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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.10.1938
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- 1938-10-22
- Erscheinungsdatum
- 22.10.1938
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Anfänge des deutschen Buchhandels in Nord-Amerika Von O. E. K. Becker kSchluß zu Nr. 245) In den Jahren 1831 bis 1840 waren nur insgesamt 152 454 Deutsche eingewandert, 1841 bis 1850 aber steigerte sich die Zahl auf 434 826, 1851 bis 1860 gar aus 951 667: es ist deutlich, daß Buchhandlungen, die um diese Zeit eröffnet wurden, einen Markt fanden, der ihrer Entwickelung und ihrem Bestand frucht barsten Boden geben muhte. Hclmich kam aus Bielefeld, er hatte den politischen Verhältnissen weichen müssen und gründete, von einflußreichen Freunden unterstützt, eine Firma, die er mit großer Energie und Umsicht leitete. Aber, obwohl es ihm gelang, im Jahre 1848 tausend Exemplare der »Fliegenden Blätter« ab zusetzen, und obwohl er sich mit seinem nüchterneren Landsmann L. W. Schmidt verband, gelang es ihm nicht, sein viel zu groß aufgezogenes Geschäft zu retten. Damals wurde man in Deutschland auf die großen Ge schäftsmöglichkeiten, die Nordamerika bot, aufmerksam. Am 15. März 1845 stellte der Wiener Buchhändler Gustav Remmel- mann den Antrag, eine große deutsche Sortimentsbuchhandlung in den Vereinigten Staaten zu schaffen; sein Vorschlag fand be geisterten Widerhall. Während der Ostermesse desselben Jahres versammelte sich eine Reihe der wichtigsten Firmeninhaber, um den Plan zu besprechen, und sie schickten im Oktober den Buchhändler Rudolf Garrigue (Kopenhagen) hinüber, um die Lage zu studieren. Nachdem er die größten Städte des Ostens besucht hatte, lieferte er seinen Bericht ab, der ein sehr klares Bild der Verhältnisse gab. Er setzte sich mit besonderer Über zeugungskraft dafür ein, daß der in der beabsichtigten Bereins- buchhandlung zusammengeschlossene deutsche Buchhandel selbst das bisher so verabscheute Nachdrucksverfahren betreiben müsse. »Der Amerikaner«, so folgerte er, »habe keine Geduld zu war ten, sein Interesse für eine wichtige Neuerscheinung müsse sofort befriedigt werden und er müsse vor allem das Buch zu einem niedrigeren Preise erwerben können als bisher. Nur so werde man dem billigen englischen Buch wirksam begegnen. Sähe die Vereinsbuchhandlung also in Amerika einen günstigen Markt für ein im Erscheinen begriffenes Buch, so müsse sofort ein Exemplar der Aushängebogen hinübergeschickt werden, damit das Buch dort schnellstens gedruckt werde. Auch englische Über setzungen solcher Werke seien gelegentlich zu empfehlen, denn man könne sich nicht alleine auf das doch weithin sehr arme Deutschtum stützen.» Garrigues Bericht und Vorschlag fanden Zustimmung. Es wurden dreihundert Aktien ausgegeben, da jedoch kam die Nachricht, daß die Firma I. G. Heyse in Bremen einen ähn lichen Plan hege; die Gemüter kühlten sich überraschend schnell ab, die Zeichnungen wurden sofort eingestellt und das ganze schöne Unternehmen war zunichte. Garrigue ging enttäuscht nach New Dork und gründete im Astorhouse eine eigene Firma, die er seit 1853 mit seinem Schwager F. W. Christern leitete. Aber Garrigue erging es wie Helmich — er wirtschaftete zu groß zügig, zu schwungvoll, litt sehr schnell am Mangel der nötigen Mittel und mußte sich zurückziehen. Er war später Präsident der Feuerversicherungs-Gesellschaft -Germania« in New Hork. Seine Tochter Auguste war mit Friedrich Leypoldt aus Stutt gart, dem Gründer der amerikanischen Buchhandelszeitschrist Dks kubliskers' vpeeklx verheiratet. Eine andere Tochter, Char lotte, wurde 1878 die Frau des späteren Präsidenten der Tschecho- Slowakei Thomas Masaryk. Immerhin war nun in Deutschland doch der Mut für größere Unternehmungen erwacht: im Jahre 1848 gründete Georg Westermann in Braunschweig die New Dorker Buch handlung G. u. B. Westermann Brothers; sie trennte sich 1852 vom deutschen Stammhaus, änderte die Firma in B. Wester mann L Co. und entwickelte sich schnell zum ersten buchhänd lerischen Unternehmen der großen Stadt. 