Vörsenblatt für den Deutschen Vuchhandel Nr. 25V (R. 125) Leipzig. Donnerstag den 28. Oktober 1937 181.Jahrgang Dr. Goebbels zur Woche des Deutschen Buches 1937 Reichsminisier Dr. Goebbels hat zur Woche des Deutschen Buches 1937 folgenden Aufruf veröffentlicht: „Unser Volk soll im deutschen Buch die Kraftquelle für seinen täglichen Kampf um Ehre, Freiheit und Brot besitzen. Es ist Aufgabe und Ziel des deutschen Schrifttums, eine lebendige Beziehung zwischen Buch und Volk zu schaffen und allen deutschen Menschen die Überzeugung zu vermitteln, daß sich die Seele eines Volkes in seinem Schrifttum offenbart. Möge jeder deutsche Volksgenosse an der Erfüllung dieser hohen Kultur aufgabe Mitwirken." Schrifttumspolitische Führung und Dichtung Von Karl Äeinz Lederich Wir freuen uns, unsere Leser schon heute mit diesem Aufsatz bekannt machen zu können, der in den zur diesjährigen Buchwoche zum erstenmal herausgegebenen »Weimarer Blättern«- erscheinen wird. D. Schriftltg. Dichtung ist Kunst und damit edelste Darstellung menschlicher Kulturwerte, Lebensinhalte und Verpflichtungen. Als Kunst wird die Dichtung herausgehoben aus der Reihe der Kulturschöpsungen eines Volkes. Sie wird damit Zeugnis und Vermächtnis der Kräfte, die die Sehnsucht und den Lebens- und Gestaltungswillen eines Volkes bestimmen. Sie gibt für fernere Zeiten Antwort auf die Frage der Enkel und Urenkel, wie denn das geistige Gesicht und damit die innere Beschafsenheit ihrer Ahnen ausgesehen hat und aus welchem Grunde und welcher Tiefe des Lebens sie sich das Schicksal ihrer Zeit formten. Alle Kunst entsteht aus Anruf und Antwort. Es gibt keine Kunst nur aus einem inneren Auftrag, der nicht in Beziehung steht zu den drängenden Forderungen des umgebenden Lebens, ebensowenig wie es ein inneres Reich geistiger Art geben kann, das nicht ein getreuer Spiegel der ringenden Kräste um die Ge staltung der Idee des Reiches, wie es uns als Aufgabe gestellt ist, wäre. Als ein Anruf entsteht Kunst insoferne, als Umwelt, Schicksal, Leben und Tod mit allen ihren Taufenden von Fragen den Künstler bedrängen und erlösen, niederwerfcn und emporhcben, um ihn — wenn er begnadet ist — cinzuschließcn in die Mitte der lebendigen Verbundenheit, die die Grundlage aller Gemein schaft unter Menschen ist. Bleibt er jenseits dieser Mitte, wird er nicht mit einbezogen in die Aufgaben, die das Schicksal seinem Volke, dem Menschen seines Blutes gestellt hat, so mag sein Schaffen immerhin noch künstlerischen Maßstäbcn genügen, aber es tut sich eine Fremdheit auf zwischen ihm und seinem Volke, die oft nicht mehr überbrückt werden kann. So wie der Starke und Lebensbejahende sich in den Schöpfungen der Kunst verewigt, so kann auch das Kranke, das Lebensverneinende in künstlerischer Form auftreten als Ausdruck einer Krankheit, die das innere Gefüge eines Volkes betroffen hat. Und eine Antwort ist Kunst insoferne, als im Kunstwerk der Künstler das, was er im Andrang des Lebens in seinem und seiner Mitwelt Schicksal erschaut, erlitten, erlebt und erkannt hat, formt und gestaltet. Dieser Zusammenhang, der die Dichtung mit dem Leben ver bindet, weist ihr auch den Platz zu im Geschehen unserer Tage und umschließt die Frage nach ihrem Verhältnis zu einer Politischen Führung. Das ist eine Frage, oft und dringend gestellt, und sie verdient es, immer wieder erhoben zu werden, da an ihr unter den Dichtern sich die Geister scheiden und das Bekenntnis sich erweist. Schrifttumspolitik ist keine für sich abgegrenzte Tätigkeit von innerer völliger Unabhängigkeit, sondern Anwendung und Über tragung des allgemeinen Politischen Gesetzes auf das besondere Kulturgebiet des Schrifttums und damit in einem besonders hohen Maße gebunden an die Grundlagen, Bestimmungen und Überein künfte, aus denen eine Gemeinschaft von Menschen beruht. Der Führer hat einmal gesagt, »es gibt keinen Raum mehr für das Unpolitische in Deutschland« und hat damit zum Ausdruck ge bracht, daß der Nationalsozialismus alle Tätigkeit im deutschen Volke unter die Verpflichtung des Dienstes an der Gemeinsamkeit gestellt hat. Dieser Dienst, dem wir alle verpflichtet find, ist ein Dienst in der Zeit, und so mag das Verhältnis der Dichtung zur politischen Führung auch verstanden sein als das Verhältnis des Dichters zur Forderung der Zeit. 84«