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01-Sonderausgabe Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.04.1937
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Titel
- 01-Sonderausgabe
- Band
- 1937-04-24
- Erscheinungsdatum
- 24.04.1937
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-1937042401
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-19370424013
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- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-1937042401
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- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1937
- Monat1937-04
- Tag1937-04-24
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Einige Tage ziehen in äußerem Gleichmaß dahin. Ich habe viel zu tmi, Agathe schiebt immer neue Aufgaben zwischen meine gewohnte Arbeit. Lang und von vielen schlaflosen Stunden unterbrochen sind meine Nächte, ein ewiges 'nneres Lauschen, Horchen, Zittern hält mich wach, eine Unnche, über deren Wesen ich mir keine Rechenschaft ablegen will. Warum kürze ich die Mahlzeiten ab, warum meide ich, wenn es irgend geht, die Abendstunden am Kamm? Einmal laufe ich die Treppe hinunter. Da steht Beratus unten in der Halle und sucht sich aus der Sammlung des Schloßherrn einen Stock heraus, um seinen Morgenspaziergang durch den Park zu machen. „Sie sollten mit mir kommen, Schwester Magna. Dies klare Frostwetter ist derrlich." „Ausgeschlossen, Herr Beratus, viel zu viel zu tun! Jetzt muß ich zu Via dame Menard und nachher ins Büro. Morgen kommt der Delegierte..." Ich bin schon am Ende des kleinen Flures, da höre ich, wie er den Stock hart auf den Fliesenboden stößt, und wende mich rasch noch einmal um. Unter finster- gefalteten Brauen sieht er mir nach, dann klirrt die Haustür ins Schloß. Am Abend bin ich zwischen Rumke und irgendeinem anderen in einer Ecke der Bibliothek mit meiner Handarbeit beschäftigt. Beratus und ich haben an diesem Tage kaum noch ein Wort miteinander gewechselt. Der Freund sitzt drüben im Schatten. Man sieht fast nur seine Hände, die zusammengclegt zwischen seinen Knien hängen: sehr rassige, charaktervolle Hände — denke ich als Tochter meines Vaters sachlich —, magere harte Gelenke. Ich sehe diese Hände zupacken, Waffen umspannen, sich ballen, Dinge zerbrechen oder eisern zusammenfügen, sehe sie sanftmütig werden, ein Kinderköpfchen, ein treues Tier streicheln. Wenn diese Finger Willen und beseeltes Leben verlören, kraftlose Glieder an einein sterbenden Körper würden, ausgeblutet dalägen: zur Faust oder zur Beter gebärde geformt von irgendeinem, der gerade des Weges kam, diese Hände— tot! Marmorstarr. Mit bläulichen Nägeln, wie icl) so viele gesehen ... ich könnte es nicht ertragen. Es würde mir das Herz brechen, sie so zu sehen. Ganz klar, beinahe nüchtern denke ich diesen Gedanken zu Ende, fasse zum erstenmal den Mut, der verhängnisvollen Erkenntnis dieses Gedankens offen ins Auge zu sehen ... ich liebe diese Hände. Ich liebe diesen Man». Gott helfe mir, ich liebe diesen Mann. 12 Unsere Unterhaltung bei Tisch bewegt sich in hübschen und gemessenen Redensarteil. Als den: alten Herrn seine Serviette vom Schoß gleitet, bücke ich mich flink danach, worauf er sein Glas hebt und auf mein besonderes Wohl trinkt. Ich sitze gerade aufgerichtet, sehe stolz meine lange Tafel hinunter und schicke Lucie mit einem Auftrag aus dem Saal, als der Graf anfängt, sich über Truppenstellungen und kriegerische Erfolge oder Mißerfolge zu verbreiten. Sein Begleiter sitzt mir zur Linken auf Beratus' Platz. Irgendwie kommt mir der Mann bekannt vor, als hätte ich ihn einmal gesehen, aber wie viele Ge sichter gleiten in dieser Zeit an einem vorüber! Ich gebe mir auch keine Mühe, es zu durchdenken, bis ec mit einer kleinen Verbeugung sich an mich wendet: „Ich habe Ihnen einen Gruß von Ihrem Gatten zu bestellen, Schwester. Ich hatte bereits die Ehre, Ihnen vor einigen Wochen vorgestellt zu werden. Sie erinnern sich? Ihr Gatte ist wohlauf.. Der'Graf zeigt matt erwachendes Interesse. „Ah! Sie sind verheiratet, Schwester? Das war mir entgangen. Wie lange?Seit einem halben Jahr? Zum Wohle, junge Frau..." Er füllt mein Glas, ich führe es mechanisch an die Lippen, setze es zitternd ab. Ein paar rote Tropfen netzen das Tischtuch. Unbeweglich ist Beratus' Profil, aber nun sehe ich, wie er langsam den kleinen Löffel, der quer vor seinem Teller lag, in die Rechte nimmt und zwischen harten Fingern zusammenbiegt... Mein eigenes Gesicht muß totenblaß geworden sein ... In der Kaminecke zündet sich Beratus eine Zigarette an. Einen Augenblick ist sein Gesicht von dem Schein des brennenden Streichholzes scharf beleuchtet um, gleich darauf wieder im Dämmer zu versinken. Dann schleudert er wie in plötzlichem Entschluß sowohl Holz wie Zigarette ins Feuer, durchquert den Raum und tritt, ohne mich anzusehen, neben mir in die Nische. Schwer werden meine Glieder, während ich ihm entgegenblicke. An seinen Sch.äfen spannen sich die Muskeln. Er hält den Mund so eng geschlossen, als ob schon das Atmen gefährlich sei. Und schweigt. Ich weiß nicht, wie lange wir so nebeneinander im Fenster gestanden dabei,, den dunkelnden Park im Rücken, ohne uns anzusehen. Ich füble die Strahlung seines Wesens in allen meinen Nerven wie ein starker Strom fließt es von idm zu mir... 13
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