110, 13. Mai 1911. Künftig erscheinende Bücher. «orjendlau f. t. «r>chn. Buchhandel 5885 A Wir versandten soeben Prospekt über: Robert Michel: Geschichten von Insekten Geheftet 3 Mark, gebunden 4 Mark Wenn man davon spricht, daß ein Dichter den Menschen in seiner Verbindung mit der Natur darstellt, so versteht man darunter säst immer nur seine Ver bindung mit der Landschaft; sei es, daß die Landschaft als Seelenzustand des müßigen oder als Arbeitsfeld des tätigen Menschen ausgefaßt ist. Von Tieren sind es gewöhnlich nur die wenigen Haustiere und das mehr oder minder ästhetische, sentimentale Spiel mit ihnen. Den jungen Wiener Dichter Robert Michel trieb es vom Anfang seiner Produktion an, sich damit nicht zu be gnügen. Er sieht den Menschen umgeben von einer schreckhaften Fülle von Erscheinungen, die alle scheinbar nichts mit ihm zu tun haben, und deren Vorhandensein ihn tief beunruhigt. And dieses Gefühl der Beunruhigung, dieses Erstaunen vor der bloßen Tatsächlichkeit aller der vielen Erscheinungen um uns, der Steine, der Tiere und der Pflanzen, macht den Fond seiner Produktivität aus. Schon sein sehr dichterischer, merkwürdiger Roman „Der steinerne Mann" war voll davon, und jetzt zeigt sich seine Eigenart in einem neuen Buch, das unter dem Titel „Insekten" erscheint. Das sind Geschichten und Erzählungen von Libellen und Fliegen und Schmetterlingen, von Spinnen, Grillen und Käfern. Bald ist das Insekt nur ein Ornament, bald wird es durch einen rein tatsächlichen Zufall zum materiellen Schicksal eines Menschen, dann wieder scheint es wie ein Symbol und wie die Beunruhigung und Ahnung eines unfaßbaren Zusammenhangs. Es sind keine „naturwissenschaft lichen Plaudereien", sondern ein Dichter will den Menschen, das große Tier, in seiner Verbindung mit dem, was kriecht und fliegt, fühlen und fühlen lassen. Dabei erzählt er mit großer und naiver Einfachheit und ist niemals der Ver künder seiner eigenen Originalität. Es ist in dem Buch ein Stück von jener echten Mystik vor den Lebenserscheinungen, die es nicht wagt, zu deuten, und die schon erschreckt vor der bloßen Existenz der Welt. S. Fischer, Verlag, Berlin