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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.10.1933
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1933-10-19
- Erscheinungsdatum
- 19.10.1933
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- Deutsch
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X- 244, lg. Oktober 1833. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn Buchhandel. 2. den im Augustheft der »Neuen Literatur- erschienenen Auf satz uon Adolf von Grolu, an über »W esen und Pro - blcmatikder Literaturkritik«, und 3. die im Septemberheft der gleichen Zeitschrift erschienene »Antwort eines Verlegers an Adolf von Grol man« (»Verleger und Kritik«) von Adolf SPc mann in Firma I. Engelhorns Nächst, Stuttgart. Bades mit wohltuendem Elan und erfrischender Deutlichkeit vorgetragenen Gesichtspunkte zielen in dem Teil der Rede, die sich mit dem Literaturteil des Feuilletons der deutschen Tageszeitun gen befaßt, ganz hin auf das eigentliche Thema: Buchbe sprechung. Er kommt dabei zu Feststellungen, die jeder, der selbst Erfahrung auf dem Gebiet des Bcsprcchungswescns gesam melt hat, bestätigen und unterstreichen kann. Bade sagt: »Welch geringe Bedeutung hat z. B. auch heute noch die Buchbesprechung in, Rahmen der nationalen Presse! Nicht nur, daß es mancherorts zum guten Ton gehört, ein Buch erst einen Monat nach Er scheinen zu besprechen (dieser Bemerkung lag allerdings noch ein Optimismus zugrunde, den die Erfahrungen jedes Verlagsredak- teurs Lügen strafen, d. Vcrf.), tut mau die wichtigsten Zeugnisse nationaler Aufbauarbeit, nationaler Haltung, nationaler Gesin nung mit ebensoviel oder mit ebensowenig Worten ab wie irgend ein höchst belangloses alltägliches Buch«. Erfährt der Durch schnittsleser, so fragt Bade weiter, aus der bisher üblichen Buch- kcitik überhaupt, »warum gerade dieses Buch gerade für ihn von Wichtigkeit ist? Wird ihm klar, warum dieses Buch eine Tat ist, eine siegreiche Schlacht im Kampf um die Herausarbeitung und Durchsetzung der Gestalt des deutschen Volkes, von dem er, der Leser, doch ein Teil ist? Wird ihm bewußt, daß dieses Buch ganz bestimmte, nationalpolitische Qualitäten besitzt und wird ihm ver ständlich, warum ein anderes Buch wertlos, falsch und zerstörend ist?», oder: »Fast niemals hat man es in der nationalen Presse erlebt, daß über ein Buch, das von ganz ungemeiner Wichtigkeit für die Stabilisierung völkisch-nationaler Wertmaßstäbe gewesen wäre, nun einmal wochenlang thematische Auseinandersetzungen in Form von Leitartikeln, Besprechungen, Briefkastenzuschristen, Bemerkungen, eigenen Feuilletons, Umfragen, Nachrichten u.a.m. eine Diskussion systematisch solange durchgcsührt worden wäre, bis die in diesen. Buch kristallisierten Gcdankengänge Allgemein gut des ganzen Volkes geworden wären«. Bade spricht von dem unwürdigen Zustand, daß eine Buchbesprechung von jedem An fänger, ein kulturpolitisches Referat von jedem Nichtskönner »heruntergehaucn werden darf». Bade gibt hier ein zukunst- wciscndes Programm, er nennt schwarz schwarz und weiß weiß, er verzichtet darauf, seine Kcdankengänge mit einer Pseudowissen schaftlichen Kruste zu umkleiden, da uns hier nur das einfachste Wort und die einfachste Feststellung weiterhilft: so war es, so war cs nicht und so muß es werden. Die Arbeit Grolmans leidet unter einer gewissen Unklar heit dessen, was er überhaupt sagen will. Er spricht nicht von Buchbesprechungen an sich, er handelt über Wesen und Proble matik der literarischen Kritik, deutet an einzelnen Punkten auch so etwas wie eine allgemeine wissenschaftliche Disziplin an, meint aber an soundso vielen anderen Punkten doch Buchbe sprechung. Wenn wir recht verstanden haben, sollten seine Ausführungen also dem Buch, dem Verleger, dem Autor, den, Publikum und dem Kritiker dienen. Grolman schrieb u. a.: »Kritik hat immer ,Jch'-Charakter, gerade weil sic sich an das ,Du' des Werkes und dessen Verfasser wendet: Das Eigenleben der Kritik nährt sich aus dem ,Du'-Anlaß. Es handelt sich also um eine Jch/Du-Bcschrcibung in Wechselseitigkeit, denn auch der Verfasser weiß, daß Kritik kommen wird, und er rechnet damit. Entscheidend ist die Du-Anrede der Kritiker. Indem sich der Kri tiker über das Unvollkommene seines Gegenstandes zu Nutzen und Frommen Dritter besinnt, hebt er sich bedeutend über den Alltag . . . aber diese Arbeit ist von gefährlichen Klippen umstellt; da ist die Reizsamkeit, welche leicht in Gereiztheit umschlägt, Laune, Spottlust und Freude am Glossieren können hinzukommen. Denn nur der ist echter Kritiker, der einigermaßen das selber machen kann, was er beurteilt, natürlich nicht als