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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.06.1934
- Strukturtyp
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- 1934-06-05
- Erscheinungsdatum
- 05.06.1934
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- Deutsch
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X- 128, 5. Juni 1934. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn Buchhandel. Der neue deutsche Film und das deutsche Buch. Ein Wort zur Arbeit des Verlages und des Buchhandels. Noch vor einem Jahr war der Film ein Sorgenkind aller der jenigen, die ernsthaft bestrebt waren, bestes deutsches Kulturgut an deutsche Menschen heranzutragen. Denn allzuoft war es wirklich nur ganz leichte Ware, die geboten wurde, wenn sich auch oft An sätze wirklichen künstlerischen Bemühens zeigten. Einen wesentlichen Schritt in der Frage des zukünftigen deut schen Filmes sind wir durch die Ernennung Willi Krauses zum Reichsfilmdramaturgen weitergekommen; in ihm, dem alten nationalsozialistischen Kämpfer, sehen wir den Mann, der durch seine Erfahrung auf dem Gebiet des Films und durch seine schrift stellerische und fcuillctonistische Tätigkeit berufen ist, wirklich neue Wege zu zeigen. Er selbst betonte auch in seinem ersten Rundfunk- gcspräch über seine Aufgaben (wir haben seinerzeit darüber im Börsenblatt berichtet), die ungeheure Wichtigkeit einer neuen Ziel setzung und zeigte in Umrissen die künftigen Aufgaben des deutschen Films auf. Verschiedene Veröffentlichungen ans seiner Feder zeigten uns, daß er bereit ist, alles das auszumerzen, was geeignet ist, die ernsten Bestrebungen neuer aufbauender Arbeit zu durchkreuzen. Dieses Wissen also macht es dem deutschen Buchhandel möglich, dem Filni, besonders dem nach einem Romanwcrk gedrehten Film, anders zu begegnen, als das wohl seither der Fall gewesen sein nmg. Damit must die Frage »Film und Buch« oder »Verdrängt der Film das Buch?« von einem anderen Standpunkt aus betrach tet werden. Es soll in Zukunft kein Gegeneinander Film — Buch, auch kein unbewährtes Nebeneinander geben, sondern ein Mitein ander. Der Klärung und Lösung der angcdcuteten Fragen soll die Veröffentlichung der beiden Arbeiten »Film und Buch« von H. M. Cremer und »Das literarische Vorbild im F i l m« von G. Eckert dienen. Ebenso soll wenigstens in Um rissen gezeigt werden, wie cs möglich ist, die Propaganda für den Film gleichzeitig zur Werbung für das Buch, nach dem er gedreht ist, zu gestalten, und zwar nicht nur vom Verleger aus dem Buch handel gegenüber, sondern auch vom Buchhandel aus dem Bücher kaufenden Publikum gegenüber. Die Werbung in diesem Falle hat den einen grasten Vorteil, daß das Werbematerial in jedem Falle leicht zu beschaffen ist. Wir beabsichtigen in den kommenden Monaten, besonders den »Zeiten der Uraufführungen« regelmäßig Angaben darüber zu veröffentlichen, nach welchen Büchern Filme in Vorbereitung sind, welche Filme für die Buchwerbung wichtig sind. Wir hoffen, daß diese Zusammenstellungen gemeinsam mit den Angaben der Verleger in Anzeigen und dergleichen über Aufführungstermine, geeignet sind, die Arbeit des Buchhandels zu unterstützen. Wir bitten auch den Verlag, uns die ihm bekannten Daten zur Kenntnis zu bringen. Die Schriftleitung. Hans Mar/in Cremer: Buch und Film. Zusammenhänge zwischen Buch und Filmi Hat man einmal die Zusammenhänge zwischen Buch und Film untersucht, so kam man häufig zu ganz positiven oder nega tiven Ergebnissen, d. h. man betonte entweder, daß ein Zusammen hang überhaupt nicht existiere, daß also das Buch als Druckschrift mit dem Film, als rein visuelle Angelegenheit, nicht das Geringste zu tun habe; oder man behauptete, daß beide ganz verwandt wären, daß man beim einen die Buchstaben und beim anderen die Bilder mit den Augen läse. Beide Auffassungen erscheinen mir grundfalsch. Richtet sich das Buch an einen ganz anderen Kreis als der Film, so sollte es dem Besitzer ein lieber Schatz sein, den man nicht nur einmal in die Hand nimmt, aus dem man vielmehr in fröhlichen und schweren Stunden Erbauung schöpft, an dem man sich immer wieder, sei es durch die Sprache oder durch den Inhalt, ergötzt. Das Buch stellt andere Ansprüche als der Film. Es zwingt zum Nachdenken, es reizt die Phantasie, es treibt den Geist dazu