Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.05.1939
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1939-05-23
- Erscheinungsdatum
- 23.05.1939
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19390523
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-193905231
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19390523
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1939
- Monat1939-05
- Tag1939-05-23
- Monat1939-05
- Jahr1939
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Wie eine Druckschrift entsteht*) Von Leinz Mänz Im Anfang einer jeden neuen Druckschrift steht der künstlerische Einfall. Von diesem schöpferischen Einfall bis zur fertigen Druckschrift ist es immer ein langer und mühsamer Weg. Alle Schriftkünstler, die Druckschriften geschaffen haben, können ein Lied davon singen. Die Schule, durch die sie alle gehen mußten, war hart und oft recht ent sagungsvoll. Nur allerstrengste künstlerische Disziplin führt im Schristschaffen zu einem Erfolg. Stets müssen die künstlerischen mit den technischen Notwendigkeiten in Übereinstimmung gebracht werden und das ist nicht immer leicht und manchmal auch unmöglich, denn niemals werden die künstlerischen Absichten in den notwendigen tech nischen Belangen ihre restlos befriedigende Erfüllung finden. Stets hat der Gießfachmann ein gewichtiges Wort mitzureden und auf der anderen Seite ist es menschlich allzumenschlich, daß der Künstler oft einen verzweifelten Kampf führt und sich am liebsten kein Jota von seinem Entwurf abhandeln lassen möchte. Wenn der Satz, daß niemand die Grenzen des Erlaubten und Möglichen ungestraft übertreten darf, Gültigkeit hat, dann trifft er vollinhaltlich auf das Schriftschaffen zu. Nirgendswo sind die Geburtswehen schwerer als hier. Der Laie ahnt nicht, wieviel Schwierigkeiten zu überwinden sind. Eine lange Reihe von sehr sorgfältig durchgeführten Vorversuchen, bevor überhaupt einmal ein erster Probegutz ausgeführt wird, bringt langsam Klarheit über die Eignung eines Schriftentwurfs. Vieles wirb bei diesen Vorversuchen verworfen und manches, was schon längst abgetan war, wird wieder neu gewertet. Die Not wendigkeit dieser sehr sorgfältig durchgeführten Vorversuche wird so fort klar, wenn man bedenkt, daß jeder Buchstabe immer andere Nach barbuchstaben hat, und deshalb versucht man auch durch das Zusam menstellen von allen nur möglichen und denkbaren Wortbildern Klarheit über die Brauchbarkeit und Wirkung eines Schriftentwurfes zu bekommen. Leserlichkeit, Ausgeglichenheit, keine Zusammendrän- gung von Grundstrichen, keine Hellen Flecken zwischen den Buchstaben, Zeilenrhythmus und vieles andere mehr, alles bas steht zur Debatte und wird sehr genau geprüft. Soweit die künstlerischen und technischen Voraussetzungen. Aber auch kaufmännische Erwägungen spielen eine recht erhebliche Rolle. Deutsche Schriften werden in fast allen Ländern der Welt gebraucht und die Schöpfungen unserer Schriftgießereien genießen überall den Ruf, von künstlerischem Wert zu sein. Das ist auch eine Erklärung dafür, daß über SO"/« der Erzeugung unserer Schriftgießereien in bas Ausland geht. Aber wie wird das Ausland eine neue Schrift auf nehmen? Ist für eine neue Schrift auch wirklicher Bedarf vorhanden? Viele Sach- und Fachkundige werden da vorher um ihre Meinung gefragt. Bis endlich dann nach vielem Hin und Her, nach manchen technisch und künstlerisch bedingten Änderungen und Verbesserungen die Vorentscheidung getroffen wirb, einen Probeguß anzufertigen. Mit diesem Probeguß werden dann weitere Versuche gemacht, bis dann endlich die letzte Entscheidung darüber fällt, ob der Schrift entwurf ausgefllhrt werden soll oder nicht. Nach dem photographisch vergrößerten oder auch verkleinerten Originalentwurf des Künstlers, in dem jeder Buchstabe in einer Größe von etwa 3 em gezeichnet ist, werden die notwendigen Guß- formen der Buchstaben, die sogenannten Matrizen, hergestcllt. Bei dem ältesten Verfahren, das heute nur noch sehr wenig geübt wird, wird die Matrize durch das Einprägen eines Stahlstempels in ein weicheres Metallblöckchen hergestellt. Dieses Verfahren ist außer ordentlich mühsam und erfordert außerdem sehr geschickte Hände. Auf das hochpolierte Kopfende eines 4—9 cm langen vierkantigen Stahl stäbchens wird der Entwurf des betreffenden Buchstabens photo graphisch übertragen. Der Stempelschneiber arbeitet nun mit Stichel und Feile den Buchstaben erhaben heraus. Es liegt auf der Hand, baß es bei dieser Arbeit auf eine außerordentliche Genauigkeit ankommt. Mit allergrößter Feinheit muh er die lebendigen Schwünge und die sprechenden Konturen des Buchstabens herausarbciten. Die Arbeit des Stempelschneiders ist die Arbeit eines Künstlers und beim Schnitt einer neuen Schrift ist das Gewicht vollständig verlegt vom Kll'nstler auf den Handwerker. Es gibt daher auch kaum einen Berufszwetg, in welchem der verläßliche und jahrelang geschulte Facharbeiter so viel gilt wie im Schriftgießergewcrbe. Das Schneiden eines Stempels mit der Hand ist