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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.09.1906
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1906-09-06
- Erscheinungsdatum
- 06.09.1906
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- Deutsch
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207, 6, September 1906. Nichtamtlicher Teil. 8429 folgt in der Reichsdruckerei die Gummierung, die Anbringung eines unsichtbaren Unterdrucks und die sorgfältige Wiederherstel lung der beim Gummieren verloren gegangenen Glättung. Dabei wird seit einigen Jahren ein vom Maschinenbauinspektor Töbel- mann erfundenes und ihm patentiertes Verfahren (D. R.-P. 132 241 und 134 212) angewandt, das sowohl im postalischen wie im geschäftlichen Verkehr manche Vorteile gebracht hat. Die gum mierte Papierbahn wird vor dem Glätten über zwei im Winkel von 90° angeordnete eiserne Lineale geführt und der Gummi aufstrich dabei in unzählige kleine Teile gebrochen; dadurch wird erreicht, daß das Papier für die Folge glatt liegt und die lästige Neigung zum Aufrollen verliert. In der Gummiererei muß das Rollenpapier in Bogen geschnitten werden. Hierbei wird durch eine mindestens dreimalige Zählung die gewonnene Bogenzahl genau sestgestellt, und bei jeder weitern Bearbeitung des Papiers wird es sorgfältig gezählt und nur gegen Quittung wettergegeben. Bei jedem Übergang von einer Werkstatt in die andre tritt eine doppelte Zählung ein, beim Dienstschluß kommen alle Vorräte in einbruchsichere, doppelt verschlossene Wertgelasse. Von der Gum miererei gelangt das Papier in die Druckerei und in die Per- foriererei. Nach dem Perforieren wird jeder einzelne Bogen ge prüft. Daran schließt sich in einer andern, »Wertzeichenpriifung« genannten Werkstatt eine nochmalige bogenweise Prüfung und das vorschriftsmäßige Verpacken an. Bis ins einzelne gehende Vorschriften, straffe Leitung und sorgsame Kontrolle sind nötig, um die vorstehend kurz ange deuteten Leistungen in ruhigen Zeiten gut und pünktlich durch- zusühren; große Schwierigkeiten entstehen aber, wenn neue Wert zeichen eingeführt werden. Zu den bedeutendsten auf diesem Ge biet bisher in der Reichsdruckerei wie in der gesamten deutschen Druckindustrie gelösten Aufgaben dürften die mit der Durchführung der neuesten Steuerreform verbundenen Arbeiten gehören, und zwar sowohl mit Rücksicht auf den Umfang der Arbeit, als aus die Kurze der zur Verfügung stehenden Zeit. Es handelte sich dabei um die Herstellung von 126 neuen Sorten von Wertzeichen für die Zigarettensteuer, Frachtstempel steuer und Personenfahrkartensteuer und von drei Sorten Steuer karten für Kraftfahrzeuge. Bei fast allen Sorten fehlten sichere Bedarfsangaben; die Einrichtungen mutzten also so getroffen werden, daß allen wechselnden und unvorhergesehenen Anforde rungen in kurzer Zeit entsprochen werden konnte. Ende Mai er hielt die Reichsdruckerei die Genehmigung zum Druck der ersten Steuerzeichensorten, und bereits Mitte Juni begann die Versendung der Steuerkarten und Steuerzeichen an die Amtsstellen. Um die rechtzeitige Versorgung der einzelnen Bedarfsstellen nicht zu ge fährden, wurde im letzten Augenblick auch noch die Versendung an fast sämtliche Hauptsteuerämter von der Reichsdruckerei übernommen. Bis Mitte Juli sind ungefähr 119 000 000 Zigarettensteuerzeichen, 29 000 000 Frachstempelmarken, 120 000 Steuerkarten, zusammen 148120000 Stück verschickt worden. Allein die Zigarettensteuer zeichen und Frachtstempelmarken stellen einen Nennwert von ungefähr 42 000 000 dar. Trotzdem der Reichsdruckerei für ihre Arbeiten nur wenig Zeit gewährt werden konnte, ist bet keiner Amtsstelle eine Verlegenheit eingetreten. Wo die ganze Menge nicht geliefert werden konnte, ging sofort eine Teillieferung ab. Eine solche Leistung neben den laufenden, zurzeit umfangreichen andern Arbeiten — Papiergeld, Anleihescheine, Zinsscheine, Spar marken, Stempelmarken usw. — ist nur dadurch möglich gewesen, daß alle Vorarbeiten, wie Anfertigung des Papiers, der Druck formen usw., rechtzeitig und mit dem Einsetzen aller Kräfte be-, trieben worden sind. Der Umfang dieser Vorarbeiten ist durch die während der Vorverhandlungen mehrfach wechselnden Absichten der gesetzgebenden Körperschaften noch erheblich gesteigert und die Durchführung der Arbeiten wesentlich erschwert worden. Neben dieser auf dem Gebiet der Wertzeichenherstellung in der Geschichte der Reichsdruckerei unerreicht dastehenden Leistung gingen die besonderen, durch die Steuerreform und durch die Änderung der Handelsverträge herbeigesührten umfangreichen eiligen Druckarbeiten einher; davon seien nur erwähnt das Waren verzeichnis