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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.07.1937
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- 1937-07-06
- Erscheinungsdatum
- 06.07.1937
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folgende Einteilung gehabt: Bilderbuch, Kinderbuch, Jugendbuch. Der Begriff des Bilderbuchs ist klar, unter Kinderbuch kann man Bücher verstehen, die für ein Alter von etwa sechs bis zehn Jahren bestimmt sind, unter Jugendbuch nun verstand der Buchhandel bisher im allgemeinen Bücher, die für Kinder im Alter von etwa zehn bis fünfzehn Jahren bestimmt waren. Was für höhere Lebensalter bestimmt war, wurde nicht mehr als Jugendbuch be zeichnet. Aus den Aufsätzen, Vorschlägen und Angriffen, die aus den Kreisen der HI. kommen, geht aber hervor, daß die HI. im Grunde gar nicht die eigentliche Jugendschrift meint, sondern daß sie in erster Linie an Bücher für das HJ.-Alter denkt, also für die Zeit vom vierzehnten bis achtzehnten Lebensjahr, wobei noch zu beachten ist, daß die Führer der HI. vielfach älter sind, sich trotz dem aber natürlich, und zwar ebenso natürlich mit vollem Recht, als zur Jugend gehörig betrachten, und nun aus ihrer Arbeit heraus Bücher wünschen, die sie in der HI. mit gutem Gewissen empfehlen und vor allen Dingen einsetzen können. Hier muß noch eingeschaltet werden, daß man sich über die Fragwürdigkeit der Einteilung nach Lebensaltern stets klar bleiben muß. Es ist ein Unterschied, ob sin Junge oder ein Mädel in Berlin aufwächst, in der Kleinstadt oder gar auf dem Land. Es ist ein Unterschied, ob das Kind aus einer Arbeiterfamilie stammt oder aus der Familie eines höheren Beamten. Ein Berliner Arbeiterjunge, gleich welchen Alters, wird in allen Dingen des täglichen und praktischen Lebens weiter, d. h. innerlich weiter sein, als ein gleichaltriger Junge aus einer gutbürgerlichen Berliner Familie. Das theoretische Buchwissen ist natürlich wieder bei einem Schüler einer höheren Lehranstalt größer. Wenn nun schon diese Unterschiede innerhalb der Jugend der gleichen Stadt zu finden sind, so ist es noch viel ausgeprägter und schärfer zwischen Großstadt-, Kleinstadt- und Landjugend. Dabei ist noch nicht einmal die individuelle Begabung und es ist auch nicht das charakterliche und geistige Erbe der Familie berücksichtigt, aus der das Kind stammt. Man kann also das, was der Buchhandel unter Jugendschrift versteht, in einer Zeit, in der die gesamte reichsdeutsche Jugend in der HI. steht, am besten mit dem Wort »Jungvolk-Buch« bezeichnen. Wobei man sich vor Augen halten muß, daß das Wort »Jungvolk-Buch« keine Stoffbegrenzung auf nationalsozialistische Themen bedeutet, sondern nur eine Altersbegrenzung, sodaß also die deutsche Jugend dieses Alters, die außerhalb der Reichsgrenzen leben muß, durchaus auch mit inbegriffen ist. Ich rede heute nur von diesem »Jungvolk-Buch«. Das hat seine Begründung vor allem auch darin, daß die Be rechtigung eines Jugendbuches für höhere Lebensalter nicht an erkannt werden kann. Für Jugendliche, die älter find, soll das große Buch eingesetzt werden, und zwar das wirklich große Buch. Es gibt in unserer und in der Dichtung der übrigen, vor allem der nordischen Völker so viel geeignete Werke, daß die Jahre der Reife gar nicht ausreichen, sie alle zu lesen, aufzunehmen und innerlich zu verarbeiten. Mit Recht wehrt man sich in der HI. gegen die — im übrigen in den ernsthaften Verlagen doch wohl längst veraltete — Kennzeichnung »für die reifere Jugend«. Bü cher, eigens »für die reifere Jugend« zurechtgemacht, sind Unsinn. Aber kein Unsinn ist, daß man mit achtzehn, zwanzig, fünfund zwanzig und mehr Jahren für die Alterswerke Goethes, Raabes oder Hamsuns im allgemeinen noch kein Verständnis hat, daß ferner den weitaus meisten jungen Menschen das Organ für die breite, strömende Epik großer Romandichter fehlt. Mancher durch aus erwachsene und vorgeblich »gereiste- Spießer, der über die anspruchsvolle »Jugend von heute« schimpft, hat Zeit seines Lebens kein Organ für große Dichtung, nimmt im Gegenteil jeden Dichter, der ihm etwa einmal begegnet, im Grunde seines Herzens nicht für voll. Die Jugend und den Dichter aber ver bindet immer und zu allen Zeiten die gleiche unbedingte Haltung; beide haben sie die gleiche tiefe Achtung vor dem Leben, dem Geist und jeder wahren Größe. Darum werden Jugend und Dichter immer zusammengehen, darum aber auch wäre es (um nun wieder ganz praktisch zu werden), Sache der damit beauftragten Stellen in der HI., aus den Werken der großen Dichtung diejenigen auszuwählen, die in der über das Jungvolkalter