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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.12.1933
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1933-12-19
- Erscheinungsdatum
- 19.12.1933
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- Deutsch
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294, 19. Dezember 1933. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn Buchhandel. Pegel des Sortiments mache; aber ich bewerte das Schaffen man cher nationaler und namentlich nationalsozialistisch gerichteter Dich ter, meiner Kampfgenossen aus der Systemzeit sehr hoch, und ich halte unfern Kamps gegen den von Adolf Hitler längst gekenn zeichneten »Intellektualismus« für einen der wesentlichen Fakto ren beim Umsturz zum Dritten Reich. Aber auch jene anderen Dichter (etwa Richard Euringer, um einen der Besten zu nennen!) wurden damals vom üblichen Sortiment kaum angcschafft, ge schweige denn gefördert, obgleich der Buchhändler persönlich oft ihr Schaffen schätzte und ihren Ideen zustimmtc — im geheimen. Es gehörte untcrin verblichenen System einiger Bekcnncrmut da zu, sich für diese Kämpfer einzusetzen, und cs war bequemer, d i e Bücher zu empfehlen, die »verlangt wurden«. Man kam gar nicht auf den Gedanken, daß man als Buchhändler berufen sei, auf die Willensbildung der Nation cinzuwirken, und daß man als Deut scher in einer Notzeit die Verpflichtung habe, ausdrücklich cinzu- treten für das, was man als richtig und zukunftsnötig erkannt hatte! Man verkaufte dem Büromädel den neuesten Pitigrilli und der Frau Stadtrat den neuesten Lion Feuchtwanger (oder umge kehrt), und man schaute mit dem Ausdruck besorgter Entschuldi gung auf die kaufkräftig herumschmökcrnde Frau Direktor Gold baum, wenn ein Nazi mit dem Hakenkreuz am Rock neben sie an die Theke trat und kümmerlich genug war, den — »Illustrierten Beobachter« zu verlangen, — damals, Anno 1929, versteht sich! — Und da wundert man sich, falls das Volk oder auch die Oberste Führung mit ihrem Vertrauen zur Charakterfestigkeit unseres Buchhandels — als eines Standes im ganzen — eine leichte Zu rückhaltung übt, mögen auch alle Auslagen jetzt von Hakenkreuz- Broschüren strotzen? Als ob Hitler und Goebbels und die übrigen Führer nicht vierzehn Jahre lang Gelegenheit gehabt hätten, sich die Auslagen der Buchlädcn mit den kritischen Empfindungen zu betrachten, von denen der Sortimenter wenigstens einen Bruchteil selber hätte aufbringen müssen! Wohlverstanden, wir kritisieren hier keineswegs die Gesamt heit; wir sprechen lediglich »für Rechnung dessen, den es angeht», und wir wissen sehr gut, daß ein sehr großer Teil des Sortiments von Konjunkturbcflissenheit freizusprcchen ist, weil er durch die wcchselvollcn Jahrzehnte unserer jüngsten Geschichte seiner kul turell gepflegten Überlieferung treu blieb. Aber leider ist es nun einmal so auf der Welt, daß die weniger wertvollen Glieder eines Standes durch das Unterbewußtsein ihrer Minderwertigkeit zu um so heftigerer Geschäftigkeit genötigt werden, um den erforderlichen Ausgleich irgendwie herzustellen, und gerade nach diesen etwas peinlichen Mitgliedern wird dann meistens der Stand als Ganzes bewertet. Eine Erscheinung wie »Maximilian Reps, die Persön lichkeit« findet leichter ihren Kolbcnheyer als der wertvolle, still wirkende Buchhändler seinen Wilhelm Raabe! — Wir wissen auch, daß ein Spötter ausstehen und sagen könnte: Was wollt ihr denn, ihr Nörgler? Das, was ihr uns zum Vorwurf macht, das nötigt ihr uns jetzt ja selber auf, nur in umgcstülptcr Form! Früher muß ten wir Emil Ludwig und die Serien von Ullstein oder Goldmann hinlegen, weil sie verlangt wurden; heute müssen wir Hitler und die Serien von Stalling oder Langcn/Mllllcr hinlegen, weil sie verlangt werden! Die Sanduhr ist umgedreht worden, aber die Einseitigkeit ist geblieben. Würden Sie mich für charaktervoll und unbestechlich erklären, wenn ich meinen Kunden heute etwa Hein rich Mann empfehlen wollte? Wohl kaum! Diesem Verdrossenen wäre zu erwidern, daß sein Eintreten für Heinrich den Entschwundenen zwar nicht seinem Deutschbc- wußtsein, auch nicht seinem guten Geschmack, dafür aber seinem Beharrungsvermögen alle Ehre macht; nur dürste feine Empfeh lung heute ohne Echo Verhallen. Im übrigen sei ihm gesagt, daß es ein gewaltiger Unterschied ist, ob ein deutscher Buchhändler sich einseitig für eine undeutsche, artfremde, volkzersetzcnde Literatur einfangen läßt oder gar bewußt eintritt (und das war in den letz ten vierzehn Jahren an der Tagesordnung!), oder ob er sich — bedeutend weniger einseitig, dasür aber mit seinem Volk einmütig — für deutsches Dichten, Denken und Schildern einsetzt, auf einer weltanschaulichen Linie, zu deren Richtung erst vor wenigen Wochen