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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.02.1938
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- 1938-02-24
- Erscheinungsdatum
- 24.02.1938
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seiner Gattungszugehörigleit mitbringe. Wohin käme man sonst, wenn man zwar dem Unbekannten ein Verbietungsrecht oder einen Entgeltanspruch zubilligen würde, jedoch dem berühmten Mann, der führenden Persönlichkeit nicht?! So eng darf der Be griff der »Zeitgeschichte» nicht ausgelegt werden. Der Unbekannte ist weit weniger Individualität und ist nicht als solche abgebildet. Man muß weiter auch erkennen, daß ein großer Gesichts punkt ausgesprochen ist: die Teilnahme der Person an einem Vorgang löst die Person aus ihrer Art als Einzelperson, als Individuum. Denn zumeist kommt es in solchen Fällen auch hier dem Abbildenden und namentlich der Presse selbst nicht auf das individuelle Konterfei des einzelnen, sondern auf seine Gestalt als Teil einer Gemeinschaftsidee, eines Gemeinschaftsvorganges an. Weil der Betreffende an jenem Vorgang teilnahm, und nur deshalb, wurde er für würdig befunden, mit seinem Bildnis in der Presse zu erscheinen. Das ist etwas ganz anderes, als wenn jemand wirklich uni seines Eigenbildes willen wiedergegeben würde. Anders liegt es freilich auch hier, wenn der Abgebildcte nur zum Objekt geschäftlicher oder sonst individualistisch eigen nütziger Bestrebungen gemacht wird. Denn es ist zweifellos etwas anderes, ob die Presse ihre unterrichtenden und publi zistischen Funktionen erfüllt oder ob ein Geschäftsmann das Bild eines prominenten Volksgenossen in Reklameabsicht ver wendet. Zu den Übergriffen gehört es weiter auch, wenn der Ab bildende sich nicht auf die öffentliche Gelegenheit beschränkt, son dern in die Häuslichkeit oder in die Eigensphäre des Abzu bildenden ohne besondere Erlaubnis eindringt. Denn selbst die »Person der Zeitgeschichte» ist nicht etwa stets und überall Per son der Zeitgeschichte. Der häusliche Friede gilt auch für sie. Bei ihren häuslichen Penaten ist sie Mensch und darf es sein; denn es gibt ja öffentliche Gelegenheiten genug, wo sie sich als Person der Zeitgeschichte zeigt. Vor allen Dingen aber wäre es verfehlt, anzuerkennen, daß ein Abgebildeter nur deshalb auf ein »Verbietungsrecht- pochen könne, weil er den Vorgang zum Anlaß für eine Geldforderung machen will, wenn es ihm also weniger auf das absolute Verbot als vielmehr auf die Einnahme ankommt. Er mag es, sofern er wirklich als Individuum ohne gemeinrechtliche Rechtfertigung abgebildet wurde, für die Zukunft verbieten; die Brücke zur Geldsorderung fehlt jedoch durchaus. vr. A. Elste r. Der Buchschlager: Gefahr und Notwendigkeit!*) Welche Gründe führen dazu, daß jedes Jahr einzelne wenige Bücher sich aus einer Unzahl anderer durch be trächtliche Auflagcnhöhe und hohe Verkaufszifser herausheben, um schon nach kurzer Zeit von neuen Größen verdrängt zu werden, in Vergessenheit zu geraten, ins Reich des Ungekannten hinabzusinken, dem sie entstiegen sind? Wir meinen damit jenen Vorgang, im Verfolge dessen sich der sogenannte Schlager her ausbildet, eine dem Charakter des Buches durchaus nicht selbst verständliche und auch nicht angemessene Erscheinung. So lohnt es schon und ist auch notwendig, sich mit dieser Erscheinung aus einanderzusetzen, sie zu charakterisieren, ihr Wesen und Ent stehen auszuzeigen. Der Schlager stellt ein Erzeugnis dar, das die Aufmerk samkeit aller aus sich lenkt. Ähnlich dein Lied-Schlager schmei chelt er sich, der Schlager im verallgemeinerten Sinne, in aller Herzen ein, lebt in aller Munde. Und diese letztere Eigenschaft erscheint als das Wesensmerkmal des Schlagers überhaupt. Ihm müssen also Kräfte innewohnen, welche die uns zunächst magisch erscheinende Anziehung bedingen. Kräfte, dem Magneten ähn lich, der bestimmte Dinge, die sich seinem Wirkungsbereich nähern, anzieht, in seinen Bann schlägt, sodaß sie ihm mehr oder minder verfallen. Es können nicht nur Kräfte äußerer Art sein, die einen Gegenstand zum Schlager werden lassen; ge schickte, eindringliche Reklame und Anpreisung allein können dies ebensowenig bewerkstelligen, wenn