Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.06.1937

genden Hochvitrinen in den Mittelpunkt gerückt. All die zur Schau gestellten Meisterwerke unserer großen Einbandkünstler — Otto Dorfner, Heinrich Engel, Otto U. Fischer, Otto Froede, Ehr. H. Kleukens, Frida Schoy, Walter Tiemann u. a. — wirken durch die geschickte und großzügige Anordnung in ihrer ganzen Schön heit. Die verschwenderische Fülle der Lichtes in der Halle bedeutet dabei noch eine besondere Steigerung der Wirkung dieser Pracht- einbände, die die Künstler in ungehemmter Schaffensfreude aus den kostbarsten Materialien schaffen konnten. Nicht minder wirken bei den Reproduktio-nswerken die meisterhaften Faksimileausgaben der vom Insel-Verlag zu sammen mit Albert Frisch-Berlin geschussenen Großen Heidel berger (Manessischen) Liedcrhandschrift sowie der 42zeiligcn Guten- berg-Bibel, von denen eine Reihe der schönsten Blätter ausgebrei tet werden konnten. Daneben behaupten die mustergültigen Fak similes von Beethovens Neunter Symphonie und Johann Seba stian Bachs Hoher Messe aus dem Verlag von Kistner 6-, Siegel sowie einige Spamersche Reproduktionsproben aus der im De meter-Verlag erscheinenden »Geschichte der Buchdruckerkunst» ihren Platz. Erfreulich noch, daß diesen großen Werken die »Deut schen Dichter in Handschriften» gleichgeachtet wurden, jene köst liche Schöpfung des Insel-Verlages, durch die uns unsere Großen so persönlich nahegebracht wurden. Bei den BibliopH ilen-Dru cken und den Arbeiten der Privatpressen stehen selbstverständlich in vorderster Front die Meisterwerke aus der Bremer-, Kleukens-, Mainzer- und Rupprecht-Presse. Dazu kommt eine gute Auswahl von Pri vatdrucken der einzelnen Bibliophilen-Gesellschaften und der be kanntesten Offizinen: Brandstetter, Offizin Haag-Drugulin, Hoss- mannsche Buchdruckerei Felix Krais, H. Laupp jr., Poeschel L Trepte, Ehr. Scheufele, Spamer und anderer; von der Bauerschen Gießerei in Frankfurt werden besonders hervorgehoben die »Fest schrift für E. R. Weiß» sowie die »Meisterwerke des Städelschen Kunstinstitutes». Das Schaffen der großen Schriftkünstler wird ein geleitet durch das Gedenken an Rudolf Koch. Beim Betrachten seiner Meisterwerke sowie des Erinnerungsbuches von seinem Freunde Georg Haupt betrauert man von neuem den so früh Dahingegangenen, Aber da erstehen tröstend die Werke seines begabten Sohnes Paul Koch. Sie führen weiter zu den Arbeiten von E. R. Weiß, Walter Tiemann und Rudolf Spemann, zu der eigenwilligen Hallenserin Friede! Thomas, der Osfenbacher Schule sowie vor allem zu Ernst Schneidler und seinen Mit arbeitern und Schülern von der Staatlichen Württembergischen Kunstgewerbeschule. Die schwierigste Aufgabe war zweifellos, die Auswahl für die beiden letzten Gruppen zu treffen: das iIl u st r i e r t e Buch und das gute Gebrauchs- und Kinderbuch. Denn hier zwang die Fülle des Materials zu einer engsten Auswahl, die natur gemäß subjektiv sein mußte. So wird mancher einzelnes vermissen, das er in diesem Rahmen gern gesehen hätte. Aber alle Künstler, Verlage und Offizinen, die sich um das gute Gebrauchsbuch be mühen, sind mit ausgezeichneten Leistungen vertreten. Diese hier im einzelnen aufzuführen, ist unmöglich. Ich verweise dafür auf den in Vorbereitung befindlichen offiziellen Ausstellungs katalog. Nur einige Werke seien noch genannt, um wenigstens einen Eindruck von der Vielfalt dieser Gruppen zu vermitteln: Beim illustrierten Buch die schönsten Klingspor-Kalender, Kredels herrliches Soldatenbuch aus der Bauerschen Gießerei und seine Kleinausgabe in der Insel-Bücherei, daneben die übrigen bunten Bändchen dieser