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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.03.1938
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1938-03-29
- Erscheinungsdatum
- 29.03.1938
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- Deutsch
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Grundsätzlich wird von jedepi unserer Verlagswerke ein Exemplar ausbewahrt und zwar im Original-Einband, falls in einem solchen ausgegeben wird; die broschierten Neuerschei nungen habe ich bis zum Jahre 1916 in einen gleichartigen Bibliotheksband (Leinen) einbinden lassen, durch dessen Farbe nach den einzelnen hier gepflegten Wissenszweigen unterschieden, beispielsweise blaue Einbände Volkswirtschaft, braune Bände Rechtswissenschaft usw., in ferneren unterschiedlichen Farben die größeren Serienwerke. Der Broschuren-Umschlag wurde mitein gebunden. — Später wurde alles, was nur broschiert ausgegeben wurde, so ins Archiv gestellt. Numeriert werden die Bände, die in alphabetischer Reihen folge ausgestellt sind, nicht. Ein Verzeichnis wird durch Farb- stiststriche in einem Berlagskatalog geführt. Das Archiv bei Dunckcr K Humblot hat sich trotz der ab sichtlich einfachen Anlage bewährt, sowohl für den eigenen Ge brauch der Verlagsleitung wie auch zur gelegentlichen Aus leihung, wobei nicht ängstlich und engherzig verfahren wird. Äber das Volkstümliche und das Buch Eine andere Zeit umgab den Begriff volkstümlich mit ein wenig verächtlicher, geringschätzendcr Bedeutung. Volkstümlich besaß den Klang von einfach, primitiv, ungeistig, ungebildet. Das Heute gibt ihm weniger neuen Sinn und Gehalt, gibt ihm viel mehr den ursprünglichen Sinn zurück, verstärkt und betont ihn, verleiht ihm kraftvolle Lebendigkeit. Und diese Lebendigkeit er weist sich auf allen Gebieten kulturellen, geistigen und künst lerischen Lebens. Ermessen wir aber die Bedeutung dieses Begrif fes einzig an seinen Erscheinungsformen auf dem gesamten Ge biete der Buchkultur, Buchkultur in umfassendstem Sinne, so er schließen sich Ursprung, Wesen und Sinn gleichsam von selbst. Volk ist Gesamtheit, lebendige Vielheit, zutiefst verankert in der inneren Einheit. Gleichklang, nach innen gerichtet, das ist Voraussetzung jeglichen volklichcn Werdens. Die nach außen sicht bare Verschiedenheit bildet einzig die Ausstrahlung jenes Gleich- llanges; diese eben sagt Wesentliches aus über Größe und Wert volklicher Kultur, sie bietet den kulturellen Wertmesser. Geschicht liche Tat nun, künstlerische Leistung, irgendwie geartetes Tun und Lassen, entsprechen sie jenem inneren Gleichklang, bezeichnen wir mit volkstümlich. Damit deutet sich ein Zustand innerer Überein stimmung an, Übereinstimmung in Wille und Absicht einer Viel zahl, Gesamtheit, eben der des Volkes. Aber volkstümlich bedeutet so nicht nur gemeinhin jenen Zustand, sondern bezeichnet darüber hinaus eine zeitliche Dauer. Ja, es ist die Eigentümlichkeit dieses Begriffes, daß er sich erst in der Zeit und mit der Zeit bewährt. Die buchhändlerische Praxis bietet Beispiele genug, diese Sinndeutung zu erweisen. Denken wir etwa an die Verse und Zeichnungen eines Wilhelm Busch. Gedanklicher Reichtum und Erkenntnistiefe verbinden sich mit Formen der Anmut und Leichtheit zu wahrhaft glückvoller Einheit. Und alle Schichten, alle Kreise scheinen angerührt von jener humorigen, gütigen, weisheitsvoll lächelnden Wahrheit. Ja, man ist versucht, heute von einer Busch-Renaissance zu sprechen. Es ist so offensichtlich, jene Verse, Zeichnungen und Gedanken rühren zutiefst an volk- liche Kräfte und Eigenschaften, sprechen sie in eindringlichem Maße an. Offenbaren sich an diesem Falle in nicht ebenso ein dringlichem Maße Gültigkeit, Größe und Weite alles Volkstüm lichen? Volkstümlich, Zustand inneren Gleichklanges, ist aber nicht ein Zustand, eine Gegebenheit, urplötzlich auftauchend, daseiend, nein, dieser Zustand entsteht allmählich, wird und wächst. Die zeitliche Dauer bestätigt ihn ja erst. Allgemein, nach außen hin, tritt dies am Wachsen der Erfolgszahl, der Auflagenhöhe in Er scheinung. Nicht