sie auch jene wirkenden, magnetischen Kräfte unterstützen, erhöhen, vergrößern und ver gröbern in allerdings erheblichem Ausmaße. Im Falle des Schlagerliedes scheint es nicht schwer, diese Kräfte aufzuzcigcn. Melodiöse Musik spricht unmittelbar an. Und die Worte, volkstümlichem Wortschatz entnommen, ein prägsam, scheinwerserhaft tiefe und tiefste menschliche Lagen und Beziehungen beleuchtend, unverbindlich, ohne zu beschweren, unterstreichen und verstärken die Wirkung. In diesem Zusam menhang ist belanglos, ob die Melodie, ob das Wort das Pri märe ist. Wenden wir uns anderen Schlagerabarten zu, treffen wir auf ähnliche Gegebenheiten, eben abgewandelt für den einzelnen Gegenstand. Im übertragenen Sinne aber stellen wir allgemein fest: Jeglicher Schlager weist Eigenschaften auf, die jedem und allem urplötzlich gleichsam »ins Auge springen». Darüber hin aus sei zugegeben, daß örtliche und zeitliche Umstände die Wir kungskraft nicht unwesentlich beeinflussen. *) Der Verfasser teilt uns mit, daß fein Beitrag der Anregung einer Arbeitstagung sein Entstehen verdankt. Wohl icder Buchhändler hat sich schon einmal mit der in den ersten Zeilen des Aufsatzes ge stellten Frage beschäftigt. Wir glauben deshalb, daß der Aussatz gut geeignet ist, zu einer Aussprache anzuregen. D. Schristl. Und das Buch? Welche Kräfte machen es zum Schlager? Wie geht es zu, daß ein Gegenstand, ein Erzeugnis mit so ganz eigenen Lebensmöglichkeiten und Lebensbedingtheiten die Auf merksamkeit aller, oder, vorsichtiger, vieler, sehr vieler aus sich lenkt? Zunächst äußere Kräfte. Äußerst rege propagandistische Tätigkeit, die nicht immer marktschreierischen Charakter zu tra gen braucht. Eingehende, namhafte Besprechungen in vielgelese nen Zeitungen und Zeitschriften, die eine bestimmte geistige Haltung wahren. Außere Gewandung, Satz, Druck, Format. Nicht zuletzt Titelgebung, Ansehen und Name des Verfassers. Doch abgesehen von allen diesen äußeren Möglichkeiten müssen andere, stärkere, zwingendere, innere Kräfte dazu führen. Wel ches aber sind die inneren Kräfte eines jeglichen Buches? Zuvörderst formgebende Kräfte, Sprache, Gestaltungskraft. Menschen, Vorgänge, Ereignisse erstehen zu eigengesetzlichem, starkem Leben. Der Leser erblickt die Gestalten sichtbar, erlebt das Geschehen des Buches als unmittelbar Teilnehmender und Teilhabender. Vorausgesetzt eben, daß die Gestaltungskraft das Mittelmaß übersteigt, daß der Leser empfangsbereit, aufnahme fähig und willig ist und mitgeht. Und in der Tat, bei einer Vielzahl dessen, was wir als Buchschlager bezeichnen, verhält es sich so. Erstaunliche Formkräfte scheinen am Werke, die Mensch lich-Lebendiges und Menschlich-Zuständliches in unmittelbare Sicht rücken, die es verdienten, in anderem Rahmen zu erschei nen, ein längeres als nur ein Schlagerdasein zu fristen. Mit diesen Kräften verbindet sich ein untrüglicher, instinktsicherer Blick für Zusammenhänge dramatischer Wucht und Ballung: Menschen und Zustände in jene Beleuchtung zu rücken, die sie mehr im Gegensätzlichen als im verbindend Gemeinsamen er scheinen läßt. Wir meinen damit die Schwarz-Weiß-Zeichnung der Charaktere und Ereignisse, die Spannung, Sensation er zeugt und offensichtlich darauf hinzielt. Diese letztere Eigenschaft bedingt die gegenwärtige unmittelbare Anziehung und Teil nahme, bedingt jedoch in gleichem Maße jenes kurzbesristete Dasein. Natürlichem Gesetz zufolge erfordern Zeiten der An spannung, konzentrierten Aufmerkens und Teilnehmens solche des Ausspannens, Rühens. Und diese Zeitspanne passiven Ver haltens, in der Zeitereignisse, persönliche oder allgemeine Ver änderungen uns neue Eindrücke und Anregungen zutragcn, ge nügt, den Vorgang des Vergessens hervorzurufen und zu be schleunigen. Aber noch andere Gründe können ein Buch zum Schlager werden lassen. Gründe, die der Abwendung von der Gegenwart und der Hinwendung zu Vergangenem oder Zukünftigem ent springen. Zunächst reizt, lockt und besticht eine ausgeglichene und ausgefeilte Form, dis um ihrer selbst willen erwählt scheint, dann wirken jene nach allen Seiten hin verschleuderte Pfeile, Nr. 46 Donnerstag, den 24. Februar 1938 161
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