Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.11.1942
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- 1942-11-28
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ermahnt. Die Polizei erhielt den Auftrag, darüber sorgfältig zu wachen und allenfallsige Übertreter dieser Verordnung zur Re chenschaft zu ziehen. Den guten Willen der Nürnberger Stadt verwaltung anerkannten auch der französische General Fröre und der Divisionsgeneral Drouet. Nun erfuhr man im Rathaus, daß der Buchhändler Palm sein Leben verwirkt hatte. Diese Nachricht rief große Erbitterung hervor. Dazu gehörte ohnedies nimmer viel, weil man die französischen „Freunde“ schon bis zum Überdruß satt hatte. Im folgenden September sollte dann der tatsächliche Übergang der Reichsstadt Nürnberg an das neu- gegründete Königreich Bayern vollzogen werden. Unter diesen Umständen zeigte Nürnberg nicht die mindeste Lust, dem Fran zosenkaiser einen weiteren Nürnberger Bürger zu opfern. Mit einem Blutopfer auf dem Gewissen wollte der Nürnberger Rat unter keinen Umständen vom Regierungstisch abtreten. Darum unterließ er den in derartigen Fällen üblichen schriftlichen Nie derschlag. Und das war wirklich gut. Die französischen „Gäste“ gingen ja im Rathaus ein und aus, als wenn sie bereits die Her ren wären. Sie scheuten auch nicht davor zurück, eigenmächtig den Akt Palm an sich zu nehmen. So wurde wenigstens das Leben des Justizrats gerettet. Dieser hatte bereits durch seine Angehö rigen gute Beziehungen zu den Nürnberger Ratsherren. Mehr wollen wir einstweilen nicht verraten. Das letjte Wort hierüber erfahren die Leser in unserer kommenden Palmbiographie. Eine Ehrenpflicht wollen wir indes heute schon gerne erfüllen. Es be rührt wirklich angenehm, in der Palmbiographie des gelehrten Hamburger Buchhändlers Martin Riegel folgendes zu lesen: „So lange wir die Gründe nicht kennen, die ihm (dem Verfasser der Palmschrift) vielleicht ein Eingreifen unmöglich machten, muß die größte Zurückhaltung in der Beurteilung seines Charakters geübt werden“. Riegels Standpunkt ist ebenso gerecht wie vor nehm und verdient darum alle Hochachtung und Nachahmung. Andere haben, ohne Archivstudien in Sachen der Palmschrift ge macht zu haben, ein vernichtendes Urteil gegen den Verfasser, also Dr. Leuchs gefällt mit der Begründung, er habe, um sich zu retten, Palm im Stich gelassen. Dr. Leuchs hat im Leben viele Unschuldige vor Gericht verteidigt, sich selber aber kann er gegen diese Anklage nicht mehr verteidigen, da ihn schon 106 Jahre die Erde birgt. So fühlen wir uns zum Anwalt für einen durchaus unbescholtenen, makellosen Nürnberger Bürger berufen. Der gute Palm hat sich keinen charakterlosen Kerl zum Freund gewählt, wie umgekehrt auch Dr. Leuchs auf seinen Freund Palm im Grabe noch unendlich stolz sein kann. In der von Dr. Leuchs verfaßten Familienbiographie betont der Justizrat ausdrücklich, er sei auf den Namen Leuchs deswegen so stolz, weil dieser nachweisbar schon seit 1350 nicht durch eine einzige schlechte Handlung der Träger des Namens irgendwie ver- unehrt wurde. Leuchs, dieser aufrichtige Freund ungeschminkter Wahrheit, hat nicht geschwindelt! Hätte er seinem Namen nur im geringsten Unehre gemacht, so würde er es offen zuge geben haben. Wenn Palmforscher in den Akten der bayeri schen Gerichte über des Justizrats Selbstanklage vor Gericht nichts finden, so besagt dies gar nichts. Denn erstens hat sich Leuchs rechtzeitig beim Nürnberger Gericht gestellt, und zweitens sind die Personalakten der erwähnten bayerischen Gerichte wegen Pla^mangels leider schon längst eingestampft worden. Alle anderen Akten scheiden ja als Quelle von vorn herein aus. Bevor man kritisiert, sollte man zuerst gründlich stu dieren; dann gibt man sich wenigstens keine Blöße, verlebt nicht die Ehre eines hochanständigen Mannes und schändet auch seine Grabesruhe nicht! Die noch lebenden Verwandten unseres Justiz rats sind auf sauberste Reinerhaltung ihrer Familienehre genau so ängstlich bedacht wir ihr Vetter Dr. jur. Johann Georg Leuchs. Da sie selber keine Archivstudien in dieser Palmsache gemacht haben, fühlen wir uns im Gewissen verpflichtet, für sie einzutre ten. Geradezu rührende Dankbriefe aus den Familien Yelin und von Soden an den Verfasser dieser Zeilen lassen den Albdruck ahnen, der auf den Herzen derer lastet, die ihre Familienehre zu Unrecht angegriffen sehen. Endlich sind wir diese Rechtfertigung auch Nürnbergs Stadtverwaltung in der reichsstädtischen