Leipzig als Buchhandels-Zentrale Von ffelir Garlmann Wer sich mit der Organisation des deutschen Buchhandels in Leipzig beschäftigt, wird fragen, warum gerade Leipzig ein Mittelpunkt für den Buchhandel geworden ist, und zwar nicht nur für das deutsche Sprachgebiet, sondern darüber hinaus für den Buchhandel der ganzen Welt. Diese einzigartige Stel lung der Buchstadt Leipzig ist begründet in ihrer zentralen geo graphischen Lage im mitteleuropäischen Raum und in den günstigen VerkchrSbedingungen, die Leipzig von jeher mit allen wichtigen Handelsplätzen verbunden haben. Sie ist das Er gebnis eines langen geschichtlichen Werdegangs, der in eng stem Zusammenhang steht mit den Leipziger Messen. Schon um 1470 kann man eine buchhändlerische Messe in Leipzig in Verbindung mit den Leipziger Messen fcststellen. Bei den damaligen beschränkten Transportmöglichkeitcn war es unpraktisch, die nach Leipzig geschafften, aber auf der Messe nicht verkauften Bücher nach Beendigung der Messe wieder abzutransportieren. Man ließ sie daher an Ort und Stelle, übergab sie einem Kommissionär und beauftragte diesen, in der Zeit zwischen den Messen von den eingelagerten Büchern Liefe rungen vorzunehmen. Der Buchhändler, der von Leipzig aus Bücher beziehen wollte - und je umfangreicher die Ausliefe rungsläger in Leipzig wurden, um so häufiger war dies der Fall -, beauftragte dann seinerseits einen Leipziger Kom missionär, ihm die gewünschten Bücher in einer Sammelsen dung geschloffen zuzustellen, um an Frachten zu sparen. So sind noch heute die Grundlagen des Leipziger Platzes als Mittelpunkt des Buchhandels einmal die AusliefcrungSläger der Verleger, andererseits der Wunsch des Sortimenters, die bestellten Bücher und Zeitschriften in Form einer vollgewich tigen Sammelsendung von Leipzig aus zu erhalten. Der deut sche Verlag ist infolge seiner Verbundenheit mit dem vielfach örtlich bedingten Geistes- und Kulturleben in den deutschen Landen und Gauen über das ganze Reichsgebiet zerstreut. Die ser Dezentralisation des Verlages wird durch die Einrichtun gen deS Leipziger Platzes eine Zentralisation des Verkehrs über Leipzig gegenübergestellt. Die Fracht bis nach Leipzig trägt der Verleger. Die Fracht ab Leipzig der Sortimentsbuchhändler. Auf diesen Grundlagen hat sich in Leipzig auch ein blühendes Buchgewerbe entwickelt. Der Verlag spart die Fracht nach Leipzig, wenn er hier drucken und binden läßt und durch seinen Kommissionär vom Leipziger Lager ausliefert. Der Sortimentsbuchhandel hat den Vorteil, Bestellungen nicht hundertfach verzettelt an die einzelnen Verleger senden zu müffen, sondern er schickt einen Sammelbrief an seinen Leipziger Kom missionär, der in Verbindung mit der Organisation des Leip ziger Platzes die Verteilung und Zuleitung an die Verleger übernimmt. Ebenso werden die bestellten Bücher und Zeit schriften aus den verschiedenen Auslieferungslägern Leipzigs in einer Sammelsendung zusammengefaßt, die die Gewichts grenzen voll auSnutzt und auf billigstem Wege als Bahngut oder durch die Post nach dem Wohnsitz des Bestellers beför dert werden kann. Eine solche Zentralisation des buchhändlerischcn Verkehrs kann sich in der Zeit des Flugzeugs und des Radios nur behaupten, wenn sie keine unerträglichen Verzögerungen bringt. Die Leip ziger Kommissionäre haben daher untereinander und mit den in Leipzig ansässigen Verlegern eine bis ins kleinste erprobte Organisation aufgebaut, die allen Anforderungen auf Schnel ligkeit und Zuverlässigkeit gewachsen ist, den sogenannten „Empfohlenen-Verkehr". Der Sinn dieser Verkehrseinrich tung ist, daß eilige, als „empfohlen" bczeichnete Bestellungen, die mit der ersten Post morgens in Leipzig eingehen, noch am gleichen Tage in einer Sammelsendung Leipzig verlassen, so daß der auswärtige Buchhändler, der die Laufzeit einer Sen dung ab Leipzig bis zu seinem Wohnsitz kennt, genau weiß, wann das bestellte Buch bei ihm eintreffen muß. Zur Er leichterung des Austausches der Leipziger Buchhändler unter einander dienen die Leipziger Bestellanstalt und die Paket- 6