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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.05.1939
- Strukturtyp
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- 1939-05-09
- Erscheinungsdatum
- 09.05.1939
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- Deutsch
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würden zum Roulettespiel herabgewürdigt. Nein ... die wahre Sorge um jede künstlerische Leistung ist die Sorgfalt der sozialen Fürsorge, ist nicht zuletzt der kategorische Imperativ der Nation an seine Buchhändler: »Handelt nicht nur mit dem Buch, sondern handelt für das Buch!« Die Reinigung eines Standes von seinen Drohnen muß der Selbstkritik eines sauberen Standesbewußtseins im Sinne des Nationalsozialismus überantwortet sein und bleiben. Verleger und Buchhändler haben mit allem Enthusiasmus und aller Inbrunst mit wirtschaftlichem Vermögen und innerer Kameradschaft gerade den Schwächsten dieser Kaste ihre ganze Hilfskraft zur Seite zu stellen. Trat man als blonder Germane vor der Machtergreifung in einen Buchladen und fragte man als deutscher Schriftsteller bescheiden — und Bescheidenheit war damals eine wohl ange brachte Zier —, weswegen einem in der Auslage und auf dem Ladentisch nur jüdische Autoren, zivilisatorische Literaten, Salonbolschewisten und entartete Künstler vorgelegt wurden, so erhielt inan zur Antwort, daß eben nur Juden gängig wären, daß das deutsche Lesepublikum nur diese Produktion verlange. Es kam der Tag der Wende! Die Juden vor, auf und hinter dem Ladentisch flogen in die Versenkung oder noch weiter: in die Emigration. Der Buchhandel stand also vor dem Ruin ...?? Seltsamerweise irrten sich die Fachleute. Der Umsatz stieg! Im gleichen Augenblick stellte sich aber eine neue Art und Unart ein: In der Auslage und im Schaufenster glänzen zwei neue Fehlbesetzungen, auf die ich nachdrücklichst Hinweise, weil ich in Zukunft diese etwas träge Flucht ins gute Geschäft der Kon vention nicht ohne weiteres länger dulden kann: die sogenannte Novität und die Übersetzung! Zunächst die Novität: Es ist natürlich und selbstverständlich, daß der Buchhändler sich mit Neuerscheinungen eindeckt, aber es ist eine Sünde wider den Geist und Auftrag seines Berufes, wenn er allein von Neuerscheinungen lebt. Ein Buchladen ist keine modische Damenschneiderei, in der man alles auf Zuschnitt nach dem »letzten Schrei« erwartet, er ist auch kein Semmelladen, in dem das Gebäck altbacken wird und an Ansehen und Nährwert verliert. Im Gegenteil, der Buchhändler muß die guten Werke im Gedächtnis behalten und ihnen die Treue halten. Ja, er muß den Mut zum Steckenpferd haben. Und wer einem Kunden, der das Geschäft betritt, zu dem Fahr plan, den er kaufen wollte nicht noch einen Hermann Stehr oder Gerhard Schumann, einen Carossa oder Binding, einen Fon tane oder Keller mit einpackt — der ist eben kein Buchhändler, sondern saft- und kraftloser Ladendiener, denn er bedient nur die, vom selbstsicheren Kunden gegebenen Aufträge, aber er dient weder dessen Entwicklung, Weiterbildung und Geschmacks vertiefung noch der Mission und dem Auftrag seiner Sendung! Gerade der Buchhändler kann nicht gewissenhaft genug zwischen Geschäft und Sendung, zwischen Dienst und Bedienen, zwischen innerem Auftrag und mechanischem Umsatz unter scheiden. Die Novität ist schön und gut, aber sie ist im Grunde immer nur Patrouillenritt, Orientierungsaufgabe. Eine unbedingte Minderheit von speziell Interessierten ist dafür vorhanden. Aus der Unsumme der Novitäten den Nenner heraus zu ziehen für das tägliche Brot, das ist die Schwierigkeit! Ein gutes Buch muß für Autor, Verleger und Buchhändler fünfzig Jahre lang Garant für die Grundlage der Existenz sein und blei ben! Es geht nicht darum für eine Novität zehn, zwanzig Käufer zu haben, sondern in den folgenden Jahren für das gleiche Buch den Käuferradius jährlich zu erweitern, nicht locker zu lassen, keine Ruhe zu geben, immer neue Menschen zu Käu fern zu machen. Wer mir sagt, das geht nicht, der ist kein Nationalsozialist und damit kein Buchhändler unserer Zeit; der soll seinen Laden schleunigst an junge Leute verschenken, die die ser Aufgabe gewachsen sind. Wer mir da sagt: das ist aber sehr, sehr schwer!, dem sage ich: »Richtig! und Schwierigkeiten allein adeln den Beruf und bewahren ihn vor der Verkalkung!