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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.03.1925
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- 1925-03-03
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- 03.03.1925
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3686 Börsenblatt f. b. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. 52, 3. März 1925. gebung gewohnt. Das Bedürfnis zu staunen aber bleibt, und indem das Kind nach neuen, slaunenerregenden Dingen sucht, haftet sein Auge am Bild, und es jauchzt auf, denn dort sindet es nicht nur neue Wunder, sondern es sieht die höchste menschliche Fähigkeit, dem Fliehen den Dauer zu verleihen, bestätigt. Der erste entzückte Ausschrei vor einem Bilde ist das Signal für den Erzieher, dem Kinde Abbildungen von Gegenständen des täglichen Lebens und bekannten Tieren zu zeigen. Manche junge Mutter wird enttäuscht sein, wenn ihr Kind, anstatt nach den Bildern im Buch zu sehen, sich zuerst nur mit dem Buch als Gegenstand beschäftigt. Erst nachdem eS all die Wunder des Um blätterns, des Hinter-den-Deckel-Guckens, des Betastens der Blätter ergründet hat, wird es seine Aufmerksamkeit dem einzelnen Bilde zü rnenden. Kleine Knaben pflegen beim Besehen von Bildern ernster, versonnener zu sein als Mädchen, und die Kunst, Bilder zu zeigen und mit Kindern zu besprechen, muß sich der Art jedes einzelnen Kindes anpassen. Ein Buch, dessen Bilder rein in der Farbe, klar im Umris; und nicht zu eng gepreßt sind, kann man viele Male mit dem Kinde besehen. Es wird immer wicdes Neues entdecken, cs gewinnt Ruhe zur Vertiefung, weil es weiß, wie alles sein wird. Der Jnter- essenkreis des kleinen Kindes weitet sich schnell, die kleinen Mitmen schen, die Ereignisse des Land- und Straßenlebens erregen schon im zweiten Jahr Bewunderung, und die alten Kinderreimc leiten ins Märchenland hinüber mit seinen Fernen und Tiefen, deren Symbolik für die tiefsten Erkenntnisse des menschlichen Geistes ahnungsvoll im Kinde klingt. Märchenbücher, am besten Märchensammlungen, sprechen zuerst durch den Mund der Eltern zu dem Kinde, während sein Auge auf den Bildern ruht, und später, wenn es lesen gelernt hat, sprechen sie unmittelbar zu ihm, und es findet die Bestätigung, daß die Märchen da wirklich so geschrieben stehen, und daß es sie immer haben kann, wenn cs will. Das unbeeinflußte Kind hat am Lesenlernen eine staunende Freude und genießt es, daß die Ereignisse des Hebens im Buch festgchalten sind. Es lernt die Lieblingsgeschichten wörtlich auswendig, und noch viel leichter Gedichte und Fabeln. Ein gewisser Stolz erfüllt es, wenn es die Moral der Fabel herausfindet, und ganz unübersehbar ist die Menge der Handlungen und Aussprüche von Kindern, die auf die Einflüsse der gelesenen oder gehörten Gedichte und Geschichten zurück zuführen sind. In diesem empfänglichen Alter zwischen 4 und 8 Jahren wird der Grund zu der literarischen Richtung des Kindes gelegt. Es kann noch nicht selbst wählen oder cinkaufen, sondern der Geist des Elternhauses wird sich in den Büchern, die ihm in die Hand gegeben werden, bekunden. Die Eltern suchen unwillkürlich wieder die Bilder und Erzählungen, die ihnen als Kind den tiefsten Eindruck gemacht haben, und üben dadurch ein sehr wichtiges literarisches Kultnrwcrk aus; denn so bildet sich eine Auslese der unvergänglichen Bücher, welche immer neue Auslagen erleben und von Generation zu Generation das tägliche Brot in der Kinderstube sind. Die Kinder, in deren Familien noch