nicht nur recht mühsam, sondern auch kostspielig. Selbst ein sehr geübter Stempel- *) Mit freundlicher Erlaubnis der Zeitschrift »Volk und Schrift«, S. Jahrg., Heft 3 (Verlag F. Soennecken, Bonn) entnommen. Etwas gekürzt. schneiber wird es pro Tag auf kaum mehr als ein Stück bringen. Immer wieder mutz der Stempelschneider sogenannte Rußabdrücke machen, die dem Künstler zur Korrektur vorgelegt werden, die aber auch dazu dienen, daß er selbst seine Schneidearbeit kontrollieren und Korrektur vornehmen kann. Ist der Buchstabe vollkommen aus dem Stahlstäbchen heraus gearbeitet, dann wird der fertige Stempel im Feuer gehärtet. Durch Einprägen in ein weicheres Metall (Kupfer oder Eisen) wird mit Hilfe einer Hebelpresse dann die Gußform oder Matrize hergestellt. Weitaus mehr als diese hier kurz geschilderte, sehr mühsame Technik des Stempelschneidens wird der sogenannte »Zeugschnitt« an gewandt. »Zeug« heißt in der Schriftgießerei — und in der Buch druckersprache — eine Legierung aus Blei, Antimon und Zinn. Dieses Schriftmetall, aus dem auch alle unsere Druckbuchstaben gegossen sind, ist bedeutend weicher als Stahl und daher auch viel leichter zu be arbeiten. Auf die polierte Oberfläche eines Zeugklötzchens wird die Zeichnung des Buchstabens nach vorhergehender photographischer Übertragung vorgerissen und dann vom Stempelschneider geschnitten. Das ist im wesentlichen also das gleiche Verfahren wie beim Stahl stempelschnitt. Nur wird von diesem »Zeugoriginal« die Matrize oder Gußform nicht durch Eindruck hergestellt, denn dazu ist das Schrift material viel zu weich, sondern auf galvanischem Wege. Die vom Stempelschneider in das Schriftmetall geschnittenen Buchstaben werden auf einen Messingstreifen aufgelötet und mit einer Isolierschicht ver sehen, die nur allein das Buchstabenbild freiläßt. Dann werden diese Messingstreifen mit den aufgelöteten Zeugklötzchen in ein galvanisches Nickelbad gehängt, wo nach einiger Zeit auf die Buchstabenformen eine Nickelschicht sich niederschlägt. Hat dieser galvanische Nickelniederschlag eine bestimmte Stärke erreicht, wird er von der Buchstabenform ab gelöst. Der abgelöste Niederschlag zeigt dann genau wie die einge preßte Matrize bei dem zuerst beschriebenen Verfahren das vertiefte Buchstabenbild und wird auch, nachdem er noch mit Zink hintergossen worden ist, wie eine geprägte Matrize weiterbearbeitet. Das dritte und heute hauptsächlich geübte Verfahren zur Her stellung der Buchstabengußformen ist das Ausbohren der Matrize auf einer Matrizenbohrmaschine, die nach dem bekannten Storchschnabel system arbeitet. Hierbei ist weder ein Stahl- noch ein Schriftmetall stempel notwendig. Die Konturen des betreffenden Buchstabens werden vergrößert photographisch auf ein starkes Messingblech übertragen und dann mit der Hand eingegtaben. Mit einem Führungsstift werben die Innenflächen des Buchstabenbildes nachgefahren. Nach dem Storch schnabelsystem wird dabei gleichzeitig durch einen scharf geschliffenen Bohrer, der über 6000 Umdrehungen in der Minute macht, in einem entsprechenden Block aus Kupfer oder Messing dann der Buchstabe in der gewünschten Größe ausgebohrt. Von anderen Spezialarbeitern werden die durch eines der drei hier beschriebenen Verfahren hergestellten Matrizen in geeigneter Weise nachgearbeitet oder, wie der Fachausdruck hierfür heißt, justiert. Die gleiche Höhe der Buchstaben, der richtige Abstand der Buchstaben im einzelnen Wort, die Bearbeitung der Seitenflächen, die richtige Tiefe der Gußformen, alles das ist die verantwortungsvolle Arbeit eines Justierers. Von der Sorgfalt seiner Arbeit hängt es nicht zuletzt ab, ob der Guß gelingt. Vor allem ist die Zurichtung der Schriftweite von großer Wichtigkeit, die nicht durch exakte Meßinstrumente geprüft werden kann, sondern gefühlsmäßig vorgenommen werden muß. Eine Arbeit, die ein ganz besonderes Feingefühl erfordert, weil von ihr die Ausgeglichenheit, die Leserlichkeit und damit auch die Schönheit eines Schriftbildes später abhängen. Im Prinzip ist die Arbeit der Zurichtung der Schriftweite derselbe Vorgang wie in der Setzerei das Ausgleichen des Satzes. Vierhundert Jahre lang, von Gutenberg an bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts, diente das von Gutenberg konstruierte Handgießinstrnment in fast unveränderter Form allein zum Guß der Lettern. Zur Herstellung von Probegllssen wird es sogar heute noch vielfach benutzt. Dieses Handgießinstrument ist ein recht einfaches Werkzeug. Ein viereckiger Hohlraum wird ans einer Seite durch die Buchstabcnmatrize abgeschlossen. Das ganze Gießwerkzeug ist mit Holz umkleidet. Durch einen Eingußkanal wird das flüssige Schrift metall eingegossen, das dann den Hohlraum und die Matrize füllt. Das Schriftmetall, das sofort erstarrt, bildet nach dem Offnen des Werk zeuges ein vierkantiges Stäbchen, auf dessen einem Ende der Buch stabe erhaben, gewissermaßen als Auge aufsitzt. Der Buchdrucker Nr. 117 Dienstag, den W. Mai 198» 433
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder