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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.07.1896
- Strukturtyp
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- 1896-07-06
- Erscheinungsdatum
- 06.07.1896
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- Deutsch
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4002 Nichtamtlicher Teil. 154, 6. J»li 1896 Nichtamtlicher Teil. Apel, Pastor, Die Berbreitnnq guten Lesestoffs. (Schriften der Centralstelle für Arbeiterwohlfahrtsein richtungen Nr. 8.) d°. IV, 109 S. Berlin 1896, Carl Heymanns Verlag. Die in den letzten Jahren wiederholt in Einzelschritten und Zeitungsartikeln behandelte Frage der Volksbibliotheken, dann aber auch die Verbreitung guter Volksschriften und Zeitungen auf anderen Wegen, sowie die Hausbücherei werden hier auf GrunL eigener praktischer Thätigkeit und der eben berührten einschlägigen Litteratur nach allen Richtungen hin erörtert. Mit Recht wird her vorgehoben, wie gerade die ärmeren Volksklassen mit den vielfach schädlichen und dabei teueren Kolportageromanen ausgesogen würden, so daß man auf Befriedigung des Lesebedürfnisses in anderer Weife noch mehr als bisher bedacht sein müsse. Vor allem sollte man dem erwachenden Selbstbewußtsein des Volkes, das an dem Fortschritt der Zeit teilnehmen möchte, in geeigneter Weise cntgegenkommen. Ein Hauptmittel zur Befriedigung des Lesehungers bieten die Volksbibliotheken. Aber welcher Abstand macht sich hier noch zwischen den großen, teilweise von Privatleuten mit Millionen Dollars gegründeten amerikanischen und englischen und den meist winzigen deutschen Volksbibliothekcn bemerklich! Ohne übrigens der allzugrohen Anhäufung von Bücherschätzen an einzelnen Punkten das Wort zu reden, im Gegenteil für eine angemessene Verteilung in kleinere Volksbibliotheken sich aussprechend, weist der Verfasser doch statistisch die in englischen und amerikanischen Ortschaften im Vergleich zu den Einwohnerzahlen zwei- bis dreifach so starken Buchbenutzungen (Entleihungen) nach, als sie in deutschen Orten Vorkommen. Hierbei wären nun freilich wohl außer den schon vom Verfasser selbst als unberücksichtigt genannten Schul- und Vereinsbibliotheken die in Deutschland sicher weit zahlreicher als im Ausland vorhandenen und benutzten Leihbibliotheken mit in Anschlag zu bringen. Ließe eine annähernde Statistik der selben sich aufstellen, so würde sich doch wohl eine in Deutschland bei weitem stärkere Buchbenutzung als im Ausland ergeben. Jeden falls aber sind die Bestrebungen um Gründung weiterer Volks- vibliotheken, auch die hier gemachten, reichlich mit Statuten und Formularen bestimmter Volksbibliothekcn versehenen Vorschläge über Auswahl und Ordnung der Bücher, sowie über Einrichtung und Verwaltung der Bibliotheken im allgemeinen zu billigen. Schwerlich dürste hier irgend ein Punkt von Bedeutung unerörtert geblieben sein. In einem besonderen Kapitel werden noch verwandte Biblio theken, wie Fabrik-, Vereins-, Soldaten-, Krankenhaus-, Fortbil dungsschul-, Kinderbibliotheken kurz abgehandelt. Es folgen dann weiter interessante Mitteilungen über Lesehallen, Volkslesevereine, Leseabende, alles wie bisher mit Litteraturangaben versehen und mehr oder weniger zur Nacheiferung anregend. Die folgenden Auseinandersetzungen über Verbreitung guter Volksschristen, schließlich auch von