keine Tradition den Ge schmack leitet, sind dem Zufall ansgeliesert. Aber gesunder Sinn und gute Beratung durch einen verständnisvollen Buchhändler Hilst auch da das Rechte finden. Überläßt man das Buch dem Kinde allein, so wird ihm nicht so leicht etwas schaden. Gefährlich ist nur die Art. kn welcher Bilder gezeigt und Geschichten erzählt oder vorgelesen wer den. Je geringer die Herzensbildung des Erwachsenen ist, desto mehr versucht er durch seine Erklärung aufregend und erschreckend zu wirken, oder schreckt durch ein gefühlloses Lachen die Fragen des Kindes zurück, mit denen cs sich dann quält, ohne den Mut zu finden, sie an ver ständnisvollere Menschen zu richten. Mit außerordentlicher Sorgfalt nimmt sich die Schule gerade in unseren Tagen der ersten Geschmacksbildnng der Kinder an, und wenn auch hin und wieder ein Übermaß an Vielfältigkeit empfunden wird, über Nachlässigkeit oder Gedankenlosigkeit in der Behandlung des jungen Schulkindes werden die Eltern nicht zu klagen haben. Nach den ersten drei Schuljahren hat sich der Gesichtskreis des Kindes so geweitet, daß die Familienereignisse im Leben der Mit schüler und der Schulbetrieb ihm kein Staunen mehr abnötigen. Es liest zwar noch gern Familiengeschichten, aber seit der Unterricht ihm die Kenntnis von fernen Ländern und Zeiten vermittelt, steht sein Sinn ins Weite, und die herrliche Gabe des Kindes, das Wunderbare natürlich und das Natürliche wunderbar zu nehmen, übcrhebt es jeder Schwierigkeit, sich in fremden Ländern unter farbigen Volksstämmcn zurechtzusindcn. Es lebt mit den alten Germanen und fliegt mit dem kleinen Nils Holgerson, es wandert unter dem dunklen Blätter dach des Urwaldes oder ans den Eisfeldern der Polarländer, immer unter der Gnadcnsonne seiner Phantasie, und saßt instinktiv die Atmo sphäre von Zeiten und Gegenden so richtig aus, daß es im späteren Leben die wissenschaftlichen Lektiiren oft nur als Vertiefung und Ergänzung empfindet. Mit ein paar Worten kann der Erwachsene viel zur richtigen Gestaltung des Weltbildes beitragen. Die meisten Kinder sind so voll von den Eindrücken des neuesten Buches, das sie gelesen haben, daß sie gern davon erzählen. Dieser Erzählung kann der Vater schon anmerken, ob das Buch einen literarischen Wert hat. Sein Eingehen auf den Stoff wird das klären, was dem Kinde dunkel geblieben ist; und solche Gespräche knüpsen gemeinsame Interessen zwischen den Generationen an und fördern gegenseitiges Verständnis und Vertrauen. Solange das Kind mit seinen Helden kämpst und siegt, wird es sich immer freuen, wenn ein Erwachsener mit ihm liest und seine Inter essen teilt. Diese Offenheit hört oft ganz plötzlich auf. Dann hat das Kind eine neue Stufe seiner Entwicklung erreicht. Es setzt sich selbst an die Stelle seiner Helden, und nicht mehr die Taten sind es. die sein Interesse ganz hinnehmen, sondern die Gefühle der Menschen zueinander. Ein Buch wie Lichtenstcin von Wilhelm Hauff gefällt den 13jährigen Kindern seiner lebendigen geschichtlichen Ereignisse wegen, und das 14jährige bangt in der Seele der Marie mit um den ge ächteten Herzog und sucht immer wieder die Abschnitte, die die Neigung des jungen Mädchens zu dem unsteten verfolgten Manne erkennen lassen. Von dieser Zeit an spricht das Kind selten mehr über seine Bücher. Aber der Wunsch, in ihnen Aufschlüsse über all die Wunder des Seelenlebens zu erhalten, ist sehr heftig und führt oft zu einem wahllosen, heimlichen Lesen. Es weiß ja, in Büchern ist alles fest- gehalten, was cs wissen möchte, und