Jur Naturgeschichte des Fachölattes Von Professor Or. Gerhard Menz Was das biogenetische Grundgesetz für die Lebewesen der Natur glaubt auSsagen zu können, daß nämlich in der Entwicklung des Einzelwesens stets sich die der Art wiederhole und wider spiegele, das kann wohl auch für andere Lebenserscheinungen Geltung beanspruchen. Am Vergleich und in der Gegenüber stellung des Besonderen und des Allgemeinen erschließen sich so immer und überall weitere Erkenntnisse, vertieft sich der Einblick in Wesen und Bedeutung, Wert und Zusammenhang. Die Geschichte deS Einzelwesens „Börsenblatt für den Deut schen Buchhandel", das jetzt in sein i<x>. Lebensjahr eintritt, ist an anderer Stelle für sich dargestellt. Hier mag ein Weniges zur Entwicklung der Gattung „Fachblatt" gesagt werden, um den allgemeinen Rahmen zu umreißcn und den weiteren Hinter grund zu zeichnen, von dem sich dann das Einzelschicksal hof fentlich um so lebendiger abhebt. Am Jahre 179; hat Achim von Schwarzkopf in seiner Schrift „Über Zeitungen" wohl als erster allgemein die Herausgabe von Zeitschriften gefordert und angeregt, die sich inhaltlich „auf die Kultur einzelner Gattungen von Lesern" cinstcllen sollten. Darin steckte der Gedanke des „FachblatteS", und eS ist kein Zu fall, daß er hier Ende des 18. Jahrhunderts auftauchte. Der Anfang des Jahrhunderts ist noch die Zeit des Polyhistors. Gerade aber das Streben nach universaler Übersicht führte ja notgedrungen zur spezialisierenden Arbeitsteilung. Der ein zelne war bald nicht mehr imstande, die Aufgabe allein zu lösen. Es mußten sich mehrere dazu zusammenfinden und in die Arbeit teilen. Als Beispiel für das gewerbliche Gebiet sei nur an die pompöse »Oeseription des urts et mötiers par ülrs. cko 1'^.ouäemie Royale des Loieness« in Paris in 18 Bänden in Großfolio erinnert, die Justi von 1762 an auszugsweise ins Deutsche übersetzt hat. Die Weiterentwicklung in dieser Rich tung führte zum Spezialisten, zum Fachmann, zur fachlich ab gegrenzten Monographie, zur speziellen Fachzeitschrift. Daraus folgte aber auch sofort noch ein weiterer Anstoß. Am Fachmann - im weitesten Sinne genommen - bildet sich rasch ein bestimm tes Berufsbewußtsein und im Kreis der Fachleute dann ein Zu sammengehörigkeitsgefühl, das ebensosehr auf der Absonde rung von andern wie auf dem Bedürfnis nach stärkendem Zu sammenschluß und gemeinsamer Entfaltung der Eigenart be ruht. ES findet äußerlich in Gesellschafts-, Vereins-, Ver bands-, Korporationsbildung Ausdruck, hat aber gerade dann auch verstärktes Bedürfnis nach einem den Zusammenhang dauernd vermittelnden und verkörpernden Organ: eben dem Fachblatt. An der Zeit dcü liberalen Individualismus ist sogar das Fachblatt, ohne Verbandsorgan zu sein, vielfach zunächst der einzige Ausdruck solchen Zusammenhangs. Das 19. Jahr hundert aber zeichnet sich dann auch ausgesprochen durch Ver eins- und Verbandsbildung aller Art aus und sieht in Verbin dung damit die Fachpresse sich weiter und weiter entfalten. Daß im Buchhandel diese Entwicklung mit am frühesten ein setzt und am raschesten zu festen Formen gelangt, ist nicht ver wunderlich. Er stand ja von Anfang an, im weiten Raum deS Abendlandes verhältnismäßig dünn verteilt, auf sich allein ge stellt da, bevorzugt durch nahe Verwandtschaft mit den aka demischen Berufen, abgesondert vom landes- und zeitüblichen Zunft- und Gewerbewescn. Das 18. Jahrhundert ist es dann, das auch im Buchhandel, insbesondere Deutschlands, sich ein eigenes StandeSbewußtscin und Berufsideal klarer herausbil den läßt. Besondere Umstände haben dazu beigetragen, dieser Entwicklung die bestimmte Richtung zu geben. Sie sind teils sachlicher, teils zeitlicher Natur. Von Anbeginn an Mr der deutsche Buchhandel eine Einheit über alle Landesgrenzen, Schlagbäume und Kirchturmöhorizonte hinweg, verwurzelt im Gesamtbereich „soweit die deutsche Zunge klingt", und dar über hinaus, soweit deutsche Kultur, deutscher Geist und deut sche Kunst in Ansehen standen, in seinen maßgeblichen Mitglie dern aufeinander angewiesen, im technisch und wirtschaftlich sich notwendig empfehlenden Tauschvcrkchr wechselseitig die Ergänzung der eigenen Leistung in der aller anderen zu suchen. Das regelmäßige Zusammentreffen der meffefähigcn Buch händler in Frankfurt a. M. und Leipzig gab dem schon früh äußerlich sichtbaren Ausdruck, um so mehr, als die Herauöbil- y