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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.06.1934
- Strukturtyp
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- 1934-06-16
- Erscheinungsdatum
- 16.06.1934
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^ 138, 16. Juni 1934. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d.Dtschn.Buchhandel. Weper«. Immer umfassender wird jetzt Sohnreys Sammeldrang. Nicht nur dem Volkstum an der Weper, einem Gebirgszug, der dem Sollinger Wald im Osten vorgeschoben ist, mehr und mehr gilt sein Sammeldrang dem Solling selbst. Nicht nur Sagen und Gebräuche sammelt er, sondern ebenso Lieder und Sprüche. Sohnrey kennt die Grenzen seiner volkskundlichen Arbeitsweise. Er weiß, daß er kein Mann der strengen Wissenschaft ist; eine wissenschaftliche Bearbei tung der Sagen und Sitten, der Lieder und Gebräuche im Solling liegt ihm fern. Aber, was er vermag, ist mehr: er versteht es »hin- eiuzuhorchen«, wie er einmal sagt, ins Volkstum und, was er ge hört, naturgetreu wicderzugeben. Bezeichnend für Sohnrey ist, daß er in Sammlung und Bearbeitung der landschaftlichen Volksüber lieferung immer mehr den Menschen der Landschaft ins Auge faßt, daß er ihn schildert und ihn darstellt als typische Gestalt der Land schaft. Sohnrey hat recht, wenn er gelegentlich eines Vortrages im Verein für Volkskunde in Berlin sagte: »Ich sehe bei vielen Werken über Volkskunde einen Mangel darin, daß die volkskundlichen Schatz gräber sozusagen nur die Blätter, Blüten und Früchte des Volks tums einsammeln, sich aber um den Stamm, der die Früchte trägt, nicht kümmern.« So entsteht sein großes volkskundliches Werk über den Solling in zwei Bänden: »Die Sollinger« und »Tchiff, tchaff, toho!- , das in blutvollen Gestalten und Bildern aus dem Volksleben, in Hunderten von Einzelzügen das Volkstum des Sollings zeichnet, ein Volkstum, das im Sterben ist. Auf ein Buch darf ich noch besonders Hinweisen, das Sohnrey mit seinem Freunde Kück herausgegeben hat: »Feste und Spiele Ä»e echte Dorfgeschichte ist die zeitgemäße künstlerische 8ortsetzung der Volkssage, das Gefäß, das den gesamten Goldgehalt des ländlichen Volkstums in Sage, Sitte und Sprache in sich aufnehmen, mit dem neuen Ideengehalt der Zeit naturgemäß verbinden und im Rahmen der jeweiligen ländlichen Natur zur naturwahren Darstellung bringen muß. Heinrich Sohnrey. des deutschen Landvolks«, 3. Auflage 1925. Die große Not des Vol kes, seine seelische Verödung, die Not des Landvolkes, das immer mehr sein frohes Spiel verlor, nicht nur durch Preisgabe des Ge meindeangers in der »Verkoppelung«, sondern noch mehr durch Ein zug der modernen Stadtkultur, durch kurzsichtige, würdelose Unter schätzung der alten Dorfkultur, veranlaßte Sohnrey zur Sammlung der alten Überlieferungen an ländlichen Festen und Spielen. Nicht vergessen werden soll das 1927 erschienene Büchlein »Das lachende Dorf«. Der Schalk in Sohnrey, von dem seine Freunde im Seminar, seine Spielkameraden im Dorf manches zu erzählen wuß ten, hat sich hier ein Denkmal gesetzt. Geschichten, Schnurren und Schnaken bringt Sohnrey. Die Geschichten sind erzählt, wie sie das Leben bot, die Schnurren und Schnaken wiedergegeben, so wie sie das Landvolk erzählt. Man sieht an diesen lustigen Anekdoten dem Volk