Reihe; beim Kinderbuch die Kredelsche Ausgabe ber Grimmschen Märchen, Susanne Ehmckcs »Trachlcnbuch», das »Heiligohmdlied« aus dem BärenreiteEerlag und Elsa Eis- grubers »Tulifäntschen» aus der Osfizin Brandstetter; beim guten Gebrauchsbuch eine Reihe von ausgezeichneten Buchumschlägen und Verlegereinbänden Hans Meids, mehrere Werke über Druck und Schrift, darunter die rühmlich bekannte »Zeitgemäße Schrift» von Heintze K Blanckertz, Münchhausens »Geschichten aus der Ge schichte», »Merians anmuthige Städte-Ehronik», Hielschcrs Pracht werk »Deutschland» von Blockhaus sowie endlich die letzten Aus gaben unserer großen Weltatlanten. Über den Vitrinen aber zeugen eine Reihe von Bruckmann-, Hanfstaengl-, Piper- und Reichsdrucken vordem hohen Stand der heutigen Reproduktionstechnik für alte und neue Kunstwerke; diese Wiedergaben einiger der schönsten Werke unserer Malerei vervollständigen noch das Gesamtbild dieser Ausstellung, die jedem Bücherliebhaber Freude machen muß. vr. Hans Cordes. Schaufensterwerbeplan 1937 Juli bis Dezember Von Leinz Winkel mann Im Börsenblatt Nri 185 vom 11. August vorigen Jahres brachten wir einen größeren Aussatz über planvolle Schaufensterwerbung. Wir konnten damals von dem in ber Arbeit enthaltenen, aussührlichen Plan aus Raummangel nur den Teil Januar bis Mai abdrucken und bringen nun die Monate Juli bis Dezember. Für alle grund sätzlichen Ausführungen und für Anregungen zu nicht jahreszeitlich gebundenen Fenstern verweisen wir auf den genannten Aufsatz. D. Schrtstltg. Juli Schon drei bis vier Wochen vor Beginn der Schulferien hilft ein Fenster zu Reisevorbereitungen. Reisehandbücher, Kunstführer, Bücher über Landschaft und Volkstum der Haupt- reisegebiete, — Wunder-, Rad- und Autokarten, Autoatlanten, Flußkarten für Wasserwanderer, — Zelt- und Lagerbücherei, — Bücher über Reichsautobahn und Fluglinien, — Kursbücher dürfen jetzt nicht im Fenster fehlen. Gleichzeitig oder unmittelbar darauf folgt ein Fenster unter der Überschrift: »Urlaub ... jetzt hast Du Zeit für ein w er tv o ll e s B u ch.« Es enthält bedachtsam ausgewählte Bü cher für anspruchsvolle Leser. Dichtungen und große Romane von bleibendem Wert, Essaysammlungen, einige kultur-philosophische, weltpolitische und weltanschauliche Betrachtungen. Mag dies Fenster nur bei wenigen Großstadtsortimenten am Platz sein, überall wird ein Fenster: »Die deutschen Land schaften im Roman» möglich sein. Eine frühzeitige bibliogra phische Vorbereitung ist nötig. Wer die Mittel dazu herbeischasfen kann, mag auf einer das ganze Fenster aussüllenden etwa 30 Grad ansteigenden Fläche eine in ganz großen, groben Zügen gezeichnete Deutschlandkarte ausbreiten. Daraus werden die Bücher, meist ein Werk eines repräsentativen Schriftstellers jeder Landschaft »an Ort und Stelle» aufgebaut. Für die Daheimgebliebenen: zwei Gruppen, die eine mit der Überschrift: Die Axt im Haus erspart ... enthalt Handwerksbücher, Lehrmeisterbücherei, für Erwachsene geeignete Nummern aus »Wie baue ich mir selbst», Gartenbücher, Tierzucht. Die andere Hälfte: Die Hausfrau erntet und sorgt... Einmachen, Einkochen, Obstkonservierung, Erfrischungsgetränke, Handarbeiten, Kochbücher. Zum 18. Juli, dem Tag des Erscheinens des ersten Bandes vor zwölf Jahren, ein Ein-Buch-Fenster: Zwölf Jahre Hit.ler, Mein Kampf x.te Auslage*). Vielleicht auch die fremdsprachigen Ausgaben des Werkes ls. dazu den Aufsatz: »Das Buch des Führers in der Welt» in Nr. 24). "> Anm. d. Schrift!.: Anlaß zu einer ähnlichen Schaufenster werbung wird auch das Erscheinen der dritten Million des Buches geben. 54« Nr. 144 Sonnabend, den 28. Juni 1937