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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.11.1920
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1920-11-18
- Erscheinungsdatum
- 18.11.1920
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- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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In allen anderen Fällen tritt zunächst Doppelbesteue rung ein; die teilweise zugelassene Rückvergütung erfordert lästige Schreibarbeit. Es ist volkswirtschaftlich iin höchsten Matze bedauerlich, datz dem Kleinhändler und Glasermeistcr sein Gewerbe derart erschwert wird. So wie das Gesetz aber leider ist, kann nur geraten werden, graphische Blätter fertig ge rahmt vom Verleger zu beziehen. Erhöhen sich so auch die Vcrsandkosien, so fällt doch die Doppelbesteuerung oder, will man etwas zurückvergütet haben, die lästige Schreiberei mit der Steuerbehörde fort. Buch Handel, literarische Kritik und Publikum. Von Georg Eltzschig. (Sieh- auch Blll. t»W, Nr. 131.) Solange «in dichterisches Werk, eine geistige Arbeit nicht Buch geworden ist, schläft die Kritik den Schlaf des Ungerechten, und darum sind nicht alle erscheinenden Bücher gut und der uachherigcn Kritik gewachsen. Die Schriftsteller machen von dem Messer der Selbstkritik einen allzu humanen Gebrauch und ap pellieren mit Inbrunst an die letzt« Instanz, a» den Verleger. Die Vcrlagsannahme ist eine Art Gottesurteil. Ich will nicht sagen, datz die Richter eine Binde über den Altgen tragen, aber ihr Blick ist ein ophthalmopshchologisches Phänomen. Sie haben je denfalls den Glauben an ihr Urteil, und es ist ihr beruflicher Ehr geiz, cs selbst zu vollziehen. Es ist eine Eigenart des Prozesses, datz die Zeuge», ob das Urteil richtig war, erst nachträglich vernommen tverden können, und wenn sie verspätet mit Zwei feln kommet!, machen sie sich mit ihrer Saumseligkeit einer Sabo tage des schon gefällten, schon in der Wirkung befindlichen Ur teils schuldig. Heutigen Tages aber haben sich die literarischen Kritiker als eigener Gerichtshof eingesetzt »nd mache» nun eine neue Rechtsprechung, eine Art Berufungsgericht, das zuweilen Lynchjustiz ausiibt. Tatsächlich, das trifft den Wert der literarische» Kritik, wenn man sie ein Berufungsgericht nennt, das zugleich vom Täter, vom Betroffenen und von der ersten Instanz angernseu wird. Es befaßt sich zwar nicht mit den Gründe» dieser ersten Instanz, aber es nimmt sich heraus, deren Urteil zu korrigieren oder mit nachträglichem Beifall zu bestätigen. Wenn aber die Verleger den Glauben haben an das Werk und an ihr Recht, cs zu drucken, wem können sic dann ein Recht einräumen, das kraft ihres Amtes hcrausgcgebene Buch »ach. träglich unmöglich zu machen? Es ist eine stille Voraussetzung des Verlegers, datz seine Verlagsweikc nur günstig besprochen tverden, oder daß die eventuell schlechte Rezension dockt lde» Widerstand, den Trotz der Leser reizend) agitatorisch wirkt. Es ist seine selbstverständliche Annahme, daß die gute Kritik sich nicht darauf beschränkt, dem erschienenen Werk ein nach trägliches Paßvisum zu erteile» aus dem Wege zum Publikum, denn wieso käme er dazu, eine zwar nicht juristische, aber eine literarische Zensur anzuerkenncu, die zwar Bücher erscheinen läßt, aber sie hinter die Gitter der Vcrlagskcller dämmt? Es gereicht ihm nicht zum Trost, daß die literarischen Richter meist nur deshalb von ihrem verdammenden Volum nicht zu häufigen Gebrauch machen, weil diese Richter gar zu oft leibst vor dem, dann freilich von anderen Personen besetzte», literarischen Ge richt erscheinen. Im Gegenteil, das mäßigt sein Vertrauen zur literarischen Rechtsprechung, die sich die Sünder zu dem Galgen bringen läßt, statt selbst ihrer habhaft zu werden, ehe das Un heil seinen Lauf nahm. Ta sitzt so ein Kritiker daheim mit gezückter Feder, bis ihm der Verleger die Bücher ans Messer liefert, aus Gefälligkeit oder in blinder Vertrauensseligkeit, zu der sich der Buchhändler besonders ermächtigt glaubt, wenn sich die Kritiker sogar anbicten, ,übcr ein Buch ihr Ja oder Nein zu sagen. Daß dieser Brauch so vielfach und so selbstverständlich geübt wird, ja, datz d i c Kritiker, die irgendein Buch zu rezen sieren den ausgcsprock)encn Wunsch haben, vielleicht für das Buch und auf sein Schicksal den größten Einslutz geltend machen, das 1388 hat unsere Meinung über das jetzige Wesen der Literaturkritik j I zu erleuchten. Ein Gericht, das sich