Ende März erscheinen drei neue Bände in der S.Fischer Bücherei Der Ketzer von Soana Die Neuausgabe vom »Ketzer von Soana", Gerhart Hauptmanns berühmtester Erzählung, in der Reihe der S. Fischer Bücherei ist eine Dankesgabe des Dichters für die Verehrung, die er anläszlich seines fünfundsieb- zigsten Geburtstages Ende 19Z7 erfahren hat. Die Erzählung liegt fetzt im 172. Tausend vor. Bei ihrem ersten Erscheinen schrieb Hans Reisiger: »Dieses Werk ist ein mit starker, beglückter Menschenhand dargcbrachtes Weihc- geschenk an Eros, und zugleich seine eigene Neuerschaffung, eines der Unsterbltchkeitsbäder, in die er im Laufe der Jahrhunderte immer wieder seine Schultern taucht: denn vom Menschen lebt der Gott!" Die Leute aus der Mohrenapotheke Ernst Penzoldts Roman »Die Leute aus der Mvhrenapotheke" ist die Geschichte vom Zeitenwandel. Die Mohren apotheke liegt in einer fränkischen Kleinstadt, und ihre Leute sind Menschen der Vorkriegszeit. 2n ihre Welt drin gen feindlich Eisenbahn, Maschine und Automobil, und sie wird auf den Schlachtfeldern des Weltkrieges ver nichtet/ aber mit einem Teil unserer Seele behielten wir überlebenden Heimatrccht in ihr. Gesichter und Gestalten der Menschen erscheinen wie auf einer alten Daguerreotypie ins Biedermcierliche gerückt, und die Schicksals stürme sind soweit fortgestellt, daß sie lautlos geworden, im friedlichen Goldlicht eines späten Tages nur noch leuchten. Als Kinder hatten wir Federhalter mit einem kleinen Fensterchcn, in dem ein Panorama in perlmutt- farbenem Licht zu betrachten war: so kunstvoll, heiter und verzaubert schwebt in diesem Roman eine Welt, die wir gestern durchlitten, wie eine Fatamorgana über unseren leidvollen Herzen. — Die Gemeinde Ernst Penzoldts kennt das Thema dieses Romans unter dem Titel »Der Zwerg". Dies ist die gereinigte und im Schluß völlig neue Gestalt des frühesten Romans. Der geheimnisvolle Wald Die sungen Liebenden dieses Romans stehen in ihrem reinen Gefühl gegen ein dunkles Schicksal. Die heimatliche Landschaft mit Ihren bergigen Wäldern und den klaren Fernsichten nimmt sie unschuldig auf, aber die Welt der Menschen führt sie in falsche Bindungen, aus denen sie sich mühsam erst befreien müssen. Mit dem Geschehen, das um den Studenten Josef und das Mädchen Ulrike kreist, erleben wir die Tragik eines geheimnisvollen alten Mannes, der einsam in dem uralten Wald wohnt, nur von den Liebenden zuweilen besucht. Wie ein Volkslied muten die Szenen des Romans an, in dem sich echtes Naturgefühl mit einfacher überzeugender Menschendarstellung verbindet. JederBand in Leinen 1.ZO RM Nr. 60 Sonnabend, Len 12. März 1939 1331