hinausgewach senen Jugend eingesetzt werden können. Das sind nicht nur, um Beispiele zu nennen, die Bücher von Dwinger oder Springen- schmid, sondern ebenso »Griese, Das letzte Gesicht« oder »Hamsun, Segen der Erde«. Aber solche Bücher sollte man nicht »fordern». Man kann sie nur (aus den vorhandenen) auswählen. Im übrigen wird jedes neue Jahr uns immer mehr Bücher bringen, die dich terische Bücher sind und, weil sie aus kämpferischer Haltung heraus geschrieben sind, Bücher der neuen Jugend sein werden. Wenn nun der letzte Jahresbericht der Jugendschriftenverleger davon spricht, daß 1836 1881 Erstauflagen erschienen sind, so sind damit zweifellos in allererster Linie »Jungvolk-Bücher« ge meint, die zum größten Teil in Jugendbuchoerlagen erscheinen, d. h. in Verlagen, die sich auf das Jugendbuch spezialisiert haben. Fritz Heike deutet in seinem Aufsatz schon an, daß es durchaus fraglich sei, ob eine solche Spezialisierung angesichts der heute herrschenden Verhältnisse noch sinnvoll und zweckmäßig sei. Man wird hier deutlicher werden müssen, wenn man weiterkommen will. Ein Verlag, der nur oder wenigstens zur Hauptsache nur Jugendschriften verlegt, ein Verlag ferner, der es im Laufe der Jahre zu einem gewissen, rein äußerlichen Umfang gebracht hat, eine gewisse Anzahl von Angestellten beschäftigt usw., ist ge zwungen, Jahr für Jahr die Anzahl von Jugendbüchern zu »pro duzieren«, die ihn wirtschaftlich zu halten vermögen. Und so kommt es dann dazu, daß einzelne Firmen vierzig oder mehr Neuheiten herausbringen. Alles erste Ware! Alles sorgfältig geprüft! Alles von nur besten Schriftstellern! Und das meiste schon nach kurzer Zeit ramschfähig! Fritz Heike ist gefühllos genug gewesen zu erklären, man dürfe Bücher nur dann annehmen und drucken, wenn sie gut seien, und nicht, wenn die Maschinen danach schreien. Wer ist bereit, diese Forderung für unsinnig zu erklären? Wer aber will be haupten, daß die Jugendbuchverlage heute schon nach diesem Grundsatz handeln? Sie können gar nicht danach handeln, s i e müssen produzieren. Dieser Zwang ist so stark, daß es mir völlig fern liegt, irgendeinem Verlag oder gar seinen Inhabern irgendeinen sozusagen persönlichen Vorwurf daraus zu machen. Aber es ist nötig einzusehen, daß seit 1933 eine andere Zeit angebrochen ist und daß die Folgerungen daraus gezogen werden müssen. Es gibt Berlage, die sich auf ihre Weise aus dem Produktions zwang fernhalten und dadurch die aus ihm sich ergebenden üblen Folgen vermeiden. Der eine hat neben seinen großen Jugend büchern billige Reihen guter Schullektüre, der andere verlegt zahlreiche Sachbücher, Liederbücher, Sport- und Geländedienst- Anleitungen, bei einem dritten ist der Jugendbuchverlag eine kleine Abteilung des Ganzen, sodaß die Produktion an Jugend büchern je nach der Zahl der vorhandenen guten Manuskripte ein geschränkt oder erweitert werden kann. Der eine Verlag macht mehr Gebrauch von solchen Möglichkeiten, der andere weniger; in dem einen erscheinen nur gute Jugendbücher, in dem anderen nicht selten auch weniger gute. Jedenfalls scheint die Zeit für Verlage, die nur Jugenderzählungen verlegen, nicht sehr günstig zu sein. Es muß einmal ausgesprochen werden, daß eine wirkliche Änderung nicht eintreten kann, solange es überhaupt noch reine Jugendbuchverlage gibt. Bei ihnen werden von Zeit zu Zeit, in mehr oder weniger gutem Verhältnis zu den übrigen durchschnittlichen oder gar abzulehnenden Jugendbüchern natürlich auch gute Bücher erscheinen, aber sie werden niemals in der Lage sein, nur gute Bücher zu verlegen, weil sie ja produ zieren müssen. Diese Behauptung wird große Entrüstung Hervor rufen, aber der Autor von Jugendbüchern hat, wenn er seine Aufgabe ernst nimmt, genau so wenig wie der Jugendführer nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu handeln und darauf Rücksicht zu nehmen, ob irgendwelche Verleger ihm seine Ansichten ver übeln. Wohin aber die bisherige Produktionsmethode führt, das haben die vergangenen Jahre und Jahrzehnte und zwar bis in die letzte Zeit hinein eindeutig genug gezeigt. Oder hält es jemand noch für irgendwie vertretbar, daß ein großer Jugendbuch verlag, wie mir bekannt wurde, einem Autor für dessen Buch ein Pa u s ch al Honorar von sage und schreibe RM ISO.— zahlt? Sind das noch anständige Geschäftsmethoden? Entweder ist das Buch schlecht, dann soll der Verleger es ablehnen. Oder es ist gut — dann ist es auch ein anderes Honorar wert. Hält irgendein Buchhändler, Verleger oder Sortimenter, eine solche Handlungs- Nr. 152 Dienstag, den 6. Juli 1S37 575
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