleiters zu bewerben. Nach langem Kampf — »Friedesinchens Lebenslauf«, die Erzählung »Verschworen — Verloren« u. a. sind bereits ver öffentlicht — gelingt es ihm, Schriftleiter der »Freiburger Zeitung« zu werden (1890). Nun ist Sohnreys Schicksal besiegelt. Die weite Welt gehört ihm, und doch — charakteristisch für Sohnrey — immer wieder sieht er die weite Welt in einem lebendigen Einzelstück Hei mat. Heimatgebundcn und doch weltweit! Das Schwarzwälder Volkstum fesselt ihn. Indem er es erforscht, wird er zum Sozial reformer. Sein Weg führt ihn weiter. Es war nur folgerichtig, wenn Sohnrey nach Berlin ttbersiedelte. Eine umfangreiche Tätig keit beginnt jetzt. Dem ungesunden Wachstum der Großstadt sucht er in erfolgreicher sozialpolitischer Arbeit ein gesundes heimatfrohes, innerlich reiches ländliches Volksleben entgegenzustellen. Die Sorge um die Seele unseres Volkes, insbesondere des Landvolkes, hat Sohnrey zum Dichter, zum Sozialpolitiker gemacht. Sie hat ihn auch zum Volkskundler gemacht. Nur von dieser Sorge um die Seele seines Volkes her ist Sohnrey richtig zu verstehen. Wohin Sohnrey sieht, sieht er Landverwüstung, Flucht vor dem Lande, sieht er die Quellen verstopft, aus denen ein gesundes, starkes ländliches Leben und Volksleben erwächst. Darum müht er sich planmäßig um immer tiefere Erkenntnis des Volkstums. Er sammelt Volkslieder, Volksbräuche und Volkssagen, Sprichwörter und anderes. Darum sucht er in Dichtungen dem Volke das eigene Leben lieb zu machen, dem Verhängnis der Landflucht, der Heimat losigkeit zu wehren, das Glück der Heimat und der Scholle dem Volk vor Augen zu stellen. Darum treibt er Sozialpolitik. Volks kundlich und sozialpolitisch zugleich sind die zwei kleinen Schriften: »Der Meineid im deutschen Volksbewußtsein«, »Osterfeuer«. Es ist ein erstaunliches Lebenswerk, das Sohnrey aufweist, nur zu be greifen aus dem gewaltigen Fleiß eines Mannes, der sich als Motto seines Lebens das Sprüchlein gewählt: »Stets habe vor Augen ein herrliches Ziel! Erreichst du nicht alles, erreichst du doch viel.« W. H. Niehl hat eine kleine Studie »Handwerksgeheimnisse des Volksstudiums« geschrieben. Er beginnt seine Arbeit mit dem Satz: »Der Forscher des Volkslebens muß vor allen Dingen auf Reifen gehen.« Das hat Sohnrey beherzigt. Sohnrey ist viel auf Reifen gewesen. Wo war er nicht all? Und wie versteht er es, mit dem Volke umzugehen! Beziehungen hat er in allen Landschaftsgebieten, und er nutzt sie aus, um den Weg ins Volk zu finden. Keine seiner Geschichten, Erzählungen, die nicht irgendwie erlebt ist: seine Dich tung ist Leben aus dem Leben des Volkes. Das macht Sohnreys Eigenart geradezu aus, daß er in seinen Erzählungen, seinen Dich tungen das Volk sprechen läßt, daß er keinen ihm fremden Zug bei mischt. Es ist Volkskunst, was er gibt. Man kann Sohnrey nicht mehr mißverstehen, als wenn man in seinen Dichtungen Literatur sucht. Alles ist so schlicht, so anspruchslos, so gesund und geschmack voll und doch gestaltet mit sicherer Kraft, wie es die Volksdichtung selber ist. Wo Sohnrey versucht, mehr zu geben, etwa Charakter zeichnung, wo er versucht, Weltbilder zu gestalten, ist er nicht ein Eigener und Besonderer. Sohnrey ist als Dichter nicht eine Persön lichkeit, die durch Originalität der Welt- und Kunstanschauung, durch Vortragsart und Stil, durch Feinheit der Technik, Umwertung und Neuwertung etwas sein will. In seiner Schlichtheit liegt seine Größe, darin, daß er in den besten seiner Sachen sich selbst treu bleibt. Sohnreys volkskundliche Liebe wandte sich besonders den Sagen und Volksbräuchen zu. Schon als Seminarist sammelt er Volks sagen: einiges davon erschien in Hermann Weichelts »Hannover schen Geschichten und Sagen«. In Niendorf nimmt er die Gelegen heit wahr, soviel er kann, Sagen und Geschichten zu sammeln. Er bearbeitet einen deutschen Sagenschatz für die Schule; er veröffent licht in der »Göttinger Zeitung«, im Jahrbuch des Vereins für Niederdeutsche Sprachforschung »Sagen und Geschichten von der 539
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