Suche löschen...
01-Sonderausgabe Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.04.1937
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Titel
- 01-Sonderausgabe
- Band
- 1937-04-24
- Erscheinungsdatum
- 24.04.1937
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-1937042401
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-19370424013
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-1937042401
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1937
- Monat1937-04
- Tag1937-04-24
- Monat1937-04
- Jahr1937
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
sahen es darin blitzen und freuten uns an seinem Scheinen. Aber würden wir jemals mehr als Nutznießer— würden wir auch Erben dieser Schätze sein?.. ... Die kleine Runde im Sommecabend war ganz still geworden. Nur Mamas Geige sang zärtliche Melodien wie ein verschlafener Vogel. Nun glitt ste mit ein paar Läufen in eine andere Tonart und begann jene Humoreske von Dvorak — ein kleines filigranzartes Kunstwerk mit hüpfenden Rhythmen, die so rasch ins Blut gehen und alle jungen Füße lockern. Ich vernahm nur die ersten Tone, dann riß diese wunderliche Stimmung mich hin, mein Kleid zu raffen, in den Garten zu springen und auf dem Rasen einen kleinen Tanz aufzuführen.Meine Mutter glitt lächelnd mir nach die flacben Stufen hinunter und ging mit wiegenden Schritten, die Geige in beweglichen Armen, am Rande des Rasens auf und ab, schaute mir zu und beflügelte mir ihren leicht skandierten Takten meine Schritte. Man klatschte, als ich aufatmend innehielt. Jemand reichte mir eine Schale Wein. „Sieh", sagte Senta, ihren Arm ausstreckend, „da steht jemand am Gitter. Man kann ihn deutlich sehen. Vorhin trug er einen Koffer in der Hand, den hat er auf den Bürgersteig gesetzt und die ganze Zeit zugeschaut. Nun geht ec fort. Wahrscheinlich denkt er, hier ist es nicht geheuer!" Sie lachte leise hinter dem Davongehenden ber, und ich lachte ahnungslos mit, während ich spielerisch meine Hand dem kleinen Krocher überließ. Wer konnte auch wissen, daß da draußen mit Alfred Rühnes langsam verhallenden Schritten eben ein Stück meines Schicksals seinen Einzug in die Stadt hielt?! Dles alles geschah im Jull vierzehn. Kurze Zeit nach dem Thronfolgermord m Serajewo, den alle Welt als untrügliches Zeichen eines bösen Unwetters deutete. Mir scheint es jetzt, als seien wir Scherrers bis hart an die Katastrophe heran völlig ahnungslos gewesen. Wir lasen keine Zeitungen,wirlebtengedanken los zwischen Tönen und Farben. Der Sommer war heiß und sonnenblau. Was an Gerüchten zu uns drang, erregte uns kaum. Wir lagen ganz weit seitab im hohen, grünen Grase und schliefen.. Ms dann freilich der erste Donnerschlag kam, als die ersten Tropfen fielen und der Himmel sich ringsum schwarz lind drohend bewölkt zeigte, da rafften wir unsere Mcke und standen unvermittelt rasch und helläugig auf den Füßen — wir in unserem Märchenhaus. Krieg! Meine Begriffe davon hielten sich in engsten Grenzen. Einmal erwacht, standen wir mit Leib und Seele im Geschehen — meine Schwester Senta und ich. Das war eine Umschaltung aller Interessen und Gedanken! Eine Umwertung aller Werte! Die Tennisplätze, die Tanzböden standen leer— Vermessenheit, auch nur an die Stunden darauf zurückzudenken! Was bisher als junger Herr und Partner, notdürftig beschäftigt lind unernst, an unserer Seite schlenderte, gewann nun als Vaterlandsverteidiger Würde und Bedeutung. Alle kleinen Bindungen trieb der neue Zustand auseinander. * Das große Lazarett, in das Senta, Marie und ich nach einigen Wochen als Schwestern berufen wurden, lag ein wenig außerhalb der Stadt in einem für ?5nstaltszwecke neu errichteten Gebäude. Es gab große und Helle Säle, linoleum gedeckte Treppen und Teeküchen. Auch Operations- und Verbandzimmer, für verwöhnte klinische Begriffe natürlich nur Notbehelf, aber immerhin ausreichend. Der Wechsel zwischen dem heiteren lind liebenswürdigen Schlendrian meines Elternhauses und der strengen Zucht, die uns nun so unvermittelt einengte, war fast überwältigend. Was wußte denn ich, Magna Scherrer, von der peinlichen Ordnung und Pünktlichkeit, die gefordert werden mußte! Was galt mir ein Fleck auf Fußboden oder Waschbecken, ein welkes Blatt am Fensterstock, ein Tropfen mehr oder weniger im Medizinglas! Den Wert genialer Lebensführung hatte ich überschätzen gelernt, nun galt es, sich festem und strengem Gefüge ein- zuordnen. Ich mußte lernen, lernen! Nicht Handgriffe allein, sondern elementare Be griffe, die anderen angeboren sind. Viel Begeisterung, viel Liebe zur Sache und Glaube an den Sinn der Arbeit gehörten dazu!... ... Unsere Oberschwester war Agathe. Das Rote Kreuz hatte sie aus der Großstadt verschrieben und einen vorzüg lichen Griff damit getan. Denn sie war eine große Könnerin. Sie besaß eine automatische Sicherheit im Instrumentieren, verstand sich auf Diätküche, biologische Untersuchungen und alle Verordnungen wie keine zweite, herrschte über Wäscheschränke und Baderäume, lenkte uns mir vernichtenden Blicken und
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder