Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.01.1926
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- 1926-01-23
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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>e 19, 23. Januar 1926. Rrdaltioneller Teil. unglaublich viel Leerlauf vorhanden ist; und er würde sich die Form geben, oder vorsichtiger ausgedrückt, er würde die Form suchen, um diesen Leerlauf zu vermeiden. In der Neujahrsbe trachtung ist von dem Hauptschriftleitcr des Börsenblattes, Herrn Professor Menz, sacht angedcutet worden, daß auch er hofft, daß das schwierige Jahr 1926 den Weg zu neuen Formen frei machen möge. Gerade diejenigen, die sich mit der Propaganda eingehend beschäftigen, haben die Pflicht, die Allgemeinheit darauf hinzu weisen, daß sie nicht von ihr das fertige Rezept erwarten dürfen; ein Allheilmittel ist auch die beste Propaganda nicht. Ein tüch tiger Propagandamann stellt bei Aufstellung seines Werbeplanes leine zu hohe Ersolgsrechnung auf; denn er macht leine Propa ganda, damit die Mühle klappert. Die Notwendigkeit schärfster und neuschöpserischcr Propaganda wird gerade dadurch auss beste illustriert, daß sie nur möglich ist, wenn der gesamte Betrieb auf der Höhe ist; deshalb mag es im Hinblick auf den I. Verlags- propagandisten-Kurs der Buchhändler-Lehranstalt angemessen sein, auch auf die natürlichen Grenzen, auch der besten Propaganda, hinzuweisen. Wer von Anfang an die Grenzen sieht, der wird sich bemühen, innerhalb der Grenzen dasür das Möglichste zu er reichen! Neue Literatur auf dem Gebiete des Werbewesens. Der Buchhandel, der eigentlich erst in den letzten Jahren der Not darauf gekommen ist, dem Werbeproblem stärkeres Augenmerk zuzuwenden, wird sich gern jeglicher Literatur dieses Gebietes be dienen, wenn er aus ihr lernen und das Gelernte für seine eigene Arbeit nutzbar machen kann, um so mehr, als der Charakter seiner Ware als Jndividualware flir die Werbung viel größere Schwierig keiten bietet als die Gebrauchsware im übrigen Handel. Man kann diese Literatur heute in zwei Klassen scheiden, eine, die auf rein wissenschaftlichem Boden steht und sich die neuzeitlichen Errungen schaften der Psychologie zunutze macht, und eine andere, die sich ledig lich auf Erfahrungstatsachen stützt und aus ihnen gewisse Faustregeln ableitct, die sich meist psychologisch begründen lassen. Zu der letzteren Art gehört ein Werk, das ich, weil es sich an das Buchgewerbe wendet, an die erste Stelle dieser Betrachtung setzen möchte. Sein Verfasser, Alfred B o h u a g e u, ist Angehöriger unseres Berufs, und der Titel des Buches lautet: »Propaganda. Ein Buch zu allen Zeiten und Gelegenheiten für Buchhändler und fachvcrwandte Berufe« (8°, 48 S., Leipzig 1925. Elster-Verlag, Ladenpreis geheftet Mk. 2.—). Es würde den Nahmen dieser Darlegungen weit überschreiten, wollte ich diese Schrift, die au vielen Stellen zum Widerspruch herausfordert, auf alle Einzelheiten hin nachprüfen. Sie besteht aus einer Kette ancin- andergereihtcr Essays mit den Überschriften: Das Wesen der Propa ganda — Der Propagandist — Beispiele bisheriger Propaganda — Wie macht man Heuer Propaganda? — Öffentliche Werbestellen — Ekstatische Tee- und Vortragsabende — Buchgemeinschaften — Das Schlagwort — Wie ich Propaganda mache — Die Kartothek — Die Anzeige — Der Prospekt — Der Besteller — Briesverkehr — Spezialisierung — Palliative oder Reformen? — Man darf sich durch diese Überschriften nicht täuschen lassen, denn wenn man diese meist kurzen Kapitel nachlicst, so ist man erstaunt, wie gering die geistige Ausbeute ausfällt. Der Verfasser hat sich die Sache sehr leicht gemacht. Nirgends dringt er tiefer in die Materie ein, und überall bemüht er sich, diesen Mangel der Darstellung mit der Wiedergabe von allerhand Anekdoten zu verdecken. Seine Kenntnis der Zusammenhänge im Buch handel und der buchhändlerischen Werbung erscheint als ziemlich ober flächlich und dementsprechend sein Urteil, auch wenn sich hier und da treffende Bemerkungen finden, wie z. B. über die Buchgemeinschaften: »Buchgemeinschaftcn sind Abzahlungsgeschäfte, die der Reihe nach ihren ganzen Kundenkreis verklagen müssen, weil an einer Fessel niemand lange Freude empfinden wird«. Es wirkt überheblich, wenn man unter solchen Umständen einem Bcrufsstande geistige Inferiorität auf dem Gebiete des Werbcwcsens vorwirft, ohne in der Lage zu sein, andere brauchbare Vorschläge zu machen. Sicherlich leiden wir im Buchhandel an einer gewissen Überorganisation im Wcrbewesen, aber lediglich durch die Feststellung der Tatsache, daß sie besteht, können wir sie nicht beseitigen. Daneben finden sich Unrichtigkeiten. Es wird ein Vergleich mit der deutschen Landwirtschaft gezogen. So wie diese ihre großen Wanderausstellungen habe, müsse der Buchhandel mit seiner Kantateveranstaltung von Stadt