cs möchte eben alles wissen, wagt aber niemanden zu fragen, wie cs das anfangen soll. Die Erzieher können nun nicht mehr über den Lesestoff des Kindes wachen, je mehr sie sich bemühen, es zu tun, desto schlauer wird das hcranrcisendc Kind in seinen Heimlichkeiten. In dieser schweren Zeit müßte sich die Überlegenheit der Mutter in Ruhe und Verständnis zeigen, und sie müßte, wo Aussprachen vermieden werden, ihrem Kinde Bücher zuschieben, die der Neigung der jungen Generation entsprechen, doch die übergroße Phantasie zum Leben hcrabstimmen und das Leben heranfstimmen zu einem lohnenden Wirkungskreis für alle Kräfte. Hat sich der Geschmack der Geschlechter in der Zeit zwischen dem 11. und 15. Jahr merkbar geschieden, so findet er sich im Roman wieder zusammen. Es ist müßig zu sagen, die heranreifcnde Jugend solle keine Romane lesen. Niemand kann sic daran hindern, denn das Buch gehört in das Leben der Menschen unserer Zeit wie Wasser und Brot. In der Wahl des Romans wird der junge Mensch den Beweis führen, wie er als Kind vorgebildet ist. Die Masse der seichten um des Geldgewinns halber geschriebenen Bücher wird er rascher kennen und ablehnen, wenn ihm als Kind die oberflächliche breitgctretenc Alltagsliteratur mancher Kinderbücher serngehalten ist. Dem ge sunden jungen Menschen wird es nichts schaden, wenn er ernstgemeinte Bücher liest, die auch die Schattenseiten des Lebens behandeln. Aber für viele zart veranlagte Menschen ist es eine Gefahr, wenn sie sich zu sehr mit den Helden eines psychologischen Romans identifizieren. Sie sollten Klassiker, historische Romane und Lebensführungen tätiger Menschen lesen. Tie Geheimnisse und Wunder des Lebens, deren Lösung sie suchen, enthüllen sich ihnen dort langsamer und natürlicher und die festgehaltencn Stimmungen und Ereignisse hängen mit wahr haft bedeutenden Persönlichkeiten zusammen. Das Staunen und die Unsicherheit mancher halberwachsenen Kin der verbirgt sich hinter einer scharfen Kritik und einem überlegenen Besserwissen gegenüber Literatur und Leben. Die eingeborene Kraft drängt zur Entfaltung und hält in ihrem Ungetüm das für hemmend, woran sic gerade gestählt wird. Des Erziehers erprobte Kraft muß sich dazu hergeben, es mit dem jungen Menschen ernstlich aufzunehmcn und die von ihm bevorzugten Bücher aus der Einstellung der jungen Generation heraus noch einmal zu prüfen. Wundervoll ist es dann, wenn die beiden Lebensalter sich in gemeinsamen neuen Erkenntnissen finden, die ältere Generation mit dem sinnenden Staunen: »Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis«, die jüngere mit dem starken Willen: »Das Unzugängliche, hier wird's Ereignis«. Solche Bücher, an denen Generationen sich ausgeglichen haben, werden zu Traditions trägern, und die stillen Worte, die die Lebenszeit der Menschen über dauern, klingen in wechselnden Tonarten zu einem Familienakkord zusammen. Buchhändler-Taschenbuch 1925. (Format 20X10 om. 127 S.) Erschienen bei der Zentralstelle für buchgewerbliche Reklame Emil Fink, Stuttgart. In Ganzleinen geb. netto Mk. 0.00. Das stärkere Augenmerk, das heute vom Sortiment aus die Werbe tätigkeit gelegt werden muß, hat die Notwendigkeit mit sich gebracht, diese Werbetätigkeit einer festen Organisation zu unterstellen. Man wird, wenn man alle sich bietenden Gelegenheiten wahrnehmen will, ruf schriftliche Gedächtnishilfen in Gestalt geordneter Notizen nicht verzichten können. Das vorliegende Taschenbuch kommt in dieser Be
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