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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.10.1928
- Strukturtyp
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- 1928-10-06
- Erscheinungsdatum
- 06.10.1928
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- Deutsch
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^ 234, 6. Oktober 1928. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f.d Dtschn.Buchhandel. menter mit der Firmenkunde zu verbinden habe und zum zwei ten eine umfassendere Aufgabe aus dem Gebiete der Käufer- resp. der Marktkunde. »Zwischen diesen beiden Polen muß sich daher alles bewegen, was wir weiter zu besprechen haben, ins besondere das, was Sie nachher in der Ausschöpfung der heutigen Arbeit weiter zu verfolgen haben.« Auf seine methodischen Ausführungen, die er als Vorbe merkung vorausschickte, komme ich am Ende des Berichtes noch zu sprechen. An Hand von sechs zunächst scheinbar etwas willkürlich ge wählten Materialunterlagen wollte er die Entstehung von Anschau ungen, Vonüberzeugungen, von Schlußfolgerungen vorführen. Aus dem Vortrag von Timerding-Braunschweig, der auf der letzten Herbsttagung in Potsdam gehalten wurde, zeigte er die Kultur krise der Gegenwart, die Krise unserer Wissenschaft, und vor allem die Krise unserer Philosophie und Weltanschauung. Und er stellte den Welträtseln von Haeckel den Standpunkt des alten Du Bois gegenüber, der sich zusammenfasscn läßt in das Jgnora- bimus: »Wir werden es nicht wissen.« Zwei Welten, zwei Schichten von Käufern, die von Grund aus verschieden zu allem Geschehen stehen, ja stehen müssen. Aus der Mitteilung, daß im letzten Sommersemester an allen deutschen Hochschulen über hunderttausend Studierende eingetragen waren, fragte er, wie es möglich sein wird, diese als Führerschicht ausgebildeten jungen Deutschen ohne Verbitterung und ohne Enttäuschung in die Stellen unterzubringen, die ihrer Vorbildung gemäß sind. Die Schlüsse führten in das Gebiet der Soziologie. Im Hinter grund erschien das Problem der Schule, des Bildungsweges. Die Benutzerzahl von 100 Volksbibliotheken Berlins und 45 Lese hallen sowie die Zahlen der Stadtbibliothek aus dem Jahre 1926 mit ihren etwa 2 Millionen ausgeliehenen Bänden veranlaßten ihn, zu untersuchen, welche Literatur vornehmlich gelesen wurde und welche Leser hierfür in Frage kommen. Gerade dieses Bei spiel gab Gelegenheit, darauf hinzuweisen, welche Fehlerquellen in derartigen statistischen Berichten vorhanden sein können. Die Wertung jeder einzelnen Quelle für die Nutzanwendung, die Auswirkung wurde eingehend erörtert. Die kleine Streitschrift von Jhering über den Volksbühnen-Verrat wurde herangezogen, um anknüpfend an ein Wort der Besprechung aus der Frank furter Zeitung, in der es heißt: »Eine Bewegung, die mit dem Aufstieg einer Schicht begann, versickert im Moment, wo sie eine Macht wird«, auf die Wandelbarkeit der Zeiterscheinung, auf die Verschiebung der Kraftfelder hinzuweisen. Er knüpfte daran die seiner Überzeugung nach zu Unrecht erhobenen Vor würfe, die Menschen daraus gemacht werden, daß sie sich mit der Zeit wandeln, daß sie bereit sind, umzulernen gemäß der fortschreitenden Entwicklung. Als fünftes Beispiel erwähnte er die neue Romanreihe von S. Fischer, »Romane -er Wirklich keit«. Hier läßt der Verleger nicht mehr den reinen Künstler der Form auftreten, sondern er läßt, vulgär ausgesprochen, Naturburschen frisch und frei ihre Erlebnisse vortragen ohne Rücksicht auf eine besondere beabsichtigte künstlerische Gestaltung. Also nicht mehr nach den Regeln der Ästhetik wird hier Kunst aufgebaut, sondern der Aufbau wird durch den stofflichen In halt gegeben. Dieser soll packen und überzeugen. Indem der Redner auf ähnliche Erörterungen in England einging, folgerte er daraus den Wandel einer gewissen Leserschicht, den er als Zeiterscheinung verbuchte, ohne in den Fehler der Wertigkeit einzutreten. Endlich erwähnte er an Hand einer Besprechung das Werk von Felix Berteaux »über die deutsche Literatur der Gegenwart«, der glaubt, feststellen zu können, daß eine Revo lution unserer Literatur nicht stattgefunden hat, vielmehr eine Evolution, eine Fortentwicklung, und daß diese Fortentwicklung logischerweife zu einer »Reprise«, zu einer Wiederaufnahme, zu einer Rückkehr zu älteren Erscheinungen, zu einer Wieder anknüpfung an frühere Zustände führen müsse. Wenn der Redner nun die Feststellungen aus diesen