zu Stadt ziehen, um den Buchabsatz 100 zu fördern. Es heißt doch das Wesen der Kantatevcranstaltung gröblich verkennen, wenn man von ihr eine solche Werbewtrkung tn anderen Städten erwartet, ganz zu schweigen davon, Laß der Vergleich zweier so grundverschiedener Bcrufsstände von Anfang an bedenklich hinkt. Schließlich versteigt sich der Verfasser zu einer Schlußfolgerung, die ein wenig komisch wirkt und unbeabsichtigt das Gegenteil aussprtcht von dem, was er meint. Es heißt da: »Das, was ich hier angeregt habe, müßte die machtvolle Entfaltung öffentlicher Vcrcinstätigkeit werden mit einem Fach- und Handelsblatte eines Vereins, der mit der gesamten graphi schen Industrie und noch weit darüber hinaus eine Ehe eingeht, i n der es donnern und blitzen darf....« In das andere Extrem verfällt der Verfasser einer Schrift unter dem Titel: »Ferrols Erfolgssaktoren für jede Reklame. Praktische Hilfen zum sofortigen Nichtigstellcn. Verfasser: D. E. G. Ferrol.« s8°, 70 S. Verlag M. Braun, Gotha. Ladenpreis geheftet Mk. 2.50). Wie Bohnagen munter auf der Oberfläche der Dinge plät schert, verliert sich Ferrol in den Tiefen der psychologischen Wissen schaft und gefällt sich wie Weidenmüllcr (wenn auch nicht ganz so schlimm) in einem oft aufdringlich anmutenden Gelehrtenton, der jedem .Kaufmann, der doch diese Schrift lesen soll, empfindlich auf die Nerven fallen muß. Auch hier ist die Essay-Form gewählt. Die Titel lauten: Vorn Gedanken — Konzentration — Sinngemäß — Anpassung — Information — Fordern — Bitten — Verstärkter Anreiz — Wieder holung — Sparen — Ausgaben — Disposition — Realisation — Um gebung — Der »anziehende Punkt« — Gcdächtniswirkung — Die dre. Grundtricbe — Triebliche Wirkungen — Sympathie — Distanz — Harmonie — Beziehungen — Analogie — Kontrast. Hier kann wenig stens derjenige, der Zeit und Geduld hat, diese Ausführungen utchi einmal, sondern zwei- oder dreimal gründlich zu durchdenken, prak tischen Nutzen haben, wennschon auch manche Behauptungen zum Wider spruch reizen. Die ganze äußere Aufmachung trägt übrigens einen gewissen aufdringlichen Neklamecharakter, weniger durch die Farben gebung und sonstige Ausstattung, als durch eine Bepflasterung ml: Ncklametexten an Stellen, wo diese nicht hingehören. So finden wir hinter dem Titelblatt, zwischen dieses und das Vorwort eingeschoben, folgenden Plakattext: »Dieses Buch erfordert Mut, Mut und Entschlossenheit. Gegner lvahrer Ökonomie sind zu überwinden. Feinde klug geleiteter Ener gien müssen niedergekämpft werden. Teuflische Erfolgsminderer haben einen Teil der Saat verrinnen lassen, bevor die Aussaar stattfand. Schließen Sie den unersättlichen Nachen psychologisch un richtiger Reklame! Untersuchen Sie die bisherigen falschen Metho den! Prüfen Sie mit Ferrols Erfolgsfaktoren! Machtvoll gebiert Ihre neue, an Funktionsmitteln reiche Reklame siegreiche Beeinflussungen der Massen!« Dicker kann man wahrhaftig nicht die Butter des Eigenlobes aufs Brot schmieren. Immerhin erfordern diese Sätze nicht das tiefere Nachdenken wie z. B. einer, den ich aus dem Text herausgreifc: »Zur erleichterten Anwendung von Weltengesetzen bedient man sich sog. Erfolgsprinzipien, die teils für verschiedene Wissenschaften die gleichen sind, teils besitzt die eine und andere Kunst vorwiegend wieder andere Prinzipien, je nach dem Zweck, der ihrem Walten zugrunde liegt«. Neben dem Hauptwerke über Reklame von Mataja habe ich eins der neueren Spezialwerke nicht nur wegen der Gründlichkeit in der Behandlung des Themas, sondern auch wegen seiner ange nehmen und verständlichen Form der Darstellung schätzen gelernt. Es ist das auf seinem Gebiete als klassisch zu bezeich nende Buch des Wiener Dozenten CH. v. Hartungen, »Psychologie der Reklame«. Was die Männer der strengen Wissenschaft bei einem für die Kaufmannswelt bestimmten Buche für selbstverständlich halten, sollte von einem Neklamefachmann nicht ins Gegenteil verkehrt werden. Sonst muß seine Schrift sich gefallen lassen, von der Kritik hinter jene einfachen, auf Erfahrungen beruhenden Darstellungen gestellt zu wer den, die lediglich Faustregeln geben, wie z. B. die beiden Schriften: »23 Vorschläge, den Umsatz eines Ladengeschäfts zu verdoppeln, zu verdrei-, zu verzehnfachen, von Karl Li »ne in a n n d. I.« (gr. 8°, 32 S. München 2, Postfach 65, Selbstverlag. Ladenpreis geh. Mk. 1.—), und »Gallerts Werbe - Winke von Theodor Fritz Gallert.« 3. Ausl. (8«, 47 S. München, Kaul- bachstr. 61, Verlag von Alfred Glück, Ladenpreis geh. Mk. 3.—). Das eine enthält viele praktische und schätzenswerte Hinweise auf Fehler quellen und deren Beseitigung in Ladengeschäften, u. a. auch für den Buchhandel, alles auf eine möglichst vollkommene Werbetätigkeit abge j stimmt; das andere beschäftigt sich im wesentlichen mit der für Zeitungen.
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