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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.06.1876
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1876-06-12
- Erscheinungsdatum
- 12.06.1876
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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würdig fortwirken, erhielt seine ersten wissenschaftlichen Anregun gen in der einstmals so rühmlich bekannten Erziehungsanstalt zu Wackerbarthsruhe unter dem trefflichen Director vr. Karl Lang. Mit einem ausgezeichneten Zeugniß über seinen Fleiß, seine Kennt nisse und sein sittliches Verhalten während der fast zwei Jahre des dortigen Aufenthaltes verließ Heinrich Brockhaus, kaum fünfzehn Jahre alt, die ihm lieb gewordene Anstalt, wo er bereits den Grund zu manchen Beziehungen gelegt hatte, die ihm für das ganze Leben Werth und theuer waren. Nach seinem Abgang von Wackerbarthsruhe trat Heinrich !zu- nächst als Lehrling in die Buchhandlung seines Vaters ein, wo er sich rasch die nöthigen buchhändlerischen Kenntnisse auzueignen wußte und dabei unablässig bemüht war, durch Selbststudium seine allgemeine Bildung zu fördern. Nach wenig Jahren schon wurde er trotz seines jugendlichen Alters dem Vater eine wirkliche Stütze. Seinem eigenen dringenden Wunsche entsprechend, sollte er dann einige Zeit noch auswärts, zunächst in Paris, sich weiter noch ausbildcn, doch wurde dieser Plan durch mancherlei Umstände ver eitelt. Dagegen verwirklichte der Vater im August 1819 den von ihm lange gehegten Plan, nach Paris zu reisen. Nur einmal, noch vor seiner Etablirung als Kaufmann, war er dort gewesen (1795), hatte seitdem aber mehrmals, besonders so lange er noch in Amster dam lebte, die Absicht gehabt, die Hauptstadt Frankreichs, nach der es ihn sehr zog, wieder zu sehen. Kurz vor seiner Abreise ertheilte Brockhaus seinem langjähri gen bewährten Gehilfen Karl Ferdinand Bochmann geschäft liche Procura, zunächst nur aus Anlaß und für die Dauer der be absichtigten längeren Abwesenheit. Dieselbe blieb indeß auch nach seiner Rückkehr in Kraft, und Bochmann ist dann, wenn auch unter wesentlich veränderten Verhältnissen, bis zu seinem am 12. Februar 1852 erfolgten Tode Procurist der Firma F. A. Brockhaus ge blieben. Ehe wir uns nun der Verlagsthätigkeit, dem wichtigsten und inhaltsreichsten Abschnitt aus dem Leben Brockhaus' zuwenden, sei es uns gestattet, noch einen Blick auf ein Freundschaftsverhältniß zu werfen, das von großer Bedeutung auf Brockhaus' inneres und äußeres Leben gewesen ist. Wir meinen die Beziehungen zu Fried rich Christian August Hasse. Welch warmen Antheil Hasse au Brockhaus nahni, geht aus dem Briefwechsel hervor, in welchem sich die beiden Freunde ihr Innerstes ausschütten und die geschäftlichem wie häuslichen Freu den und Leiden mittheilen. Es ist zwar nicht unmittelbar den Zwecken dieser Blätter ent sprechend, allein so kennzeichnend für die Stimmung, in welcher sich Brockhaus befand, und die gewiß auch auf seine geschäftliche Thätig- keit zurückwirkte, wenn er an den Freund schreibt: „Ich werde also diesen Winter hier mit Augusten Haushalten. Das ist und gibt nun ein zerstückeltes Wesen und Treiben, allein es kann nicht helfen, der Mensch muß sich im Leben lange abmüheu, bis er ganz ins rechte Geleise kommt! »Und wenn vorüber ist die Noth, dann — kommt der — Tod!