ins Herz. Ein Grundzug in Sohnreys Wesen ist seine ungemein tatkräftige Art, der Drang und Wille, erkannte Wahrheiten in Wirklichkeit um zusetzen. Er kann sich nicht begnügen mit der Betrachtung der Dinge; er will die Wirklichkeit gestalten, Menschen und Dinge beeinflussen, dem Verderben wehren, das er sieht, neue Aufgaben sehen und Zu kunft gestalten. So wird aus dem Dichter der Volksschriftsteller, ans dem Volkskundler der soziale Reformer. Sohnrey gehört zum Kreise derer, für welche die Volkskunde in unmittelbarem Dienst des Lebens steht, aus ihm hervorgeht und zu ihm hinstrebt, nicht aus dein Hirn, sondern ans dem Herzen geboren. Alle Kenntnis der geistig-seelischen Wirklichkeit des Volkes strömt in ihm aus in Hilfe, in Gestaltung dieser Wirklichkeit. Entscheidend für Sohnrey wurde die Tätigkeit als Schriftleiter der »Freiburger Zeitung«. Schon früh hatte Sohnrey die Zu sammenhänge zwischen wirtschaftlichem und geistigem Leben auf dem Lande gesehen. In der kleinen Erzählung, 1890 im Hannoverschen Volkskalender gedruckt, »Wie die drei Eichenleute um den Dreieichen hof kamen«, zeigt er, wie ein Hof, der sich dem ländlichen Genossen schaftswesen verschließt, zugrunde geht. In Freiburg kam er in engste Berührung mit den wirtschaftlichen Fragen des Landes. Er wurde hineingezogen in die Tageskämpfe. Seine Aufsätze, später als Son derschrift herausgegeben unter dem Titel »Der Zug vom Lande und die soziale Revolution«, wirbelten viel Staub auf. In der Abwehr der Angriffe, die ihm wurden, kam Sohnrey tiefer ins Studium der sozialen Verhältnisse des Landes hinein. Er sah immer schärfer die Bedeutung der wirtschaftlichen Zusammenhänge für das geistige sitt- 640 liche Leben des Landes. Es wurde seine Überzeugung, daß im Augen blick die wirtschaftliche Stärkung des flachen Landes wichtiger sei als die einseitige Pflege der geistigen Güter. Aus diesen sozialreforme- rischen Gedanken erwuchs 1893 die Halbmonatsschrift »Das Land«, 1895 das Buch »Die Wohlfahrtspflege auf dem Lande«, später als »Wegweiser für ländliche Wohlfahrtspflege und Heimatspflege« her ausgebracht. 1896 bildet sich der »Ausschuß für Wohlfahrtspflege auf dem Lande«, 1903 wurde der »Deutsche Verein für ländliche Wohlfahrts- und Heimatpflege« gegründet. Immer größer wurde der Umkreis von Sohnreys Arbeit. Die innere Kolonisation trat in seinen Gesichtskreis. Kleine Schriften wie »Bauernland« (1896), »Der kleine Heinrich« (1901), »Sohnreys Dorfkalender« (von 1900 an), die »Schriftenreihe zur Förderung der inneren Kolonisation«, das »Archiv für innere Kolonisation« erscheinen. Welchen Umfang Sohnreys schriftstellerische Tätigkeit annimmt, beweist die Gründung der »Deutschen Landbuchhandlung«, in der er seine gesamten Arbei ten erscheinen läßt, in der unter seiner Führung eine ganze Reihe von Zeitschriften erscheint: Die »Deutsche Dorfzeitung«, die Monats schrift »Die Kreis- und Gemeindeverwaltung«, das »Jahrbuch der Landjugend«, die Zeitschrift »Die Gutsfrau«, die »Zeitschrift für das ländliche Fortbildungsschulwesen« u. a. Man kommt aus dem Staunen nicht heraus, wenn man den Umfang von Heinrich Sohn reys schriftstellerischer Tätigkeit betrachtet: ein Fleiß und eine Um sicht, eine Arbeitsleistung, wie sie nur niedersächsische Zähigkeit und Begabung vor sich bringt. Mir erscheint