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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.07.1896
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- 1896-07-06
- Erscheinungsdatum
- 06.07.1896
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154, 6. Juli 1896. Nichtamtlicher Teil. 4003 Am nächsten Tage brachte ein anderer Mann 10 ^ von Jakobi mit einem Quittungsformular, aus dem Zeuge erst ersah, daß das Buch durch Kolportage verbreitet werde, womit Zeuge sehr unzufrieden war. Anfang Januar erfuhren beide vernommenen Zeugen, daß das Buch an verschiedenen Orten angeboten werde, mit ganz spe ziellem Hinweis auf sie, worauf sie eine Erklärung und Warnung gegen die Benutzung ihrer Namen erließen. — Eine Reihe weiterer Zeugen erklärt, daß Anfang Januar die beiden Angeklagten Lasse oder Oßt bei ihnen waren und sich gewöhnlich auf Gemeinderat Stähle, betr. Beiträge für verschämte Arme, den Lokalwohlthätig- keitsverein rc. beriefen; von Subskription auf ein Predigtbuch jedoch sei keine Rede gewesen oder doch nur ganz nebensächlich davon gesprochen worden. Diejenigen, denen Schriften ver sprochen waren, bekamen sie nicht. Die meisten der Geber hatten den Eindruck von dem Auftreten der Angeklagten, daß es sich um eine Kollekte handle, die unter dem Schutze des Ge meinderats Stähle stehe. Ueber das Auftreten der drei weiblichen Angeklagten wird von anderen Zeugen weiteres mitgeteilt; teilweise wurde, wenn nicht abonniert wurde, der wohlthätige Beitrag (ohne Subskription) gefordert und angenommen. Auch hier fanden die Berufungen auf Hosprediger vr. Braun und Gemeinderat Stähle statt; für das Geld wurde die Lieferung von Heften ver sprochen, diese erfolgte aber nicht. Anderseits wurde sofort um einen Beitrag für verschämte Hausarme im Aufträge Stähles ge beten, ohne daß auch nur ein Wort von Subskription gesprochen wurde. Bekannt wird noch, daß Oßt einen Eintrag von 1 in 4 ^ abänderte, um den nächsten Zeichner zu veranlassen, mehr als 1 ^ zu zeichnen, welchen Zweck er auch erreichte. Fahnder Lindauer, der in der Stadt viele der Behelligten gehört hat, giebt an, daß alle diese Leute auf kein Predigtbuch abonnieren, aber doch einen Wohllhätigkeitsbeitrag geben wollten, weil die Sammlung angeblich von Gemeinderat Stähle ausging. Marie Beßmer, Tochter des Buchhändlers Beßmer, hat die Echtheit der Unter schriften aus den Subskriptionslisten, die Jakobi ihrem Vater ver kaufen wollte, geprüft und überall gehört, daß die betreffenden Unterzeichner nicht abonniert, sondern nur einen einmaligen Bei trag gezeichnet hätten. Die Zahl dieser Zeichner beträgt 600. B. sollte für jeden angeblichen Subskribenten 50 -ß zahlen. 27. Juni. Heute früh 8'/? Uhr wurde mit dem Verhöre der auf 54 gestiegenen Zahl von Zeugen fortgefahren. Stadtpfarrer Haller von Ludwigsburg giebt an, daß am 14. Januar ein Mann bei ihm war, der sich als Vertreter des Evangelischen Verlags instituts in Stuttgart vorstellte und ihm die Mitteilung von der Her ausgabe eines neuen Predigtbuchs machte, dessen Reinertrag zu 40 o/o wohlthätigen württembergischen Anstalten zufallen sollte. Staotpfarrer Haller wurde um die Empfehlung des Werkes, sowie um Lieferung einer Predigt gebeten. Die Empfehlung gab er sofort; die Predigt stellte er für später unter Umständen in Aussicht; als Anstalt, der die Wohlthat zugewiesen werden könne, wurde vom Zeugen die Werner'sche Kinderheilanstalt genannt. Diese erwies sich auch als sehr zugkräftig, denn überall, wohin das Fräulein (Kämpf) oder der Herr (Lasse) kam, wurde