so, daß diese Zahl jeweils den Grad des Volks tümlichen angibt, nicht als absoluter Wertmesser, nein, mehr als bestätigender Faktor. Denken wir etwa an die Namen Ganghofer oder Herzog, deren Beispiel nur für viele andere stehen möge. Die Werke beider erfreuen sich großer, zahlreicher Leserschaft; dem ent spricht naturgemäß die Auflagenhöhe. Besitzen sie aber Volkstüm lichkeit in jenem umfassenden Sinne, derart, daß sie in der Tiefe gelagerten volklichcn Kräften und Eigenschaften zur Bewußtheit verhelfen? Gewiß nicht. Wirksamkeit und Bedeutung gehen in die Breite, nicht in die Tiefe und selbst diese Breite ist räumlich be grenzt. Dieses Schrifttum dient fest umrissenen Schichten als mehr oder minder geistige Nahrung; über diese Grenzen hinaus ist weder Aufnahme und Anteilnahme noch Wirkung verspürbar. So sind nicht Zahl und Zeitraum allein die bestimmenden Faktoren; es tritt ein wesentliches Element hinzu, eben der bereits erwähnte Gleichklang. Dieser erst ruft die Ausstrahlung und Wirksamkeit nach allen Richtungen und in alle Schichten hervor. Die drei Ele mente im Verein aber machen recht eigentlich das Wesen jeglicher Volkstümlichkeit aus. Dabei setzen wir voraus, daß bei ähnlichen Betrachtungen, aber für andere Gebiete als die der Buchkultur, entsprechende Begriffe eingesetzt werden. Es ist nicht zu verkennen, daß der Prozeß des Volkstllmlich- werdens, der sich in großem Zeitraum vollzieht'und entwickelt, belanglose und nichtige Werte ausscheidet, ausmerzt. Führt dieser Prozeß so eine gründliche Auslese herbei, so offenbart er doch eine nicht unbedeutende Problematik, eben die Problematik des Volks tümlichen auf dem betrachteten Gebiete gemeinhin. Häufig treten Erscheinungen zutage, ja sie müssen zutage treten, die kompromiß ähnlichen Charakter tragen. Werte und Absichten erfahren zeitlich bestimmte Deutung, Ilmdeutung, wenn nicht gar Umbiegung. Doch scheint es müßig, Recht und Unrecht solchen Tuns zu disku tieren, da ja keine Absicht in dieser Richtung vorwaltet. Denn jeg lichem Geistesgut ist mehr gedient mit lebendigem Widerhall als mit leblosem Verharren in etwa gewollter Absicht. Gültigkeit oder Ungültigkeit der so dargestellten Volkstüm lichkeit erweist sich insbesondere auf einem Gebiete, einer Erschei nung unserer Buchkultur, aus dem der Volksausgabe. Jedem Sor timenter, dem Publikum nicht minder, sind diese Ausgaben ver traut. Und es bedeutet verlegerische Leistung und Verdienst, solche Bände herauszubringen. Unterscheiden sie sich doch hinsichtlich äußerer Form und Gewandung in nichts von anderen, teureren Bänden. Im Hinblick jedoch auf manch eine, sogar auf viele dieser Ausgaben offenbart es sich, daß der Begriff Volk eine nicht unbe trächtliche Umbiegung erfährt. Volks-Ausgabe besagt klar und ein deutig: Ausgabe für das Volk. Und Volk bedeutet lebendige Viel heit, Gesamtheit. In diesem Falle würden Volksausgabe und volkstümliche Ausgabe den gleichen Tatbestand bezeichnen. Jene Bände aber, die wir meinen, wenden sich in völliger Bewußtheit an einen fest umrissenen Kreis von Menschen. Über diesen Kreis hinaus erlangen diese Bände keine irgendwie geartete Bedeutung. Damit aber erhebt sich die Frage nach Wert oder Unwert solcher Ausgaben, wenn nicht nur materielle Gesichtspunkte bei der Herausgabe dieser Bände vorwalten sollen. Und eine ganz schlichte Erfahrungstatsache des buchhändlerischen Alltags scheint dieses Vorwalten zu bestätigen. Taucht der Begriff Volks ausgabe auf, so erweckt er zunächst Vorstellungen an Preise, dann erst erweckt er Vorstellungen, die auf anderer, auf geistig oder kulturell-verantwortlicher Ebene liegen. Letzterer Vorstel lung zuvörderst zum Durchbruch zu verhelfen, nicht nur für den betrachteten Gegenstand, nein, darüber hinaus, sollen diese Zeilen einen bescheidenen Beitrag leisten. Erst die Klarheit des einzelnen Begriffes schafft Klarheit des Denkens. Und diese be nötigen alle am Buch Schaffenden in besonderem Maße, selbst in der geringsten Tätigkeit. HansJoachimKuhm. Nr. 74 Dienstag, den S9. März 1938 2S7
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