« So wird's auch mir gehen. Mein Leben ist im Ganzen mit vielen Sorgen, Kummer, Mühuu- gen, Jrrthümern, Fehlern, großen und kleinen Dingen durchwebt gewesen. Rein froh bin ich desselben erst seit einigen Jahren ge worden, aber darüber auch 45 Jahre fast. Nun ist aber erst das Innere des Lebens geordnet. Noch nicht die äußere Anordnung. Dazu bedarf ich eines Eigenthums und großer Räume. Ich war hier vor 14 Tagen deshalb im Handel um ein bedeutendes Grund stück. Allein wir konnten uns nicht einigen. Jetzt bin ich deshalb wie zerrissen. In Altenburg habe ich noch Haushaltung und ein paar Leute, ein großes Local und noch drei Niederlagen; hier habe ich ein Wohnungslocal für mich, ein Local für meine neue Druckerei, fünf Locale für Niederlagen, sechs für meine Gehilfen, eins für Pferde und Wagen u. s. w. Es ist kaum zu übersehen, und das Zu sammenhalten und Jneinandergreifen ist unendlich schwer und schwierig. Darum suche und strebe ich nach einer Einheit in einem einzigen großen Grundstück." Hasse antwortete darauf, auf den Jdeengang des Freundes eingehend, in herzlichster Weise: „Was Sie mir über Ihre häusliche Lage, Sorge» und Besorg nisse schreiben, berührt mich innig. Wie zart fühlen Sie, und wie vieles muß Sie bekümmern! Gott wende alles und füge es zu Ihrer Zufriedenheit! Ich begreife es ganz, daß Sie in Leipzig bleiben und nach einem Eigenthum streben müssen, das alle Ihre häuslichen und bürgerlichen Freuden und Arbeiten vereinigt. Wie groß und verwickelt ist nicht Ihr Geschäft! Ich erschrecke vor dem Umfange desselben und bewundere Ihren klaren und thätigen Geist, der dies alles ordnet und zusammenhält. Gott erhalte Sie gesund und stark! Er segne Sie in Ihrem Hause und in den Ihrigen allen! Er bereite Ihnen späte Freuden für Ihr Alter! Die Ernte wird groß und beglückend sein. Sie sind ein tüchtiger Säemann und ein wackerer Schnitter! Ihre Kinder werden Ihnen Freude machen. Ich nehme den herzlichsten Antheil an dem Etablissement, das Sie Ihrem Herrn Sohne, dem Buchdrucker, geben. Glauben Sie mir, daß es zu meinem Glücke wesentlich gehört, wenn Sie in Ihrem reichen Dasein mit Herz und Geist glücklich sind. Sie sind ein sel tener Mensch. Sie haben sich ritterlich durch das Leben gekämpft. Darum werde Ihnen ein heiterer sonniger Nachmittag und ein ita- licnischerHimmel, wenn die Sonne spät, spät zu neigen beginnt!..." Wir haben bisher so vorzugsweise die geschäftliche Seite im Leben Brockhaus' ins Auge gefaßt, daß, um den ganzen Menschen kennen zu lernen, es wohl auch hier gerechtfertigt ist, diesen Blick auf das seelische Leben desselben und die gemüthliche Seite des Mannes zu werfen. Hasse war aber nicht nur Freund des Hauses, sondern auch ein überaus thätiger Mitarbeiter im Geschäfte. So verfaßte derselbe zahlreiche Beiträge zu den bei Brockhaus erscheinenden Zeitschriften und cncyklopädischen Werken, besonders zum „Conversations-Lexi- kon", bei dessen Redaction er seinen Freund durch seine reichen Kennt nisse und Erfahrungen vielfach unterstützte und die er nach dessen Tode für zwei Auflagen — die sechste und siebente — ganz über nahm. Ebenso war Hasse einer der eifrigsten und besten Mitarbeiter an den „Deutschen Blättern", trat aber bald in noch nähere litera rische Verbindung mit Brockhaus, besonders seitdem beide Männer im Januar 1815 in Dresden sich persönlich kennen gelernt hatten. Außer für die „Deutschen Blätter", das „Conversations-Lexi- kou", wie später die „Zeitgenossen" wußte Brockhaus das Geschick und die Bereitwilligkeit seines neuen literarischen Freundes noch viel fach in Anspruch zu nehmen, so für Umarbeitung von Manuscripten, Abfassung von Vorreden und Prospecten, Vermittelung mit anderen Dresdner Schriftstellern, z. B. mit Fouchö über dessen zwei Bro schüren, die Hasse übersetzte und mit Vorreden begleitete u. s. w. Hauptsächlich war Hasse aber damals für Brockhaus mit der Rcdactiou eines encyklopädischen Werkes beschäftigt, das unter dem Titcl: „Deutsche Taschen-Encyklopädie oder Handbibliothek des Wiffcnswürdigsten in Hinsicht auf Natur und Kunst, Staat und Kirche, Wissenschaft und Sitte" in den Jahren 1816, 1818 und 1820 erschien. Die Freundschaft zwischen beiden Männern wurde nie er schüttert; die vielfachen geschäftlichen Beziehungen, in denen sie miteinander standen, brachten darin keine Aenderung her vor, was sonst in dem Verkehr zwischen Schriftstellern und
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