1849 folgte das Bibliographische Institut, das damals noch in Hildburghausen ansässig war. Hermann I. Meyer, der Sohn des Besitzers, lei tete die amerikanische Zweighandlung: er vertrieb hauptsächlich Meyers Universum und Konversations-Lexikon. B. Grund, der das Lager 1854 erwarb, machte allerdings bald bankerott. Es sei hier angemerkt, daß die Buchhandlungen Westermann, Hcl mich 6- Schmidt und Garrigue und Christern die ersten deutsch amerikanischen Firmen waren, die direkt und regelmäßig mit Leipzig verkehrten. Der immer noch wachsende Zustrom deutscher Einwanderer begünstigte nun die Gründung größerer Unternehmungen. Friedrich Gerhard aus Danzig eröffnete 1854 in New Hork einen Verlag, in dem er zwei Zeitschriften erscheinen ließ, deren eine die »Amerikanische Gartenlaube» hieß, brachte mit Zu stimmung des deutschen Originalverlegers eine sehr anständige sechsbändige Ausgabe Freiligraths heraus, brach .aber zu sammen, als er das verdienstvolle -Deutsch-amerikanische Kon versationslexikon- herausbrachte. Die Kosten gingen über seine Kraft. Der Schriftsteller Adolf Strodtmann rief in Philadelphia die Buchhandlung Strodtmann L Lorey ins Leben, übernahm sich ebenfalls und machte Bankerott. Abschließend sei nun noch auf Ernst Steiger, jenen bedeutenden, im besten Sinne schöpferischen Mann hingewiesen. Er wurde 1832 in Oschatz geboren, lernte bei Bernhard Her mann in Leipzig, war elf Jahre Gehilfe bei Westermann K Co. in New Dort und erwarb zwischendurch eine kleinere Buchhand lung, die er seit 1867 selbständig leitete. Es ist nicht möglich im Rahmen dieser kleinen Arbeit den ganzen Entwicklungsgang dieses tüchtigen und großzügigen Buchhändlers wiederzugeben. Er war der erste, der konsequent seine Läger und die Bücher der von ihm besonders gepflegten Sachgebiete katalogisierte und diese Kataloge in größter Menge an sorgfältig ausgesuchte Buch händler und Private kostenlos verschickte: für damalige Zeiten in jeder Hinsicht eine gewaltige Leistung! Die Verzeichnisse waren bis 240 Seiten stark, wurden immer wieder erneuert und teilweise in Mengen von 40 000 Stück verschickt! 70 000 Dollars hat Ernst Steiger in diese Arbeit hineingesteckt. Seine Proben sammlung von 6029 Zeitungen, Zeitschriften und anderen Periodica — in 119 großen Foliobänden zusammengefaßt — erregte auf der Wiener Weltausstellung (1873) berechtigte Be wunderung. Später gab er den Ergänzungskatalog »Dks kerio- ckieal lüterature ok tke llniteck Ltates vk Lnuzrieu« heraus, in welchem 8217 Titel genannt wurden. Bedeutend war sein Vertrieb deutscher Zeitschriften: allein die »Gartenlaube« wurde 1871 von ihm in 12 000 Exemplaren bezogen! Damit soll dieser überblick über die Anfänge des deutschen Buchhandels in Nordamerika abgeschlossen sein. Wenn wir aber noch weiter seine Geschichte verfolgen würden, würde uns der Name des 1840 in Potsdam geborenen Gustav Emil Ste che r t begegnen, der ebenfalls bei Westermann tätig war und 1876 ein schon vorher mit Hermann Wolf gegründetes Import geschäft allein übernahm. Wie stark in jenen Jahren der Absatz deutscher Bücher und Zeitschriften sich entwickelte, geht daraus hervor, daß beispiels weise die »Gartenlaube« 1871 in 22 000 Exemplaren eingeführt wurde — insgesamt für 628 767 Dollars deutsche Druckschriften (englische 1 141 922). Der deutsche Verlag hatte es eben inzwi schen gelernt, sich auf die amerikanischen Verhältnisse einzu stellen, und — der Boden war durch die zwar schlechten, aber spottbilligen amerikanischen Nachdrucke bis tief ins Innere be reitet worden. Deutsche Klassikerausgaben — so etwa die damals herausgekommene Cottasche — waren jetzt billiger und besser ausgestattet, als es in amerikanischen Nachdrucken je möglich gewesen wäre! Die Einsatzfreude, Tüchtigkeit und der Enthu siasmus des deutschen Buchhändlers haben jedenfalls in erheb lichem, schwer abzuschätzendem Maße für die Erhaltung und Kräftigung des amerikanischen Deutschtums und seiner Kultur gewirkt! 8S«
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