sechs Beispielen zusammenfaßte und aus dem Tohuwabohu der Gegen wart Orientierungsmöglichkeiten für den Buchhändler abzulesen versuchte, so konnte er sich nicht auf die Warenkunde beschränken, sondern er mußte Marktkunde, Känferpsychologie und Käufer kunde mit erörtern. Er leugnete nicht, daß in der Übergangs zeit, in der wir stehen, die bunte Fülle großer Gegensätzlichkeit unter den Käufern, unter den Lesern, durch ihre Naturanlagen und durch den Bildungsgang des Einzelnen hervorgerufen sei. Auch er machte gleich Professor Zeitler den Versuch einer Typo logie, wobei gemäß seiner Einstellung das Wirtschaftliche eine besonders entscheidende Rolle spielte. Ausgehend von der wirt schaftlichen Entwicklung des 19. Jahrhunderts erörterte er an Hand des Übergangs vom Organischen zum Anorga nischen, der sich allerseits durchgesetzt hat, die Umstellung, die sich im Volksganzen stündlich vollzieht, indem der eine noch in einer anderen Epoche als sein Nachbar lebt, anders gebunden ist, anderen Voraussetzungen nachgeht und so zu anderen Wertungen gelangt. Wenn Berteaux von einer Reprise sprach, so kann man hoffen, daß die Rückkehr unseres Zeitalters, geistig betrachtet, anknüpfen würde an den Tod Goethes, des letzten Menschen, der es verstand, das Bildungsideal der Antike mit modernem Naturgeschehen in sich zu vereinen. Seiner Schluß folgerung an den Buchhändler kann nur weiteste Zustimmung und Anerkennung über unsere Kreise hinaus gewünscht werden: »Mit der Tatsache, geistige Strömungen zu erkennen, verbindet der Buchhändler die Pflicht und die Aufgabe, geistige Strö mungen zu versöhnen.« Horst Kliemann, der bereits am ersten Kursus aktiv mit gearbeitet hatte, fand nach diesem Auflockerungstag den Boden gut bearbeitet, um mit der praktischen Auswertung einzufetzen. Sein Thema »Organisation der Werbung« war ja an Hand von zwei Musterbeispielen bereits von der Seite des Verlegers her am Montag erörtert worden. So konnte er in seinen ein leitenden Worten sich darauf beschränken, eine Einteilung zu suchen, die dem Sortimenter die Möglichkeit gab, aus der Fülle der Buchproduktion sofort zu erkennen, in welche Buchgruppe das Angekündigte, das Neuerschienene, einzugliedern sei. Wenn er sagte »Organisation muß für uns heißen: Sinnvolle Ordnung schaffen, Kompliziertes für die praktische Arbeit vereinfachen, immer wiedcrkehrende Arbeiten und Überlegungen in der ge fundenen besten Form festzuhalten, dadurch Zeit und Arbeits kraft sparen, denn das Sprichwort vom zu ehrenden Pfennig ist vielleicht das leitende Axiom buchhändlerischer Betriebslehre«, so wird der Buchhändler, dessen Lehrjahre noch vor 1914 lagen, ihm begeistert zustimmen. Kliemann unterscheidet fünf Typen von Büchern: 1. Bücher, für die der Sortimenter eigentlich nur die Aus lieferung übernimmt, da sie sich von Mund zu Mund empfehlen (z. B. Neumann, »Der Teufel«). 2. Bücher, die sich an ein ganz undefinierbares Publikum wenden (Schriften über aktuelle Ereignisse, Nordpol fahrten, Raketenfahrten usw.). 3. Bücher, die typenhaft auf die Empfehlung des Sortimen ters hin verkauft werden (Reiseliteratur, Geschenkbücher, praktische Taschenbücher, Bibeln, Opernführer usw.). 4. Bücher, um derentwillen die Psychologische Käuferlehre hauptsächlich geschaffen wurde (Romane, deren Inhalt der Sortimenter kennen muß, um sie dem richtigen Kunden empfehlen zu können). 5. Das wissenschaftliche Buch. Hier sei das Hauptfeld der Organisation, hier ist Kartei Trumpf, hier ist Werbung reine Nachrichtengebung. An Hand eines Beispiels wies er gerade für diese letzte Gruppe nach, welche neuen Absatzwege bei sinnvoller Gestaltung einer Kundenkartei sich der Sortimenter verschaffen kann, indem er die wissenschaftliche Literatur in sein Absatzgebiet hineinnimmt. Allerdings verträgt gerade diese Literatur nur geringe Werbe ausgaben. Und deshalb war es lehrhaft, wie er nachwies, daß hier die Organisation der Werbung die Vorstufe für den wirt schaftlichen Erfolg sei. Und nun wurde an Hand einer gemein samen Börsenblatt-Lektüre das Prinzipielle der Ausführungen praktisch erörtert und des weiteren festgestellt, worauf der eine oder andere Mißerfolg zurückzuführen sei. Die Teilnehmer brachten ihre Nöte und Einzelwünsche zur Sprache, und an Hand des Einzelbeispiels konnte nachgewiesen werden, wo die Feh lerquellen vermutlich zu suchen seien. An zwei besonders gewähl- 1099
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