vierzig Millionen Deutscher ihr befreites »Ja!» gesprochen haben. Jede Fremdherrschaft muß ihrem Wesen nach einseitig sein, wenn sie sich behaupten will: sie dars das unterworfene Volk nicht 982 hochkommen lassen. Volksherrschaft dagegen, die sich in den Besten des Volkes verkörpert, bedarf dieser einseitigen Haltung nicht, um wirken zu können; ja sic muß sogar vielseitig, muß allseitig sein, wenn sie vom Wurzclgrund des Volkes her allseitig gestützt und ge tragen sein will und gleichzeitig von oben her jegliches Wachstum des Volkes fördern und kräftigen will, soweit es gesund ist, lebens fähig ist und dem Gesamtwohl dient. Im Neuen Reich soll jeder echte Stand zu seinem Recht kommen, allerdings nicht in der Ver zärtelung des Einzel-Jch, die der Liberalismus aus seine weichliche Fahne geschrieben hatte, sondern durch die Abhärtung zum Sam- mel-Wir, dessen Kampfruf von unfern Bannern vorlcuchtet! Daß Adolf Hitler dem deutschen Buchhändler"heute — nach den langen Jahrzehnten einer allzu bürgerlichen Allerweltsgcfälligkeit im Buchwesen — die Möglichkeit bietet, wieder das zu werden, was er in seinen Anstiegen und in seiner vorliberalen Blütezeit ge wesen ist: ein selbstbewußter Erzieher seines Volkes und seiner Jugend, — muß das noch ausdrücklich gesagt werden? Heute, wo die Stände zu neuem Leben erwachen, wo die Volksverbundenheit sich in tausendfältig neuen Beziehungen offenbart, wo Freude und Helle Begeisterung an die Stelle der System-Verdrossenheit ge treten sind, wo eine hohe Idee über allen und allem funkelt, wo der Arbeiter jeder Art nicht nur seine Bcrufsehrc, sondern auch seinen Arbeitsplatz wiederfindet, wo neben den Bedürfnissen des Leibes auch die des Geistes und der Seele nach Befriedigung verk langen und endlich wieder einmal die Materie zu überflügeln sich anschicken, — heute winkt dem Buchhandel eine hoho Führer- Stellung in Staat und Volk; was von diesem noch an Zweifeln oder Mißtrauen ihm gegenüber vorhanden ist, das kann er in kürzester Zeit zerstreuen und in gläubiges Vertrauen zurückverwan deln, — allerdings nicht dadurch, daß er beflissen seine Fähnchen und Hitlerpostkarten heraussteckt (das darf nur neben dem Wich tigeren her geschehen), sondern einfach dadurch, daß er sich frei mütig zu seiner großen erzieherischen Ausgabe bekennt. Wie mancher Sortimenter hat mir in den vergangenen Jah ren geklagt, es sei ihm einfach nicht mehr möglich, sich durch den Wust von widerstreitenden und sich gegenseitig aushebenden Neu erscheinungen durchzuwühlen: er müsse den überfüllten Bücher karren einfach rollen lassen! Es war ja schon dahin gekommen, daß die Buchrcklamc mit der Gegenüberstellung von zustimmenden und ablehnenden Urteilen (etwa im Falle Remarque) arbeitete, weil in der üblich gewordenen Lobhudelei, die eine sogenannte Kritik dem neuen Buch ansprudclte, kein Stimulans mehr für den Käufer (Verzeihung: für den Nichtkäufer!) lag. Bei dieser Werbe- mcthode war nicht etwa die klare Willensbildung des Lesers be zweckt, sondern die Hochkitzelung eines erschlafften Interesses. Hie Ja, hie Nein: wichtiger als die Idee war der Widerspruch ge worden: der unfruchtbare Widerspruch, der alle absinkenden Gei steswelten mit seinem mißtönigen Gckrächz erfüllt, weil die horn- brillen-bewehrten Raben vom Stamm der Intellektuellen dieses Widereinander-Krcischen — mangels männlicheren Mutes und Streitens — für die höchste Form ihrer individualistischen Frei heit erklären. Nun, die letzte Form ist es bestimmt. In unserm Falle: war es. Das Rabcngekrächz im Blätter wald ist verstummt; der unfruchtbare Widerspruch ist einer wohl tätigen Stille gewichen, und durch diese Märzstille vernehmen wir heute das Heranwchcn, das wachsende Rauschen unseres deutschen Frühlingssturmes! Einheitlich, nicht einseitig, braust es durch unser Volk, und angesichts der herandrängendcn Scharen derer, die teil haben wollen an den Ideen des Neues Reiches und an der Dich tung ihres Volkes, wächst dem Buchhändler seine bedeutsame Auf gabe ganz von selbst zu: das Beste zu vermitteln, auf das Bleibende hinzuweiscn und dem Belanglosen nicht zu einem Scheindasein zu verhelfen, das es nicht verdient. Sicherlich gibt es allerlei Leser, denen nur das Belanglose eingeht; aber welcher Mensch wäre nicht irgendwie entwicklungsfähig? Wenn Adolf Hitler sich auf den Standpunkt gestellt hätte, daß dem deutschen Volk nun einmal nicht zu Helsen sei, und daß man es der Zwietracht, der Journaille und der Statistik überlassen müsse, — wir hätten heute kein ge eintes Volk, keinen Wall des lebendigen Deutschtums gegen unsere Feinde von gestern — und heute! Im Kleinen aber kann aus ähn liche Weise jeder deutschbewußte Buchhändler es dem großen Vor-
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