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01-Sonderausgabe Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.04.1937
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Titel
- 01-Sonderausgabe
- Band
- 1937-04-24
- Erscheinungsdatum
- 24.04.1937
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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noch von der Natur des Autors, noch vom Gehalt der Werke her. Es ist der Typ, der an den Schaltern unserer Volksbüche reien auf die Frage nach seinen Wünschen mit dem Tödlich- Lähmenden „Geben Sie nur irgend etwas" antwortet. Und wenn auch bei allen anderen Stufen Unterhaltung mit im Spiele ist und mit im Spiele sein soll, so haben wir cS auf Stufe eins mit der „reinen" Unterhaltung zu tun, d. h. mit nichts als Unterhaltung, mit der Unterhaltung um der Unter haltung willen. Es ist die Unterhaltung im Bezirke des Schrift tums, die wir in Anführungsstriche setzen. Die vorstehenden Feststellungen sind vor allem wichtig in bezug auf eine uns allen wohlbekannte liberalistische Tendenz im Umkreis buchpolitischcr Erwägungen. Jene Tendenz nämlich, die, sei cs aus sozialer Sentimentalität, sei cS aus Geschäfts interesse, ständig darauf aus ist, den Unterschied zwischen Un terhaltung und „Unterhaltung" zu verwischen. Wie oft sind wir von dieser Seite belehrt worden: ob einer Hölderlin liest oder Vicky Baum, - im Grunde isi'S ja dasselbe. Der eine wie der andere will sich unterhalten, und was dem geistig Stär keren recht ist, das ist dem geistig weniger gut Ausgerüsteten billig. DaS eine Buch ist schwer, das andere ist leicht; dem kleinen Mann die leichte Unterhaltung verübeln zu wollen, weil dem anderen die schwierige zusagt, ist volksfremde und menschliche Überheblichkeit. - Argumente dieser Art, von uns bis zum Überdruß und Ekel gehört, können nicht mehr ver fangen, wenn die Unterscheidung zwischen substanzlosem reinen UnterhaltungSlcscn und substantiellem Lesen eine» Sachver halt der Wirklichkeit trifft. Tut sie das, dann ist auch sofort einleuchtend, daß das Problem des „leichten" Buches über haupt nichts zu tun hat mit dem Problem des substanzlosen Lesens. Das leichte Buch kann durchaus ein Buch von Form und Gehalt sein, cS braucht nicht das seichte Buch zu sein. Ist, um nur ein klassisches Beispiel zu nennen, Peter Hebel „schwer"? Ist er aber, weil er ergötzlich leicht ist, seicht? Aber indem wir so den liberalistischen Irrtum abgewehrt ha ben, kann sich ein Irrtum ganz anderer Art um so leichter cinschleichen. Der Irrtum nämlich, daß es sich bei dem Pro blem der „Unterhaltung" um ein Problem der literarische» Qualität handele. Etwa so: auf der Stufe eins begegnen wir in den Händen der Leser ausschließlich dem literarischen Mach werk, auf den Stufen zwei bis vier aber dem echtbürtigen Buche, das, wie nun festgestellt, nicht das „schwere" Buch zu sein braucht. - Demgegenüber ist festzustcllen: dem substan tiellen Bedürfnis, von dem die Leser jener drei letzten Stufen auSgehen, kann durchaus auch mit Surrogaten begegnet werden, so wie cs umgekehrt möglich ist, daß Werke von Gehalt und Rang von den Lesern der Stufe der reinen „Unter haltung" verschlungen und zur Ausfüllung der Leere miß braucht werden. Daraus ergibt sich, daß eine Bekämpfung jenes UntcrhaltungSbetriebes weder in der Bekämpfung des von der „Unterhaltung" in Anspruch genommenen Schrift tums noch in einer „literarischen Erziehung" der Unterhal tungsleser bestehen könnte. Auch wenn die spezifischen Untcr- haltungSlcser ausschließlich „gute" Bücher lesen würden, würden sie von den substantiellen Lesern doch durch dieselbe unüberbrückbare Kluft getrennt sein, und der substantielle Leser würde keineswegs auf die Stufe des spezifischen Unter haltungslesers herabgcdrückt, wenn er, schlecht beraten und schlecht erzogen, ausschließlich Surrogatliteratur bevorzugen würde. Unerschütterlich klar muß uns also vor Augen stehen: der Unterschied, besser der Gegensatz, der zwischen spezifischem Untcrhaltungslcscn und substantiellem Lesen besteht, ist in der Wurzel nicht ein Unterschied oder Gegensatz des jeweils in Anspruch genommenen Schrifttums, sondern es ist ein Ge gensatz in der innersten Haltung, in der sich der Leser dem Buch zuwcndet. Ein weiterer möglicher Irrtum, der sich gerade an unsere letzten Ausführungen knüpfen könnte, ist der, daß jene vier Stufen, auf denen sich die Zuwendung zum Buch vollzieht, unter allen Umständen auf verschiedene Lescrindividucn ver teilt sein müßten. DaS kann so sein, aber cS muß nicht so sein. Allen vier Stufen können wir bei ein und demselben Leser be gegnen. ES ist daher auch richtiger, fürs erste vom substan tiellen oder vom Untcrhaltungslescn, nicht vom substan tiellen oder Unterhaltungsleser zu sprechen. Dabei muß gleich noch ein Irrtum abgewchrt werden, der sich an die Bezeich nung „Stufen" knüpfen könnte. Es handelt sich hier durchaus um Stufen der Bedeutung, nicht aber um Stufen psycho logischer Entwicklung, die nacheinander erreicht werden, etwa so, daß jeder Leser mit Stufe eins begönne, um sich dann, sei es durch naturgesctzliche Entwicklung, sei es durch Erziehung, zu den folgenden, zuletzt sogar zu der höchsten Stufe zu er heben. An sich kann jeder Leser auf jeder dieser Stufen be ginnen, und durchaus ist auch möglich, daß der einzelne Leser auf der von Anfang eingenommenen Stufe verharrt. Er kann auch umgekehrt, so wie von der untersten zur höch sten, so auch von der höchsten zur niedersten wechseln, - heute so und morgen so! Aber cS können auch mehrere Stufen in ein und demselben Leser zu gleicher Zeit aktualisiert werden! Besonders jene drei letzten Stufen werden sehr oft in der selben Lcscrpcrsönlichkcit in ein und demselben Lescakt mit einander verbunden sein. Und durchaus ist auch möglich, daß 22
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