Zeit schuldig. Auch ihr ging bekanntlich Sauberkeit über alles. Wer sich etwas zuschulden kommen ließ, wurde erbarmungslos von seinem Posten entfernt, und wenn es auch der leibliche Bruder des Richters gewesen wäre. Der Nürnberger Rat erfuhr von der Verfasserschaft unseres Justizrats, ließ ihn aber dennoch in Amt und Würden; folglich stand er in seinen Augen sauber da. Vor Jahren machte uns jemand folgenden Einwand: Justiz rat Leuchs hätte doch als Mann der Presse, dem alle Zeitungen für seinen Notschrei zur Verfügung standen, die Buchform nicht nötig gehabt. Viel wirksamer wäre eine Serienfolge von Artikeln in der Tagespresse gewesen. Das Buch kauften nur einige wenige Gebildete, die Zeitung hingegen dringe auch in die Wohnung des gewöhnlichen Mannes aus dem Volke. Was ist darauf zu sagen? Dem ist leider nicht so; denn auf Anordnung des Kaisers der Franzosen mußte jedes Druckerzeugnis, in allererster Linie aber die Tagespresse, im Fegefeuer der napoleonischen Zensur erst gereinigt werden. Sogar die Landesfürsten, deren Länder von französischen Einquartierungen verschont blieben, nahmen diesbezüglich jede Rücksicht auf den Korsen. Die Polizei war überall strengstens angewiesen, alles auszumerzen, was der fran zösischen Regierung irgendwie nachteilig sein könnte. Für die Schriftleiter der deutschen Zeitungen galt als oberstes Leitmotiv der von der französischen Behörde aufgestellte Grundsatz „Ich schreibe für den Ruhm (!) der französischen Nation. Wo nicht, so muß ich die Redaktion aufgeben und die Zeitung unterdrücken!“ Das erlaubte sich Napoleon da, wo seine Heere Gastfreund schaft genossen. Der Verfasser der Palmschrift verrät eine genaue Kenntnis der Zustände in Wien. Diese holte sich Justizrat Dr. Leuchs durch seinen wiederholten Aufenthalt in der alten Kaiserstadt. Seine Zeitungen hatten ihn als Vertreter der Presse des öfteren dorthin geschickt, um bei wichtigen Tagungen über die Verhand lungen unterrichtet zu sein. Darüber werden wir in unserer an gekündigten Palmbiographie ausführlich Bericht erstatten. Ebenso überzeugend ist ferner auch der Nachweis für rege Beziehungen des Verfassers der Palmschrift mit dem Verleger. Justizrat Leuchs war ein sehr gewandter Jurist. Seinen juristi schen Rat holte sich auch Palm gerne, insbesondere bei Streit sachen. Auch bei Palms Verhaftung in Salzburg half Dr. Leuchs der Gattin Palms bei der Erwirkung der Freilassung ihres Man nes aus der Untersuchungshaft. Zum Schlüsse noch einige biographische Notizen über den Verfasser der Palmschrift. Justizrat Dr. jur. Johann Georg Leuchs ist geboren am 24. Februar 1761 in dem damals Nürnber- gischen Marktflecken Lichtenau bei Ansbach als ältestes Kind der Bierbrauer- und Ökonomenseheleute Andreas Friedrich und Maria Kunigunde Leuchs. Seinen Vorfahren und nächsten Ver wandten rühmt der Justizrat eine große Vorliebe für Latein, Geographie und Geschichte nach. Und doch waren sie zumeist nur einfache Landwirte oder Handwerker. Das Politisieren lag ihm sozusagen schon im Blute. Bereits im 18. Jahrhundert hiel ten seine Ahnen Zeitungen, die sie abends den Stammgästen vor lasen und in ihrer Art kommentierten. Im Gasthaus Leuchs zu Liditenau wurde überhaupt gerne politisiert. Den Grund zur Ausbildung unseres Justizrats legten neben dem Ortspfarrer und Lehrer der dortige Dragoneroberleutnant Lenz. Darnach kam der talentierte Knabe zu seinem gleichnamigen Oheim und Tauf paten, dem Nürnberger Gegenschreiber im Landalmosenamt. Hier ließ man ihn alles lernen, was zum Übertritt an die Hoch schule nötig ist. Leuchs bezog die Universitäten Altdorf und Göttingen. 1782 bestand er die juristische Staatsprüfung und 1783 die juristische Doktorprüfung. Alsdann erhielt er in Nürn berg das Bürgerrecht und die Advokatur. In dieser Stellung führte er mit besonderer Vorliebe jene Prozesse, die sich seine Berufskameraden nicht zu übernehmen getrauten, so z. B. die heikle Verteidigung des Mörders des Ratskonsulenten Faulwet ter. Daneben bekleidete Leuchs das Amt eines Assessors an der Rentkammer und eines Administrators des Freiherrlich Rieter- schen Reichslehens. Außerdem war er jahrelang Genannter des Großem Rates. Im Februar 1813 ging er als Advokat an das kleine Landgericht Leutershausen bei Ansbach. War ihm der Nürnberger Boden doch zu heiß geworden? Noch war ja Napo leon nicht gestürzt. Einige Jahre darauf übersiedelte Leuchs nach Nr. 271, Sonnabend, den 28. November 1942 247
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