gern gegeben, meist 2 — aber nur als Beitrag für die Werner'sche Kinderheilanstalt, nicht als Subskriptionspreis für das Predigtbuch — für welche in der Hauptsache auch gebeten worden war. Als andern Tags Stadtpfarrer Haller erfuhr, daß mit seiner Empfehlung schon tüch tig kolportiert worden sei für ein Buch, das seines Wissens erst im Sommer erscheinen solle, protestierte er zuerst bei Jakobi dagegen und stattete später einen Bericht hierüber an das Stadtpolizeiamt ab. — Eine Anzahl Zeugen aus Ludwigsburg beschreibt das Auf» treten der Jakobi'schen Sendboten; es war fortwährend das selbe, wie gestern schon mitgeteilt. Vom res. Stadtschultheißen Schalter in Eßlingen erwirkte am 4. Februar der Angeklagte Lasse ebenfalls eine Empfehlung des Unternehmens; Schalter hatte den Eßlinger Verein für verschämte Hausarme als Empfänger der Wohlthat genannt. — Hierauf wurden die Eßlinger Zeugen mit demselben Ergebnis wie bisher vernommen. Es war zum Teil um Beiträge für die Hausarmen gebeten, zu Abonnements aber nicht aufgefordert worden. Es hat auch niemand später etwas von einem Predigtbuch erhalten. — Namentlich war es die Kämpf, die in dieser Weise Beiträge forderte; sie leugnete aber auf das entschiedenste; sie will nur Abonnenten gesammelt haben. Lasse hatte in Eßlingen 2 Namen eigenhändig auf die Liste gesetzt, bei denen er gar nicht war, also auch nichts empfangen hatte. In Cannstatt wiederholen sich die Vorgänge, die der Ange klagten Kämpf zur Last fallen. Hier berief sie sich wieder auf Hof prediger vr. Braun und Gemeinderat Stähle, erhielt aber auch Bestellungen auf das Predigtbuch. — In Tübingen brachte Jakobi, angeblich als Reinertrag aus dem Verkauf eines Predigtbuches, der Frau Professor Neumann für den Hilfsocrein Tübingen 5 Er sei an diese Abgabe durch die Verlagsanstalt gebunden. Mit der Quittung wurde gleich darauf von Haus zu Haus Reklame für das Buch gemacht, was der Polizei angezeigt wurde. Erst nachher erfuhr die Frau Professor, daß Jakobi die 5 früher auch der Drnm>düchz>rgi°r Jahrgang- Frau Professor Weber angeboten hatte, die aber wegen gemachter schlimmer Erfahrungen das Geld nicht annahm. Lasse und Oßt machten hier die Geschäfte in verschiedenen Formen, aber stets in unklarer, verschleierter Weise, wobei das Predigtbuch gewöhnlich Nebensache, der Wohllhätigkeitsbeitrag die Hauptsache war. — In Kornthal waren die beiden Mädchen Kämpf und Peter, beriefen sich auf Braun und Stähle und erhielten eine Anzahl Beiträge, wofür sie Predigthefte versprachen. Der Angeklagte Jakobi spricht sich noch über die Ausgabe von Quittungen aus, die er nach seiner ersten Festnahme und Freilassung den Beilragspendern übergeben ließ; es geschah dies, um den Kolporteuren die Möglichkeit unreeller Handlungen zu nehmen. 29. Juni. Am Samstag nachmittags 4 Uhr begannen die Parteivorträge. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft, vr. Ließ, wies auf das gemeingefährliche, die öffentliche Sicherheit schädigende Treiben des Jakobi und seiner Gehilfen hin und beantragte gegen ihn zwei Jahre zwei Monate Gefängnis, sowie fünf Jahre Ehr verlust; gegen Lasse und Oßt je sechs Monate, gegen die Kämpf zwei Monate, gegen die Peter vier Wochen Gefängnis, während die Blepp freizusprechen wäre. Der Verteidiger des Hauptange klagten Jakobi, Rechtsanwalt vr. Reis, suchte mit großem Auf wand dialektischer Schärfe zu beweisen, daß die verübten Be trügereien, so weit solche vorhanden seien, aus keinen Fall Jakobi zur Last fallen, der seinerseits alles gethan habe, daß das