« Der Tatsache, daß der Buchhändler der Alterscheinung die Treue halten muß, kann auch der Verleger nicht grob genug das Wort reden. Er muß seine Kataloge daraufhin einmal selbst wieder durchstudieren und ich hoffe, er geniert sich ein wenig, denn nur zu willig hat er durch rote Farbe und fette Type dem äußer lichen Geschäftssinn seiner Geschäftsfreunde Vorschub geleistet, statt mit der Faust auf den Tisch zu schlagen und den unver gänglichen Wert gegen die modische Schwäche auszuspielen. Ich habe mich rein psychologisch in meinen Bekanntenkrei sen, in reinen Laienkreisen um die Methodik ihrer Bucheinkäufe gekümmert und etwa Folgendes erfahren: Der Laie kommt in ein Buchgeschäft. Statt den Mann nun zu führen, wird ihm ein Exemplar aus einem gerade gängigen Posten oder einer Serie aufgedrängt. Er ist unzufrieden. Gibt ihm der Verkäufer ein ihm bekanntes, gutes, klares, bewährtes Buch mit auf den Weg, findet er auch den Weg zurück zu neuem Kauf. Die Novitäten, seien wir ehrlich, sind nur zu leicht Saison geschäfte und es soll Vorkommen — so lächeln die Auguren —, daß im Drang des Geschäftes der Buchhandel mehr das Renommee des Verlags oder den Namen des Autors verkauft als sein eigenes Bekenntnis zum Schlager der Saison. Bei einer Alterscheinung liegt die Sache anders. Da hat sich inzwischen die schöpferische Einheit von Renommee, Namen und Inhalt des Buches selbst her aus gestellt, und wie das Schulbuch zu Ostern oder das Gesangbuch zur Konfirmation, so müssen mehr und mehr bestimmte Bücher öruktelegramm an Neicftsminister Vr. IZoebbels Von der Kundgebung des Deutschen Buchhandels sandte der Präsident der Reichsschrifttumskammer, Staatsrat Hanns Johsi, folgendes Telegramm an den Präsidenten der Reichs kulturkammer, Reichsminisier Dr. Goebbels: „Von der Kundgebung des großdeutschen Buchhandels am heutigen Lage in Leipzig entbiete ich Ihnen, dem starken Förderer allen Kulturschaffens, Gruß und Dank. Der groß- deutsche Buchhandel bringt auch heute seinen Willen und seine Entschlossenheit zum Ausdruck, sich allezeit für das Vaterland und seine Führung mit seiner Arbeit einzusetzen. Hanns Johsi, Leipzig, Sonntag Kantate iyzy" für bestimmte Tage und Anlässe Marksteine des Einsatzes und Umsatzes werden, die durch die Novitäten gar nicht zu ersetzen, bestenfalls höchstens zu vermehren sind!! Liegt bei der Überbewertung der Novität eine Oberflächlich keit vor, so sieht für mich die Angelegenheit der übersetzungs- manie viel fataler aus. Hier liegt nur zu oft und zu leicht eine Flucht vor dem Programm des Nationalsozialismus vor. Eine Drückebergerei im Mantel verbrämter Weltoffenheit. Ich habe mir genügend Wind in aller Herren Ländern um die Nase wehen lassen, um hier ein ernstes Wort äußern zu dürfen. Zunächst sagt das Ausland mit Recht: »Deutschland, ein Barbaren-Dschungel, lebt von der Zivilisation durch unsere Li teraten und Dichter!« Daß sich Verleger im Ausland Konkurrenz geboten haben, sei nur am Rande vermerkt, dergleichen Vorfälle werden sich nicht wiederholen. Daß ganz gewisse Werke gewisser Länder übersetzt werden sollen, darüber ist kein Wort zu verlieren, aber jeder Verleger, der ein Auslandswerk erwirbt, hat darauf zu achten, wie hoch sich das Land, von dem er einen Autor erwirbt, prozentual für das deutsche Buch interessiert. Eine rein ästhetische, indi viduelle Entscheidung ist im Augenblick absolut ungültig, denn auch die kulturellen Beziehungen zwischen den Ländern sind 378
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