Meister, was sich von selbst versteht, sondern als Kenner. Doch cs ist auch eben der Kritiker, welcher die Vergänglichkeit alles Irdischen verspürt; 798 der literarische Betrieb ekelt ihn mehr an als der ahnungslose Außenstehende nur ahnen könnte, und den besten Kritiker um fängt tiefe Schwermut, ja eine purpurne Melancholie«. »Diese Fragen (der literarischen Kritik) rühren au die letzten Ent scheidungen des Menschen. Hier an dieser Stelle genannt, sollen sie zeigen, daß das Wesen der literarischen Kritik eine schnell zum Letzten führende Angelegenheit ist, denn schließlich hat der Kri tiker doch seinen Glauben und seinen, von allen nur denkbaren Dingen durchkneteten Instinkt, und er ist, wie alle, im Letzten doch eines Irrtums Sohn. Je mehr aber Kritik gemeinschafts bildend für ihre Leser ist, desto mehr steht sie, für sich betrachtet, allein. Denn letzthin schafft sie nur aus sich heraus, und der tiefste Klang ihrer so oft gestörten und getrübten Harmonie ist Schwermut«. Es liegt sehr viel Richtiges in diesen Sätzen - gewiß/aber was läßt sich praktisch damit aufangcn? Wo zeigt Grolman einen Weg zur Lösung, zur Klärung? Er kann doch aber seine Absicht nicht damit für erfüllt ansehen, daß er die Problematik des Themas noch Problematischer macht, als sie ohnedies schon ist. Es scheint, daß Spcmann recht hat mit seinem Satz: -Man erliegt dann der Gefahr der Sprache, die bei form- starken Naturen die Neigung besitzt, den Gedanken zu vergewal tigen«. Einer der schwierigen Kernpunkte des Problems (wir sprechen hier von Buchbesprechung im besonderen, nicht von Lite raturkritik im allgemeinen) scheint uns die Behauptung Grol mans zu sein, die auch Spemann in seiner »Antwort« für »sehr richtig- hält: »Denn nur der ist echter Kritiker, der einigermaßen das selber machen kann, das er beurteilt, natürlich nicht als Meister, wie sich von selbst versteht, sondern als Kenner«. Die Voraussetzung für diesen Satz ist meines Erachtens falsch. Sic ist dann doppelt falsch, wenn L i te ra tu rk r i t i k gleich Buchbesprechung gesetzt wird und auch dann, wenn diese Einengung nicht statt hat, ist die Behauptung Grolmans sehr cum ßruno satis zu nehmen. Eine Buchbesprechung hat den Zweck, der Vermittlung schriftstellerischer Arbeiten oder dichterischer Werke zwischen dem erzeugenden und dem aus nehmenden Teil des Publikums zu dienen. Der Verfasser einer Buchbesprechung ist die Mittelsperson, die, da die Unmittelbarkeit der Verbindung zwischen Dichtung und Volk längst fast gleich Null geworden ist (seit der stärkeren Aus bildung des Vortragswcseus und der Ausnützung des Rundfunks wird es damit innerhalb gewisser Grenzen wieder etwas besser), heute unentbehrlich ist, wenn ein Buch überhaupt den Weg in sein Publikum finden soll. Es kann sein, daß wir Grolman nicht recht verstanden haben, aber dann muß er uns bei seinem Satz »Nur der ist echter Kritiker, der . . .« usw. erst sagen, was er damit meint, wenn er schreibt: »natürlich nicht als Meister, wie sich von selbst versteht, sondern alsKenne r«. (Meint Grol man Könner?) Ich muß gestehen, daß ich trotz ehrlicher und heftiger Bemühungen hinter den Tiefsinn dieses Satzes nicht gekommen bin. Wenn ich heute ein neues Werk von Kolbcnheyer oder Grimm oder Stchr oder Carossa »bespreche«, dann tue ich das zunächst im Gefühl der demütigen Ehrfurcht vor dem hier von einem Dichter geschaffenen Werk, und im weiteren im Ge fühl einer doppelten Verpflichtung dem Werk und seinem Dich - t e r gegenüber, da dieses Werk der Vermittlung bedarf, wenn cs Allgemeingut weiter Kreise des Volkes werden soll, und dem Volke gegenüber, das ich zu den wesentlichsten Werken seiner schöpferisch tätigen Menschen hiusühren möchte, zu den Werken, die Allgemeingut eines Volkes zu werden verdienen, und die im gesamten Leben des Volkes gewisse Funktionen zu erfüllen haben. Ich weiß, daß ich dieses von mir besprochene Buch von Kolben- Hetzer, von Grimm, von Stehr oder von Carossa weder als »Meister, wie sich von selbst versteht«, noch als »Kenner« schreiben könnte, aber ich weiß auch, daß es mir gegeben ist, ein dichterisches Werk so in das Bewußtsein des nicht selbst schöpferischen aus nehmenden Menschen zu rücken, daß er dadurch gereizt wird, sich selbst damit zu beschäftigen. Ich kann selbst keinen »ParazelsuS oder keinen »Heiligeuhof« schreiben, aber ich kann anderen Men schen so darüber und davon und daraus berichten, daß cs mir ge geben ist, sie au den Punkt zu führen, an dem der Wunsch zur völligen Inbesitznahme erwacht und im weiteren zum Kauf und zur Lektüre des betreffenden Buches führt. Ich kann ein belang-
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