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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.10.1898
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1898-10-15
- Erscheinungsdatum
- 15.10.1898
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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Nichtamtlicher Teil Dir Presse und der unlautere Wettbewerb. Es gehört zu den zur Genüge bekannten Gepflogen heiten unserer Zeit, daß die Presse mit einer gewissen Vor liebe zum Prügelknaben bei allen möglichen Veranlassungen und Vorkommnissen gemacht wird. Besteht bezüglich eines wirklichen oder vermeintlichen Uebelstandes Unzufriedenheit, die sich nicht gut auf andere abladen läßt, so muß die Tages und Fachpresse dafür herhalten. Demgemäß kann es im Grunde genommen auch nicht in Erstaunen setzen, daß auf der jetzt in Leipzig abgehaltenen Versammlung kaufmännischer und gewerblicher Vereine, die zu der Begründung eines Bundes für Handel und Gewerbe führen sollte, die Angriffe auf die Presse wegen ihrer an geblichen Begünstigung des unlauteren Wettbewerbs in dichter Menge fielen. Die schwersten Vorwürfe wurden er hoben und zwar in einer so allgemeinen Form, daß der Ausländer, der sich von den in Deutschland bestehenden Preßzuständen lediglich nach diesen Verhandlungen ein Bild machen wollte, zu der Ansicht kommen müßte, die deutsche Presse sei durch und durch korrumpiert und korrupt, sie diene nicht nur den Interessen der Börse, der Spekulation und Agiotage, sondern auch derjenigen des unlauteren Wett bewerbes und gebe sich dazu her, gemeinschaftlich mit un lauteren und unsauberen Elementen jeder Art die gesunden Grundlagen des Verkehrs zu untergraben. Treu und Glauben zu schädigen rc Mit Bedauern mußte bemerkt werden, daß diese maß losen Angriffe nicht von berufsmäßigen Agitatoren aus gingen, denen man mit Rücksicht auf ihre Arbeit und die hierdurch bedingte Gewohnheit des Uebertreibens manches Nach sehen muß, sondern von einem Manne, der doch durch seine Thätigkeit bei der praktischen Rechtspflege die betreffenden Verhältnisse besser und gerechter sollte beurteilen können. Da sich die betreffenden Ausführungen, die man zu ihrem großen Teile als leidenschaftliche Deklamationen bezeichnen darf, des größten Beifalls seitens der Versammlung erfreut zu haben scheinen, so darf man sie nicht kurzer Hand ignorieren. Es kann uns nun nicht einfallen, Behauptungen wie diejenige, daß die Presse daran die Mitschuld trage, wenn viele Hunderte von Millionen in zweifelhaften ausländischen Wertpapieren angelegt seien, als eine irrige darthun zu wollen. Dieser Beweis ist längst geführt, und wer gleich wohl das Gegenteil behauptet, will entweder die Thatsachen nicht kennen oder er kennt sie wirklich nicht. In dem einen und andern Falle bedarf es nicht des näheren Eingehens hierauf. Ebensowenig braucht über das Verhältnis der deut schen Presse zur Börse noch etwas gesagt zu werden, nach dem in den Arbeiten und Verhandlungen der Börsen-Enquete- Kommission dieser Gegenstand in erschöpfender Weise behandelt worden ist. Hingegen muß den Anklagen über das Ver hältnis der Presse zum unlauteren Wettbewerb und den zur Abänderung des Gesetzes vom 27. Mai 1896 gemachten Vorschlägen ein Wort gewidmet werden Daß es Zeitungen giebt, die sich die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs nicht in dem Maße angelegen sein lassen, wie man es von einem anständigen Blatte verlangen darf und muß, soll nicht in Abrede gestellt werden; aber der großen Mehrheit der deutschen Presse gegenüber ist ein solch allgemein gehaltener Vorwurf nicht berechtigt. Es darf be hauptet werden, daß die meisten Zeitungen auf die Bekämpfung des unlauter» Wettbewerbs sogar erhebliches Gewicht legen, wie schon daraus zu entnehmen ist, daß ihre