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01-Sonderausgabe Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.04.1937
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Titel
- 01-Sonderausgabe
- Band
- 1937-04-24
- Erscheinungsdatum
- 24.04.1937
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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- Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-1937042401
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-19370424013
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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ist nahezu unbegrenzt. Also muß für den spezifischen Unter- haltungslcser eine spezifische Untcrhaltungsliteratur geschaf fen werden. Ihr trostloser Charakter, als ständige Verhöh nung der Idee des Schrifttums, ist uns allen bekannt. Hierüber ist an dieser Stelle nichts weiter zu sagen. Wiederum aber wäre es kein Unglück, wenn im Schrifttum der Nation hier und da ein paar solche Unterhaltungsschmökcr mit auftauchtcn. Das Beschämende liegt auch hier in der Mas- scnhaftigkcit. Das massenhafte Bedürfnis führt zur massen haften Produktion seichter Untcrhaltungsmachwerke. Und von dieser Produktion wird dann schließlich das Bild des deutschen Schrifttums sehr entscheidend bestimmt! So beschämend dieser Anblick auch ist, so falsch würde cs doch auch hier sein, die Bekämpfung des Übels bei den Sympto men, also bei den Büchern, beginnen zu wollen. Die entschei dende Frage ist, wie cs denn dazu kommen konnte, daß das substanzlose UnterhaltungSlcscn einen so ungeheuren Umfang angenommen hat? Diese Frage verwandelt sich uns nun aber sofort in die andere: Wie konnte cs dazu kommen, daß der Zu stand der inneren Leere, der Öde, von dem aus der Mensch zu jener substanzlosen „Unterhaltung" drängt, in unserem kern haften und lebensvollen deutschen Volke ein Maffenzustand wurde? Diese Frage führt nun weit aus den Bezirken des Schrifttums und der Schrifttumspolitik hinaus. Die Frage wird zur Frage nach der natürlichen Lebensordnung und des natürlichen Le- bcnstages. Hierunter verstehen wir die Ordnung, in der das Leben des arbeitenden Menschen eine rhythmisch bewegte Ganz heit bildet, wo zwischen Arbeitstag und Freizeit nicht eine un- übersteigbare Kluft liegt, wo die Freizeit Kraftquelle ist für de» Arbeitstag, wo der Arbeitstag, bei aller körperlichen Ermü dung, die er bringt, geistig-seelische Kraftquelle, wie für das Menschenleben überhaupt, so auch für die Freizeit ist. „Tages Arbeit, Abends Gäste / Saure Wochen, frohe Feste" - in diesem Meisterwort klingt daS an, was wir unter rhythmisch geglie derter und bewegter Ganzheit im Lebenstag des arbeitenden Menschen verstehen. ES liegt in der Natur der menschlichen Dinge, daß diese Le- bcnsordnung ständig bedroht ist. Ständig droht diese Ganzheit auseinandcrzufallen in einen übersteigerten verkrampften Ar beitstag, in einen Arbeitstag nervöser Aktivität, und eine davon scharf geschiedene Freizeit, die nicht nur frei ist von Arbeit, sonder» auch frei vom plastischen Lcbenssirom, die leer ist, in der der Mensch passiv und erschlafft ist, und wo der Mensch dann auf Teufel komm raus „unterhalten" sein will. Ist das auch die ständige Gefahr menschlichen Lebens, so wurde diese Gefahr zur übermächtigen Wirklichkeit doch erst im iy. Jahrhundert, als an Stelle der Leitgedanken Mensch, Volk, Gott die Leitgedanken Wirtschaft, Produktion, Rentabili tät traten, als in allen den Schichten des Volkes, die umnittel bar oder mittelbar von diesem neuen Gott Wirtschaft erfaßt wurden, die menschliche Substanz zerstört wurde und für den Feierabend - den Abend der Feier - eben nur die Leere übrig- blicb, als - in einer kurzen Formel ausgesprochen-aus Volk Masse wurde. Nun mußten diese Massen unterhalten wer den, mit Unterhaltungsmitteln, die in ihrer Menge der Aus dehnung des inneren Lcerraumes, in ihrer Beschaffenheit aber der Erschlaffung der Sinne, der Überreizung der Nerve» ent sprachen. Und cs war ein Zeichen für die Gedankenlosigkeit der Zeit, daß gutmcincnde Sozial- und Kulturreformcr glauben konnten, das deutsche Volk in echte Beziehung zum echtbür- tigen Buch bringen zu können, während der Götze Wirtschaft immer tollere Orgien feierte, die Produktion auf immer höhe ren Tourenzahlen - bis zum rücksichtslosesten Fordismuü - laufen ließ und damit die Menschen immer mehr anspannte und zugleich entleerte. Indem wir uns heute von der Weltanschauung und Lebens auffassung des iy. Jahrhunderts wegwenden, indem wir uns bemühen, wieder vom Menschen, vom Volk, von Gott aus zu denken und zu gestalten, indem wir so einer echten ganzheit lichen Lebensordnung zustrebcn, indem wir heiß darum rin gen, daß aus Masse wieder Volk werde - indem wir das tun, haben wir den Ansatzpunkt, von dem aus, vom Men schen her, auch der völkische Notstand des Untcrhaltungsbe- triebes im Schrifttum einmal wird überwunden werden können. DaS alles heißt nun nicht, daß auf dem Felde des Schrifttums, der Buchpolitik und der literarischen Erziehung heute nichts zu tun wäre. Ganz im Gegenteil! Aber diese Aufgaben liegen eben nicht bei Stufe eins unserer Vicrtcilung, sondern bei den Stufen zwei bis vier! Es wurde festgestellt, daß auch der substantielle Leser, der uns auf diesen drei letzten Stufen be gegnet, keineswegs vor der Gefahr geschützt ist, den echten Lebensdrang, der ihn zum Buche führt, mit Surrogaten zu befriedigen. Gerade er, der den Befreier, den Gefährten, den Führer sucht, ist ständig der Gefahr auSgesctzt, dem Dilet tanten, dem Scharlatan, dem falschen Propheten in die Hände zu fallen. Während cS aber bei dem reinen Typus des reinen Unterhaltungslesers im Grunde gar nicht darauf ankommt, was er liest - von politisch-weltanschaulich untragbaren Schriften selbstverständlich immer abgesehen ist die Frage nach dem rechten Buch bei dem substantielle» Leser eine 24
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