Zeitungen, Zeitschriften und sonstigen periodisch erscheinenden Preßerzeugnissen, vorzugsweise auf dem Wege der Kolportage, dürfte für Buchhändler im ganzen weniger Interesse haben, insofern es sich hier meist um die Be strebungen spezifisch konfessioneller Vereine handelt. Anerkennung aber verdient es, daß ein Geistlicher selbst den Wunsch ausdrückt, daß die hier vorherrschende Tendenz spezifisch christlicher Schriften auf gute Volksschristen im allgemeinen auszudehnen sei. Eben aus diesem Grunde möchte man sich der Ansicht zuneigen, daß die Kol portage ausschließlich Sache des konfessionslosen Buchhandels bleiben könnte, der freilich um so strenger auf Verbannung aller Schund literatur halten müßte. — I-ast, not Isaet wird hervorgehoben, wie wünschenswert es sei, daß nicht nur die sogenannten Gebil deten, sondern jede Handwerker- und Arbeiterfamilie ihre eigene kleine Hausbücherei besitze. Dem kann man nur von Herzen bei stimmen. Ein kleines Konversationslexikon, die Hauptwerke unserer Klassiker, ein gutes Volksliederbuch und manches andere sollte in keinem Hause schien. Zu verwundern ist es, daß durch die billigen Ausgaben der Reclamschen Universal-Bibliothek, von Meyers Volksbüchern, Hendels Bibliothek der Gesamtliteratur u. s. w. der so leicht zu befriedigende Drang zur Errichtung einer eigenen kleinen gediegenen Bibliothek noch nicht in weitere Kreise gedrungen ist. (Eine fortgesetzte Aufgabe des Buchhandels, der ja zwar in bibliographischen Zusammenstellungen der -besten Bücher» schon viel gethan hat, wäre es, hier durch Zusammenstellung geeigneter Biblio theken den rechten Weg zu zeigen. -In der Beschränkung zeigt sich der Meister«.) Auch die in Frankreichs Schulen allgemein übliche Sitre der Schulprämien wird hier wenigstens sür die Abiturienten der Volksschulen und die Konfirmanden empfohlen, schließlich auch ein kurzes Verzeichnis von Büchern geliefert, die sich zum Ver schenken an Dienstboten eignen. Am Buchhandel vor allem ist es, den guten Samen, der in der vorliegenden Schrist ausgestreut wird, zur Reife zu bringen und ihn in immer weitere Kreise auszustreuen — vorausgesetzt, daß wir uns noch mehr als der Verfasser von jeder einseitigen Be tonung eines Religionsbekenntnisses freihalten. —n. Schwindelhaste Kolportage. Dem Schwäbischen Merkur entnehmen wir den nachfolgenden Bericht über eine Verhandlung vor der Strafkammer des Land gerichts Stuttgart: Stuttgart, 26. Juni. Wegen Privaturkundenfälschung und Betrug stehen heute 6 Angeklagte vor der Strafkammer: 1) der 2Sjährige ledige Buchhändler Emil Jakobi von Bertelsdorf in Sachsen, 2) der 22jährige ledige Kaufmann Max Lasse von Magde burg, 8) der 80jährige ledige Kellner Julius Oßt von Maryland, Kreis Ost-Sternberg in Brandenburg, 4)die ledige 18jährige Katharine Kämpf von Oetisheim, O.-A. Maulbronn, b) die 17jährige ledige Zigarettenmacherin Pnuline Peter von Stuttgart, 6) die 20jährige verheiratete Math. Blepp, geborene Peter von hier. Jakobi fallen 6 Vergehen des vollendeten, eines des versuchten Betrugs, sowie ein fortgesetztes Verbrechen der Privaturkundenfälschung zur Last: Losseein vollendeter Betrug und eine Privaturkundenfälschung: Oßt Vergehen des vollendeten Betrugs und eine Prioaturkundcn- fälschung; Kämpf 6 und Peter 3, Blepp 2 vollendete Bctrugsfälle, Kämpf und Peter je 1 Privaturkundenfälschung. Jakobi hatte