zum Zolltarif, die Anleitung zur Zollabfertigung, die Rechentafeln für die Zoll- und Steuerstellen und die Handaus gaben der sämtlichen neuen Steuergesetze. Kleine Mitteilungen. Gerichtsverhandlung. — Eine ursprünglich vom Kölner Männerverein zur Bekämpfung der öffentlichen Unsittlichkeit aus gegangene Strafanzeige hat eine Anklage wegen Verbreitung »un züchtiger« Schriften und Abbildungen zur Folge gehabt, dis am 1. September d. I. die 2. Ferienstrafkammer des Berliner Land gerichts I beschäftigte. Die Anklage richtete sich gegen den Verlagsbuchhändler und Schriftsteller Karl Ludwig Vanselow in Tempelhof, den Redak teur Wilhelm Vroenner in Wilmersdorf und den Schriftsteller vr. Alexander Koch in Greifswald. Als Sachverständige waren geladen: Geheimer Medizinalrat Professor vr. Fritsch, Geheimer Sanitätsrat vr. Küster, prakt. Arzt vr. Magnus Hirschfeld und Rittmeister a. D. Kießling, erster Vorsitzender der photographischen Ausstellung im Abgeord netenhause. Herr Vanselow ist verantwortlicher Redakteur der in Berlin erscheinenden Zeitschrift »Die Schönheit«. Wie die Anklage an erkennt, erörtert die Zeitschrift insbesondere sexuelle Fragen in ernster Weise; die Anklage hält aber doch einzelne Artikel und Abbildungen für unzüchtig. Beanstandet wurden die Abbildungen -Unschuld« und -Träumerei«, »Ausblick- und »Spiegelbild«, sowie der Artikel -Brautnacht, Mahnungen und Betrachtungen von Karina Karin«. Ferner erscheint in Berlin, ebenfalls von Vanselow herausgegeben, die Zeitschrift »Geschlecht und Ge sellschaft«, deren verantwortlicher Redakteur der Angeklagte Broenner ist. Aus dem Inhalt dieser Zeitschrift waren beanstandet die beiden Artikel: »Die zwei Arten der geschlechtlichen Anziehung« von vr. Alexander Koch-Hesse und »Die geschlechtliche Zuchtwahl« von vr. wsä. Friedrich Sisbert, abgedruckt aus dem vr. Siebert- schen Werk »Sexuelle Moral und sexuelle Hygiene«. Die Anklage steht bezüglich des letztem auf dem Standpunkt, daß, wenn auch der Artikel in einem wissenschaftlichen Werk nicht zu beanstanden sei, so doch seine Veröffentlichung in einer Zeitschrift als unzüchtig zu erachten sei. Der Angeklagte Broenner hat die inkriminierten Nummern der Zeitschrift »Geschlecht und Gesellschaft- verantwort lich gezeichnet. Der Angeklagte Vanselow legte im Termin in längern Aus führungen dar, daß den beiden Zeitschriften auch nicht der geringste Vorwurf eines unzüchtigen Charakters gemacht werden könne. Es handle sich vielmehr um ein vom künstlerischen wie auch vom wissenschaftlichen Standpunkt aus von allem Obszönen freige haltenes Werk, in dem nur die Förderung der Gesundheit, der Schönheit des menschlichen Körpers und, damit verbunden, der Sittlichkeitspflege angestrebt werde. Gerade dadurch, daß ein Volk nach und nach an die unbefangene Betrachtung des Nackten gewöhnt werde, könne die Unsittlichkeit bekämpft werden. Der ganze nackte Körper könne auf den normal Veranlagten niemals unzüchtig wirken. Der beste Beweis hierfür sei, daß gerade in einer ge wissen Schmutzliteratur niemals der nackte Körper dargestellt werde, sondern nur ein Teil desselben. Gerade dieses Verhüllte wirke eben unzüchtig. Auch die beiden andern Angeklagten be stritten, daß die Zeitschriften einen unzüchtigen Charakter an sich trügen. Zu dem Artikel »Die zwei Arten geschlechtlicher An ziehung« bemerkte der Angeklagte Koch, daß der Zweck des Artikels dahin gehe, das sittliche Verantwortlichkeitsgefühl durch die Er örterung dieses wichtigen und schwierigen Problems zu schärfen und darzutun, daß es nicht recht sei, leichtfertig Kinder in die Welt zu setzen, weil zwei Personen glauben, daß sie sich lieben. Auch der Angeklagte Vanselow versicherte, daß dieser Artikel eine an sich hochsittliche Tendenz: die Kräftigung des Verantwortlich keitsgefühls habe. Der Artikel »Geschlechtliche Zuchtwahl« habe die Tendenz, die Rassendegeneration zu verhüten, und dahin zu wirken, daß eine gesunde Generation nach und nach wieder heran wachse und die Paarung der Menschen nicht nach den Verlockungen des Geldsacks, sondern nach der Rücksicht auf eine gute Rassen- mischung erfolge. Die Zeitschrift stehe auf dem Standpunkt, daß Gesundheit Schönheit und Schönheit Sittlichkeit sei. In der Beweisaufnahme bekundete Rittmeister a. D. Kießling, daß vom photographischen Standpunkt aus die Abbildungen als durchaus künstlerisch zu bezeichnen seien. Er bekundete ferner, daß die einzigen Akt-Photographien, die in der Photographischen Aus stellung zur Darstellung gebracht wurden, aus denjenigen ausge- 1109 Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 78. Jahrgang.
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