es bedeutsam in Sohnreys Lebenswerk, baß er zuletzt die Gründung der »Dorfkirche« in die Wege leitete. Ursprüng lich ging Sohnreys Gedanke dahin, eine Zeitschrift »Die Dorfschule« zu gründen. Er sah immer mehr ein, daß die Landsrage doch nicht allein von der wirtschaftlichen Seite her zu lösen ist, daß Äußeres und Inneres in einem lebendigen und unzerreißbaren Zusammen hang stehen, stärker, als er in seiner Freiburger Zeit gedacht hat. Seltsam, daß der Widerhall fehlte in den Kreisen der Lehrerschaft. Er wurde zur rechten Zeit, eine Fügung von oben, auf von Lüpke aufmerksam, der einen ausgezeichneten Vortrag »Die Arbeit des Pfarrers für die Wohlfahrt des Landvolks« (1904) in den Schriften des Ausschusses für Wohlfahrtspflege auf dem Lande veröffentlicht hatte. Von Lüpke entwarf in vollem Einverständnis mit Sohnrey selbständig die Grundgedanken einer Monatsschrift für Pflege kirch lichen Lebens aus dem Geist der Heimat und des Volkstums. Im Oktober 1907 erscheint das erste Heft der »Dorfkirche«. In dieser Zeitschrift fanden Sohnreys Gedanken zur Pflege des Volkstums ihre letzte und tiefste Prägung. Man sagt nicht zuviel, wenn man behauptet, die Gründung der »Dorfkirche« krönt Sohnreys Lebens werk. Wenn eins uns Sohnrey lehrt, dann ist es dies, von welcher folgenschweren Bedeutung volkskundliches Wissen ist: nicht nur als Voraussetzung alles Schaffens im Volk und an dem Volk, sondern geradezu als stärkster Antrieb zur Erneuerungsarbeit an dem Volk. Keine volkserzicherische Arbeit insbesondere am Lande ohne gründ liches Verständnis des Landvolks, ohne lebendige Fühlung mit dem Lande selbst. Sohnreys Lebenswerk kann aufrütteln, aufrufen, be geistern für ein Schassen aus dem Vollen heraus, aus dem Leben und der Art unseres Volkes. Er hat im kleinsten Krei begonnen und Größtes geleistet. Keine pfarramtliche Arbeit ist so bescheiden, daß nicht auch sie im kleinsten Punkte Größtes schaffen kann in der Predigt des Evangeliums und durch sie, nämlich dann, wenn sie vor stößt zum Zentrum des Lebens, dahin, wo die Quellen des Lebens, die Quellen des Volkstums rauschen. Heinrich Sohnrey als Verleger. über die Tätigkeit Heinrich Sohnreys als Verleger lesen wir in dem von Hans Nothhardt 1929 herausgegebenen »Heinrich- Sohnrey-Buch«: Wir dürfen schließlich auch an Sohnreys Tätigkeit als Verleger nicht vorübergehen, da sie ihn auf einem Gebiet zeigt, das seiner Initiative, Tatkraft, Beharrlichkeit und seinem Unternehmungsgeist ein besonders glänzendes Zeugnis ausstellt. Wir haben ihn schon im Verlaufe dieser Darstellung immer wieder als Gründer und Förderer von Verlagsunternehmungen aller Art kennengelernt. Seine verlegerische Großtat aber war die Gründung der »Deutschen Land- bnchhandlnng«. Mannigfache unliebsame Erfahrungen mit verschie denen Verlegern seiner Schriften und seine sich immer mehr speziali sierende Tätigkeit auf dem Gebiete des periodischen Schrifttums drängten ihn zu diesem Schritt, dem er unbedenklich und buchstäblich alles opferte, was er war und besaß. Und wieder behielt sein un beirrbarer Optimismus recht. Der Sprung ins Dunkle landete auf festem, gesundem Boden. Heute ist die »Deutsche Landbuchhandlung«, die von einem seiner Sühne geleitet wird, ein blühendes Verlags-
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