im Januar und Februar d. I. die 5 genannten Mitangeklagten als Abonnentensammler in seiner Kolportagebuchhandlung auf das Predigtbuch «Christliches Kirchenjahr» angestellt und sie beauftragt, den betreffenden Abonnenten zu sagen, daß der größte Teil des Reingewinnes wohlthätigen Zwecken zu gut komme. Die Sub skriptionslisten, die die Sammler vorzeigten, begannen sämtlich mit 3 fingierten Namen von Personen, die nicht abonniert hatten, auch gar nicht existierten. Ferner zeigten die Sammler ein Empfehlungsschreiben eines Gemeinderats in Stuttgart in Original oder Kopie vor, das das Unternehmen empfiehlt. Die Anklage geht davon aus, daß die 5 Sammler wußten, die 3 Namen auf den Subskriptionslisten seien fingiert, und das ganze Unternehmen sei kein Wohlthätig- keits-, sondern ein buchhändlerisches Spekulationsunternehmen. Die Sammler und Sammlerinnen erhielten von Jakobi 33fig bis 40°/„ Rabatt von den Bareinnahmen und waren sehr eifrig in Stuttgart, Cannstatt, Ludwigsburg, Heilbronn, Tübingen, Eßlingen und Kornthal thätig. Häufig kam es vor, daß die Leute keine Hefte des Predigtbuches wollten, aber doch für den wohlthätigen Zweck etwas geben wollten, was dann auch angenommen wurde. — Jakobi behauptet, daß sein Unternehmen ein reelles buchhändlerisches ge wesen sei, wenn auch das Mäntelchen der Wohlthätigkeit nur Reklamezweck gewesen sei. Sie seien nicht angewiesen worden, Sammlungen sür Wohlthätigkeitszwecke zu machen. Die drei fingierten Namen auf den Listen sieht er nicht als Fälschung an; es waren übrigens tatsächlich keine Namen von Bedeutung, die andere nach sich ziehen konnten. Die fünf übrigen Angeklagten wollen sämtlich in gutem Glauben gehandelt haben, denn der Brief des Stuttgarter Gemeinderats und eine Quittung von demselben über erhaltene 10 ^ waren ihnen die Beweise der Reellität des Unternehmens. Alle bestreiten, daß sie als Kollektanten zu den Leuten gegangen seien, sie gingen zu ihnen nur als Kolporteure und wollen auch kein Geld ohne Abgabe von Büchern an genommen haben. Sie wollen die Listen erhalten haben, ohne zu wissen, daß die obenstehenden drei Namen fingiert seien! Pauline Peter kann nicht leugnen, daß sie bei dem Pfarrer in Kornthal einen falschen Namen in dessen Gedenkbuch einschrieb; sie will das aber gethan haben, weil sie nicht neben den vornehmen Englände rinnen stehen wollte. — Heute Nachmittag 3 Uhr begann die Ver nehmung der Zeugen, deren Zahl 43 beträgt. Die Verhandlung dauert voraussichtlich bis morgen Abend. 27. Juni. Der erste der Zeugen im Jakobi-Prozeß, Ober- konsistorial - Rat Hofprediger Or. Braun, teilt mit, daß Ende Dezember v. I. ein ihm Unbekannter ihn um eine Empfehlung des Predigtbuches -Christliches Kirchenjahr« bat, sowie einen Beitrag für den Gustav Adolf-Verein anbot. Zeuge lehnte aber nach früher gemachten Erfahrungen mit aller Bestimmtheit sofort beides ab. Gemeinderat Stähle bezeugt, daß Jakobi, als von Hofprediger Ur. Braun zu ihm geschickt, kam und ihn um Angabe eines Ver eins bat, dem er den Reinertrag des Vertriebs oben genannten Predigtbuches zuweisen könne. Zeuge nannte ihm den Verein für verschämte Hausarme und zeichnete ihn in ein darauf bezügliches Schrifstück ein, das er auch Unterzeichnete, ohne zu wissen, daß das Buch aus dem Wege der Kolportage vertrieben werden solle.
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