Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.10.1937
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1937-10-29
- Erscheinungsdatum
- 29.10.1937
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19371029
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-193710296
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19371029
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1937
- Monat1937-10
- Tag1937-10-29
- Monat1937-10
- Jahr1937
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Die ersten Preffeurtnle über „Hans Löscher, Alles Getrennte findet sich wieder / Ein Buch vom wahren Leben": völkischer Seobachter vom 1S.1S.1YZ7: In bedeutnngstiesen Worten legt der Rainer Wunderlich Verlag die Richtung und bas Streben seiner Arbeit dar: »Von Jahr zu Jahr setze ich mich stärker sttr das Bekenntnisbuch ein, aus der Überzeugung, daß keine noch so reiche Phantasie die Gewalt und Fälle dessen erreicht, was das kleine Welttheater des täglichen Lebens einem ausgeschlossenen und gestaltungsfähigen Menschen schenkt. Kein Leben ist langweilig und sinnlos, wenn der, in dem es sich erfüllt, mit offenen Sinnen im Kleinen Gleichnis und Spie gelung des Großen steht.« Nimmt man bas Werk von Hans Löscher: »Alles Getrennte findet sich wieder« als Prüfstein dieses verlegerischen Be kenntnisses zur Hand, wird man eine seltene Übereinstimmung von Ausgabe und Erfüllung fcststellen können. Obwohl Entwicklungsroman, zu welchem sich in jüngster Zeit wieder eine starke Vorliebe herauszuentwickeln scheint, ist Hans Löschers Werk ein wahres kleines Welttheater, auf dessen Brettern die Stillen im Lande die Hauptrollen spielen. Ein Leben im Kleinen wird hier großes Erleben. Schicksale, wie sie sich vielleicht in jedem Großstadthause und in jedem kleinen Walddorfe abspielen, ziehen gleich einer seltsamen Prozession am geistigen Auge des Lesers vor über. Menschen, die trotz ihres kleinen Lebenskreises ausgeprägte Persönlichkeiten sind, mannigsaltig in ihrem Wesen, von tiefer Nach denklichkeit erfüllt die einen, von warmer Menschenliebe die andern, sind die »Komödianten« — aber »Komödianten« im besten und größ ten Sinne, wie jene Schauspiclertruppe, Vater, Mutter und Kinder, die zu einem der schönsten Kapitel dieses Buches Modell stand. Die Hauptperson dieses sicher autobiographischen Werkes — das liebe Ich — bleibt selbst so sehr im Hintergrund, baß der Kreis einer kleinen Dorsgemeinschast im Erzgebirge zum eigentlichen Thema des Romans geworden ist. Es liegt darin eine tiese Bedeutung, die sicher lich nicht zusällig in dieses nachdenkliche und beschauliche Werk hineingeflossen ist. Hans Löscher, der den Menschen nicht nur auf die Hände und in die Auge», sondern in die tiefste Seele schaut, sieht auch dem Ich in die geheimste Herzenssalte und verschließt sich nicht dem Strome der seelischen Kräfte, der auch dem von Natur ein samen Menschen aus der Gemeinschaft zusließt. Dieser Junge, de» er als das Ich schildert, wird das Erlebnis seiner selbst im weltabgeschiedenen Walddorse nicht nur nie vergessen — er wird in seinem ganzen Leben von ihm begleitet sein. Der Titel des Romanes — »Alles Getrennte findet sich wieder«, der einem Gedichte von Hölderlin entnommen ist, stellt sich als großes Bekenntnis an die innerliche Verbundenheit derjenigen Menschen, die äußeres Erleben zu einer Schicksalsgemeinschast zusammengesührt hat. Auch diejenigen, die sich abseits stellen, füllen einen Posten aus — oft genug, ohne daß sie selbst es wüßten. Wenn wir zum Schlüsse den Jungen die »Hohe Schule« beziehen sehen, so wird wohl mancher ihm nur mit Sorge auf diesem Wege bas Geleit geben; mancher wird ihn an der Hand fassen und ihn znriicksllhren