nach Belieben, oft blind-- I ltngs die Objekte seiner Rechtsprechung auswählt, auswähle,''» kann, ist kein Gericht, keine Kritik, um so weniger als oft nieyi einmal der Nachweis der Befähigung gefordert, geschweige de^n seine Erbringung für notwendig gefunden wird. Wir haben >-» Deutschland achtbare Schildere! und Bewert« der historische,» Lttcraturentwtcklung und deren einzelner Epochen, wir haben > I auch hervorragende Monographistcn über spezielle Liter.»nr- j gebiete, und lvir haben kluge, des Hasses und der Begeisterung I fähige Beurteiler einzelner literarischer Persönlichkeiten. Es gelingt den deutschen Literatnrthcoretikern leicht und oft bewun- I dcrnngswürdig, über das Gesamtwcrk eines Dichters Wesent liches zu sagen, aber die Aufgabe, Bücher, einzelne Bücher zu be sprechen, hat in der Gegenwart kaum einen Erfüll« gesunden. Liegt es daran, datz vielleicht die Aufgabe, die eine eminent praktische ist, zu wenig lockt, daß sie den meisten Schriftstellern, und gerade den namhaften, zu leicht und zu unansehnlich, oder zu schwer, oder zu gefährlich dünkt? Es gibt zwar eine Kritiker- znnft, aber es gibt darin keinen Meister mehr. Das Amt wird auch gar zu verschieden aufgefasst: Die einen glauben, Rezen sionen über die Bücher, die andern, für das Publikum schreiben zu müssen; die Dritten sehen eine billige Gelegenheit, ihren Geist verschwenden zu können. Wir haben aber nicht einen Kritiker, der ganz seiner Aufgabe gehört und sie mit allem Eifer bear beitete, Macht besäße und Wirkungen vermöchte. Unsere Lite- > rnuirkritik steht weit unter der Theaterkritik, die wenigstens noch , einige markante Kenner und: Aussprecher hat, aber inderLite- ratur fehlt es gewiß nicht an ersteren, aber ganz an den letzteren. Man kann sogar sagen, daß die besten Kritiker die sind, die darauf verzichten, öffentlich zu richten, weil sie sowohl der Gren ze» ihres eigenen Könnens und Wollens, als auch der Gering, sügigkeit ihres Einflusses sich bewusst sind, während andere sich immer noch darauf versteifen, Kritiker zu heißen, weil sie viel« , leicht einmal gegen ein Zeilenhonorar von wenigen Pfennigen ^ oder gegen Überlassung des Rezensionsexemplars im General- ^ Anzeiger ein Buch besprechen dürfen. Aber es ist bezeichnend, daß, wenn wir schon den Wunsch auf den Lippen haben, diese Stümper möchten bald verschwinden, wir ihn wieder sofort zurück- nchmcn, und'bedenken, daß sic ihr Amt nicht s o mitzverstehen und s o schädigen können, daß nicht doch noch unter dem Gcrünrpsl ihrer Urteilsunsähigkeit der Name des Werkes hervorleuchteir^ wird und hincinwirken kann (leider nicht muß) in eine Menschen- s schickst, die sonst kaum von diesem «führe. Diese Auchkritiker existieren als solckie überhaupt nur dank ihrem Triebe mrd dank der. sreilicki schon lauge verstünle» Gelegenheit, »achahmen >> « können, und alles käme darauf an, ihnen gute Vorbilder darzu- stelleu. Bis in das entlegenste Provinznest müßte sich eine er regende Wirkung ergeben, wenn cs gelänge, in den Hauptkulinr- slädlen ei» neuer, freieres und gröberes Geschlecht literarischer Kritiker heranzubilden und diese» genügend große »nd bedeut same Organe zur Veröffentlichung ihrer Arbeiten zur Verfügung zu stelle». Es ist fast sicher, daß wir keinen rechten Buchkritikcr haben, aber ebenso sicher ist, daß, wenn es ihn gäbe, ihm der Platz, das Feld fehle» würde, auf dem er öffentlich wirken könnte. Er gibt zwar eine vielfarbige Reihe von literarischen Zeitschriften verschiedenster Richtung und in verschiedenster Güte. In ihnen sieht man ja noch die letzten, ihren ursprünglichen Aufgaben schon sehr entfremdeten Literaturkritiker an der Arbeit. Einige Zeitschriften haben die Litcraturbctrachtung und Prüfung sogar als ihre» eigentlichen Zweck erklärt, sind oft gerade für ihn gegründet worden. Aber, wie gesagt, sic bieten keine Kritik, oder doch nur Kritik um der Kritik willen, nicht Kritik um K>« starke» Wirkung willen. Diese Wirkung würde ja auch j»rr Reichweite entbehren, denn der Leserkreis dieser lilcrarisr»-» Zeitschriften ist meist eng, und in ihm mangelt cs dem einzelner, wenn schon nicht an der Höhe der Urteilsfähigkeit, so doch an der Tiefe der einigermaßen voraussetzungslosen Enrpfänglich- keit für kritische Belehrung. Diese Leser verschmähen es. Kritik i. auf sich wirken zu lassen (vielleicht auch weil sic kein rechtes Vertrauen in deren Herkunft setzen), sondern sie wollen tat-
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