Nachdem der 100. Jahrgang des Börsenblattes für den Deutschen Buchhandel mit einer be sonders festlich ausgestatteten Ausgabe eröffnet werden konnte und damit das denkwürdige Ereignis entsprechend betont worden ist, sollen im Lause des Jahres in jeweils der ersten Textnummer jeden Monats noch einige Aufsätze erscheinen, die unter wechselndem besonderem Gesichtspunkt ausgewählte Fragen, die im Rahmen des Jubiläums ihre Berechtigung haben, behandeln. Die Reihe wird nachstehend mit einem Beitrag eröffnet, der einen zur Zeit be sonders aktuellen Gegenstand aufgreift. Nicht nur für das Börsenblatt, sondern genau so für viele andere Zeitschriften und Fachblätter ist im Grunde die Erörterung der typogra phischen Gestaltung ständig im Fluß. Kein Wunder, daß sie unter dem Eindruck der im Zusammenhang mit der allgemeinen Umwälzung auch hier auftretendcn Geschmacks- und Anschauungsänderungen zur Zeit wieder einmal besonders lebhaft werden zu wollen scheint. Es wird gut sein, dafür in einem Rückblick auf die Entwicklung in den bisherigen Jahr gängen, wie ihn das Jubiläum nahe legt, eine vom Zufall des Augenblicks und der Enge der ungenügenden Distanzierung unabhängige sachliche Grundlegung zu gewinnen. Daß dies nicht in einem Jubiläumsartikel üblichen Stils mit dem Motto „Wie wir's doch so herrlich weit gebracht!" gelingen kann und demnach auch garnicht versucht werden durste, wird einleuchten. Nur ein in aller Freiheit und Ungebundenheit vorgetragenes, dafür aber in gründlicher Untersuchung einwandfrei erarbeitetes und durchaus sachlich und sachverständig begründetes Urteil ist der Aufgabe wie des Gegenstandes und auch der Gelegenheit würdig. Davon mögen dann auch die Anregungen erwartet werden dürfen, die der Weiterentwick lung dienlich und fördersam sein können. Wie der Jubiläumsjahrgang im ganzen weder Abschluß noch Anfang, sondern nur besinnlicher Durchgang von Gestern zum Morgen ist, so wird auch die nachstehend eröffnete Reihe der dieser Tatsache gewidmeten Sonderbei träge ihren Zweck am besten erfüllen, wenn sie gewissermaßen Eigenschaften des Rechen schaftsberichts und des Programmes in sich vereinen und in der Besinnung das Gefühl der Verpflichtung lebendig werden lassen. Von Or. Annemarie Meiner Vorbemerkungen allgemeiner Art. - Möglichkeiten und Bedingtheiten der Herausbildung eines eigenen Börsenblattstiles. - Sieben typographische Phasen. Bei einem Fachblatt, das in so starkem Maße eine Kombination von Vereinsorgan und Geschästsunternehmen darstellt wie das Börsenblatt, ist es besonders schwierig, zu entscheiden, ob Änderungen, Wandlungen und Entwicklungen, die es durchgemacht hat, bedingt waren durch die Zeit und ihre Gewohnheiten, besondere Ereignisse und ihre Erfordernisse, oder hervorgerufen wurden von einzelnen starken Persönlichkeiten an der Spitze, die weiter sahen und fortschrittlicher dachten, als die Neuerungen abholde Masse, oder aber eine Folge ökonomischer Notwendigkeiten und finanzieller Bedürfnisse waren. Die doppelte Funktion, die das Börsenblatt zu erfüllen hat, ist es, die das an sich natürliche und einfache Verhältnis von Ursache und Wirkung verschiebt und kompliziert, sei cS im Inhaltlichen oder im Äußeren, Typographischen. Sic ist auch der Grund, warum es oft schwer zu beurteilen ist, was als Fortschritt oder Rückschritt in den verschiedenen Entwicklungsstadien zu gelten hat. Ganz falsch wäre es, gerade in bezug auf die typographische Gestaltung des Börsenblattes von unseren heutigen Anschauungen und Wertsetzungcn auszugehen. Auch der indirekte Weg des Vergleichs mit typographischer Anordnung und Einrichtung verwandter buchhändlerischer Organe führt nicht, wie denkbar wäre) zu leichterer Erklärung und Aufhellung mancher Wandlung. Das Börsenblatt ist ein Typ für sich, mit einem typographischen 77