wollen in das einsame Walddors an der Grenze, dessen Gemeinschast durch sein Abgchen gestört erscheint. NSA Rheinfront vom IS. 10.1937: Man wird den Roman dieses bisher unbekannten Autors nicht aus der Hand legen, ohne der Begegnung mit einem wahrhaft dichteri schen Werk gewiß geworden zu sein. Es ist eines jener Bücher, wie sie in Deutschland immer wieder geschrieben werden: eine Dar stellung der entscheidenden Jahre der Kindheit und Jugend. Ein Entwicklungsroman also und eine Selbstdarstellung. Und sofort kommen alle die Werke in Erinnerung, die hier einen gültigen Rang und eine vorbildliche Würde bewahren: Jnng-Sttllings Jugend, Goethes Dichtung und Wahrheit, Kellers Grüner Heinrich (die un vergleichlichste Blüte jener literarischen Gattung), Kügelgens Ju- genderinnernngen eines alten Mannes und — aus unseren Tagen — Hans Carossas Bücher. Wenn wir glauben, baß Löschers Buch seine Stellung und einen eigenen Rang zwischen dem von Kügelgen und dem Grünen Heinrich behauptet, so soll durch den Vergleich mit großen deutschen Prosawerken der Vergangenheit die Bedeutung von Löschers Roman nicht gewissenlos übertrieben sein, doch darf das hier angezeigte Buch als ein wahrhaft bedeutendes Dokument eines Le bens und einer ungewöhnlichen Gabe der Darstellung neben jenen genannt werden. Doch bedenken wir selbst einen Abstand — welche Fülle, welcher Reichtum bleibt noch immer! Eine Welt tut sich aus, äußerlich eine enge Welt, aber doch an Bildern und Gestalten reich genug. Ein Dorf aus einem Gebirgskamm: mit Schiefer gedeckt die Häuser und Hütten, kauzig und eigenwillig die Bewohner; nahebei grenzt das Böhmische, das Land der Musikanten an den waldigen Bezirk; Vogelbeerbäume säumen die Straßen; die armen Häusler schnitzen allerlei Holzgerät, Sptelwerk und Weihnachtspyramiden: der Kun dige weiß bald, daß es das sächsische Erzgebirge ist, in dem das Buch vorwiegend spielt, und er erkennt auch die Städte Dresden und Annaberg wieder. Der Knabe, in dessen Leben das alles gehört, ist das Kind des Dors- gendarmen; sein Leben reicht nicht (zunächst nicht) über das des Dorfes hinaus. Dieses Leben ist aber nicht ein idyllisch umfriedetes, obwohl es an treulicher Ordnung genug hat. Es wird zwiefach um droht: die äußere Existenz des Vaters gerät aus der Ordnung, von weiterher dringt der große Hintergrund der Zeit ins Dorf, der Ein bruch der seelenlosen häßlichen Industrialisierung in die Form des Althergebrachten. Eine Fülle prächtiger Gestalten tritt aus die unsichtbare Bühne des Buches, Männer und Krauen mit seiner Klugheit und Weisheit des Herzens, gebildet von innen her, nicht eingebildet, tätig, hilfsbereit, in sich beruhend. Vor allem aber sind es auch Menschen von leichter Sonderlichkeit, von einer rührenden Komik oder betonten Abseitig keit, wie sie gerade in der Landschast des sächsischen Gebirges ge deihen. Was dem Buche seine wahrhaft dichterische Bedeutung verleiht, ist das, was noch immer echte Dichtung kennzeichnete, die Ausweitung der Geschehnisse zum Maß des Allgemetngültigen, das symbolhaft im Bilde erscheint. So gehört es zu den unvergeßlichsten großartigen Szenen des Buches, wie die Knaben des Dorses einen verwundeten Bussard fangen und das königliche Tier mit Schüssen verwunden und schließlich mit Steinwürsen töten: eine häßliche Tat, durch die der Schatten des Mordes am heiligen Leben hereinbricht als sei es das erstemal. Das Werk ist von einer wohltuenden Natürlichkeit auch im Sprach lichen, es vermeidet jeden literarischen Anspruch und erfüllt damit den dichterischen. Dabei ist die Sprache von eindringlicher Bildhastig- Nr. 2S1 Freitag, Sen 28. Oktober 1887
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder