Die Presse begrüßt zustimmend das neue Werk des 75jährigen Dichters Gerhart Hauptmann Das meiner ^uZenci Autobiographisches Werk in zwei Bänden / Leinen 12.-RM ^tV>an kennt den äußeren Ablauf des geschilderten Lebens seit langem: die Farben, die das Bild hier bekommt, sind strotz allem Vermissen neu und geben der Vorstellung vom Wesen Hauptmanns, die man aus seinem Werk ablas, mehr als einen unerwarteten Zug. Er läßt das Bild eines Knaben aufwachsen, der zwischen Zügen eines schlesischen van Gogh und einem jungen Kunstschauspieler mit Bummelneigungen schwankt - und gibt daneben das Bild der Heimat seiner Dichtung mit einer Eindringlichkeit, wie man sie bisher nicht erlebte. Man steht, wie der Dichter zeit seines Lebens in seiner dichten heimatlichen Welt geblieben ist, weil er mit Recht die tragende Kraft behalten wollte, die von ihr zu ihm kam. Gerhart Hauptmann erzählt das alles von der sicheren Warte des Alters — wie die Geschichte eines anderen. Er hat eine ruhig überlegene Haltung seines Berichts gefunden, ohne Sentimentalität und ohne die milde Tönung sonstiger Jugend- erinnerunge». Er erzählt ein Schicksal - schildert den Weg eines jungen Menschen, der sich im wesentlichen dem Schick sal vertraute. Er berichtet im zweiten Band schon so manches von dem Dichter Hauptmann, teilt unbekannte frühe Verse und dergleichen mit: er gibt im ersten Band ein Bild der Fundamente, der Voraussetzungen. Er zeigt freimütig die schwachen Stellen und, wie dieses Leben auch sehr anders hätte ausgehen können - er zeigt cs von der Warte dessen, der das Aben teuer bestand. Man kennt den Ablauf vorher, weiß viel von dem, was er meldet - und liest das Ganze doch mit der Spannung und dem Anteil, den das Lebensbild eines besonderen Menschen vor dem Hintergrund einer besonderen Zeit immer wieder erregt. Deutsche Zukunft Ä?it aller Genauigkeit, die die zwielichtige Atmosphäre seiner Kinderwelt Stück für Stück erstehen läßt, vertieft sich dieses Alterswerk Hauptmanns in die kleinen Begebnisse und Begegnungen in Obersalzbrunn, wo der Vater den Gasthof „Zur Preußischen Krone" hatte, in dem für das Kind das Nebeneinander der glänzenden Welt der Kurgäste und der gesunden, aber armseligen Welt des einfachen Volkes io der Kutscherkneipe ein so unvergeßliches, sein Weltbild vorformendes Er lebnis wurde. Hauptsächlich aber läßt es noch einmal die inneren Nöte des jungen Menschen lebendig werden. Mit dem Bericht von den Arbeiten an „Vor Sonnenaufgang" bricht Hauptmanns Autobiographie ab. Nur das Abenteuer seiner über reichen, genialen aber schwierigen, von unsteten Zweifeln über seine künstlerische Berufung zerrissenen Jugend sollte es schildern. Der alte Gerhart Hauptmann hat - so spürt man nicht ohne Ergriffenheit - in diesem Buch noch einmal seine schönste, verheißungsvollste Zeit, in der in Schmerzen und Glück alle Träume noch ins Übermenschliche und Ewige drängten, für sich selbst erwecken wollen. Es sollte keine Deutung seines Werks aus den Jugenderlebnissen sein; was in seinem Werk Gestalt SS4S Nr. 272 Mittwoch, den 24. November 1937