Publi kum nicht getäuscht werde; wenn die Kolporteure anders handelten, als ihnen aufgetragen war, so sei Jakobi nicht dafür verant wortlich zu machen. Er wußte nicht, daß die Namen auf den Listen keine Abonnenten seien, sonst hätte er sie nicht an Buchhändler Beßmer verkaufen wollen und wäre nicht darauf eingegangen, daß dieser die Güte der Namen prüfe, ehe er Zahlung leiste. Das Vergehen der Urkundenfälschung könne ihm aber ebenfalls nicht zur Last gelegt werden; er hatte keine Ahnung davon, daß er sich durch das fingierte Vorschreiben von einigen Namen auf die Bestelllisten hier strafbar mache, nachdem ihm in Karlsruhe, wo er auch in Untersuchung gestanden war, der Staatsanwalt selbst gesagt halte, dies sei nicht strafbar. Er hielt dies nur als Vorschrift, wie man einschreiben solle, und dachte dabei auch an Leute, die nicht als erste auf solch einer Liste stehen wollen. Somit ging der Antrag des Verteidigers auf Freisprechung des Jakobi. — Die andern fünf Angeklagten ver teidigten sich selbst; sämtlich erklären sie sich für durchaus unschuldig; die Etnzeichner hätten sich in Mißverständnissen befunden und sie (die Sammler) nicht ausreden lassen, auch nicht selbst lesen wollen, was sie ihnen vorlegten; so seien die Jrrtümer in ihnen entstanden. Sie alle baten um Freisprechung. Betreffs der fingierten, vor geschriebenen Namen auf den Listen gab Lasse zu, gewußt zu haben, daß sie fingiert waren; er hatte das aber für einen erlaubten Geschästskniff gehalten, wie jeder Geschäftsmann wohl einen solchen habe. Es sollte damit den Bestellern das Einzeichnen erleichtert werden. — Nach Schluß der Beratung verkündigte die Strafkammer, der Landgerichts-Direktor Hermann präsidierte, folgendes Urteil: Jakobi erhält 1 Jahr Gefängnis und 5 Jahre Ehrverlust, Lasse 6 Monate, Oßt 4 Monate und die Kämpf 3 Wochen Gefängnis, die Peter und die Blepp werden freigesprochen. Bei Bemessung der Strafen wurde nicht sowohl die Höhe der Beträge, um welche betrogen wurde, als vielmehr die Gemeingefährlichkeit des Treibens der drei Angeklagten ins Auge gefaßt, wie auch die Vorstrafen des Jakobi berücksichtigt. Es wurde als erwiesen angenommen, daß die Zahlungen von 25 ^ für den wohlthätigen Zweck in Stuttgart, Ludwigsburg und Tübingen nur Schein waren zum Zweck der Erlangung von Empfehlungen, und daß Jakobi nicht gewillt war, später noch weitere Zahlungen zu machen. Das Vorschreiben fingierter Namen auf die Subskriptionslisten ist als »vollendete Privaturkundenfälschung anzusehen. Losse und Oßt wußten, unter welchen Umständen das Geschäft gemacht wurde, und sind als Mitthäter zu bestrafen, und die Kämpf hat ganz geflissentlich falsche Angaben gemacht, um die Leute zu Zahlungen zu veran lassen, während die Peter und die Blepp nach dem ersten polizeilichen Einschreiten ihre Thäligkeit einstellten, die Peter auch, die erst 17 Jahre zählt, wohl nicht beurteilen konnte, daß das Geschäft unreell ivar. Den Verurteilten wurden mildernde Umstände be willigt, und je zwei Monate der Untersuchungshaft kommen in Abzug. Die drei Männer haben je drei Zehntel, die Kämpf ein Zehntel der Kosten zu bezahlen. Kleine Mitteilungen. ^S8ooiation littsrairs st artistigus intsrnationals. — Der achtzehnte Kongreß der »Lssoointion littörairs st artistiguo intsrns-tiourtts» wird vom 22. bis 29. August d. I. in Bern ab gehalten werden. Die Verhandlungen über den Schutz des littera- rischen und künstlerischen Eigentums werden im Hause des Bundes rats stattfinden. b46
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