an, Landschaften, die beschrieben, Personen, die geschildert werden, sich bildlich ausmalen, sie zuerleben und mit ihnen zu leben. Der Film gibt dagegen fertige Handlungen, fertige Per 502 sonen, fertige Taten. Man muß alles so hinnehmen, wie es sich der Filmautor und der Regisseur gedacht haben. Für die Phantasie bleibt beim Hören und Beschauen des Tonfilms wenig Platz. Beim Stummfilm war es noch etwas anderes. Da spielte die Phantasie des Beschauers eine große Rolle, und der einzelne Film theaterbesucher sah in dem Film, je nach seiner Einstellung und seinem Bildungsgrad, etwas Grundverschiedenes. Im durchdachten Tonfilm wird durch Sprache und Geräusch alles so erklärt, wie es der Filmschaffende erklären wollte. Müssen diese Tatsachen als richtig anerkannt werden, so ist leicht der Weg zum Vergleich zwischen Buch und Film gefunden. An Hand der Werke des Schrifttums, die in der letzten Zeit ver filmt wurden, wird man unschwer erkennen, wo Grenzen im Nach- schaffcn des Romans gezogen sind, wo die Unzulänglichkeiten beim Film liegen. Aus der Reihe seien nur einige hcrausgegrisscn. Von Hans Richter wurden verfilmt die Romane: »Das Mädel mit dem Steuerknüppel« und »Der Springer vvn Pontresina«; von Theodor Storni: »Der Schimmel reiter«; nach Ideen von Hermann Löns: »Grün ist die Heide«; von Hans Fallada »Kleiner Mann — was nun?«; von Bernhard Kellermann: »Der Tunnel«; von Menzel: »Flüchtlinge«; von Hans Holm: »Lenox wir belt durch die Welt«; von Gerhart Hauptmann: »Han neles Himmelfahrt« usw. Selbst wenn zugegeben wird, daß bei der filmischen Gestal tung des Inhalts dieser Schriftwerke Konzessionen an die neue Zeit eine Rolle spielten, so wird man verwundert gewesen sein, im Film etwas zu erblicken, was man sich beim Lesen des Romans oder der Novelle völlig anders vorgestcllt hatte. Verfilmung dichterischer Werke: Zunächst ist es außerordentlich schwer, ja viele bedeutende Filmfachlcute halten es sogar für unmöglich, rein psychologische Vorgänge im Film so wiederzugcben, daß sic für den Beschauer verständlich — und fesselnd sind. Und hier setzt gleich einer der schwersten Unterschiede zwischen Schrift und Film ein. Langeweile sollte im Film, der ja als reines Unterhaltungs- Mittel vom Filmbesucher gewertet wird, auf keinen Fall auf- kommen. Autor und Regisseur sind also vor die schwierige Ausgabe gestellt, psychologische Vorgänge im Buch filmisch so zu übertragen, daß sie unmcrklich auf Auge und Ohr des Besuchers cinwirken, daß sie also vom Besucher kaum bemerkt werden. Nur in sehr wenigen Fällen ist das geglückt. Im »S ch i m - melreiter« z. B. ist allein durch die hervorragende Photo graphie ein Antasten an das Wollen Storms gebracht worden. Den schwierigsten psychologischen Vorgängen des Buches ging man im Film geschickt aus dem Wege. Etwas Vollendetes entstand so noch nicht, aber es wurde ein guter Schritt vorwärts getan. Mit großem künstlerischen Empfinden und tiefer Achtung vor dem Schaffen Gerhart Hauptmanns wurde der Film: »Hanne- les Himmelfahrt« gedreht, und doch treten gerade bei die sem Film die Unterschiede zwischen Schrifttum — Bühne — Filni stark vor Augen. Um nur einen Punkt hcrauszugreifen: das tiefe, gläubige, religiöse Gefühl Hanncles ist im Film nicht glaubhaft gemacht worden, die Vollendung des Christus-Wortes aus der Bergpredigt: »Selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen ge tröstet werden« — ist nicht in allen Konsequenzen durchdacht und filmisch wiedergegebcn worden. Die Wiedergabe dieser rein seeli schen Vorgänge Hanncles, die so selten auf der Bühne in höchster Vollendung dargestellt werden, mußte im Film versagen. Oft wird die Behauptung aufgestellt, man könnte die Fabel eines Romans nicht auf das Filmische übertragen, müsse eine neue Fabel ersinnen, um von der Schrift zum Bild zu kommen. Nun, einmal ist es grundfalsch, den Film als rein visuelle An gelegenheit hinzustellen. Der Ton, also das Wort, Geräusche, Musik spielen eine hervorragende Rolle, wie oben schon angedeutct. So ist das Thema »Buch und Film«, wenn es von der rein praktischen Seite, d. h. von der Verwertung des Romans zum Filmmanuskript aus gesehen werden soll, dahin zu beantworten, daß es immer darauf ankommt, in wessen Hände der Roman zur Verfilmung gelangt.
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