Haltung zu dem Gesetze von 1896 von Anfang an eine durchaus sym- tzüniundsechzigster Jahrgang. pathische war, ja daß die Vorschriften des Gesetzes vielfach als zu eng bezeichnet wurden und zwar nicht nur seitens der auf der rechten Seite stehenden Presse, sondern auch seitens der dem linken Flügel angehörigen. Ausnahmen beweisen nichts gegen die Richtigkeit dieser Behauptung. Wenn nun aber trotzdem auch in Zeitungen, die den unlautern Wettbewerb in der schärfsten Weise verdammen, Inserate und Bekanntmachungen sich vorfinden, die als Ueber- tretungen des H 1 des Gesetzes erscheinen, so ist dies eben darauf zurückzuführen, daß es vielfach auch dem sorgfältig prüfenden Redakteur bei Anwendung größter Gewissenhaftig keit nicht möglich ist, zwischen einer erlaubten und einer un erlaubten Reklame zu unterscheiden. Mit gutem Grund hat deshalb auch das Gesetz bestimmt, daß der Anspruch auf Schadenersatz gegen den Redakteur, Verleger, Drucker und Verbreiter einer periodischen Druckschrift nur unter der Vor aussetzung geltend gemacht werden kann, daß sie die Un richtigkeit der Angabe kannten. Es ist seiner Zeit bei der Entstehung des Gesetzes sowohl in der Fachpresse als auch im Reichstag ausführlich darge- than worden, weshalb diese Sondervorschrift zu gunsten der Presse so notwendig ist, daß ohne sie die Jnseratenannahme im allergrößten Maßstabe eingeschränkt werden müßte. Dies hat leider die Herren, die auf der Leipziger Versammlung die Presse vor ihren Richterstuhl zogen, nicht abgehalten, zu ver langen, daß der Gesetzgeber diese Voraussetzung für die Haft barkeit des Preßpersonals beseitige. Man meinte, der Eventual dolus müsse auch hierbei dem Redakteur und Verleger gegen über Anwendung finden, und sowohl dieser, wie jener könnten ganz wohl zwischen einer unlautern und einer erlaubten Re klame unterscheiden. Die letztere Behauptung, die die Kenntnis der betreffen den Redner von den bei der Herstellung einer Zeitung maß gebenden Verhältnissen zur Genüge beurteilen läßt, ging selbst denjenigen Zeitungen zu weit, die grundsätzlich mit den übrigen Forderungen der in Leipzig versammelten Herren sympathisierten; sie meinten, das heiße denn doch von dem Redakteur zu viel fordern. Der Vorschlag kennzeichnet sich durch seine Unausführbarkeit derart, daß es wahrlich nicht ange zeigt ist, ernstlich darüber zu diskutieren. Der Redner, der dieses Verlangen an die Gesetzgebung stellt, ist Rechtsanwalt. Wenn jemand die Forderung aufstellte, der Rechtsanwalt solle und müsse bei jedem neuen Einlauf sofort entscheiden können, ob sein Auftraggeber im Recht oder Unrecht sei, so würde er dieses Verlangen sicherlich mit dem gebührenden Sarkasmus abfertigen. Genau genommen wird aber von dem Redakteur dasselbe verlangt. Er soll wissen können, ob der zum Verkauf angezeigte »Französische Champagner« in Frankreich auf die Flasche gefüllt oder erst in Deutschland hergestellt worden ist, er soll sofort beurteilen können, ob derjenige, der einen Ausverkauf zu Selbstkostenpreisen anzeigt, hierbei seine Geschäftsunkosten mit berücksichtigt oder nicht. Im Vergleiche zu diesem Ansinnen ist der von der l,<r Heinze gemachte Gesetzesvorschlag, demzufolge der Re dakteur wissen muß, ob der Inserent bei einer Heiratsannonce wirklich die Absicht hat, sich zu verehelichen, oder ob er nur ein temporäres Verhältnis eingehen will, noch harmlos zu nennen. Es ist selbstverständlich ganz ausgeschlossen, daß sich im Reichstag oder im Bundesrat jemals eine Mehrheit für solche Gesetzesvorschläge finden wird, und man hat deshalb keinen Anlaß, derartige »Anregungen« tragisch zu nehmen. Aber bedauerlich ist es doch in hohem Grade, daß auf einer Ver sammlung, die aus Vertretern des praktischen Lebens be- 1018
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