Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.04.1940
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- 1940-04-09
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stummen müssen, die von unserm Schauspiel nur eine dramatisierte und glorifizierende Biographie erwarten. Dem Dichter ging es um den Menschen Gutenberg und nicht zuletzt auch um die Mcnschen- gestaltung der Persönlichkeiten, von denen der Meister Leid oder Freude erfuhr, die ihn förderten oder hemmten in der schicksal gewollten Erfüllung seiner hohen Sendung. In diesem Schauspiel ist nichts gestaltet, was gegen die Über lieferung verstieße; was aber aus innerer Schau der gesegneten Stunde hinzutrat, ergab sich aus dem innigen Nachcrleben eines Geschehens, wie es tragischer selten einem deutschen Erfinder be gegnet ist. Und wo die Dichtung sich über die diesseitige Darstellung erhebt (Gutenberg und »der Andere« z. B.), geschieht es nicht aus dem Überschwang einer entfesselten Phantasie heraus, sondern auch hier nur im Dienst an der Idee, die das Kämpfen und Ringen eines Großen in seiner ganzen, oft verzweifelten Schwere zu erfassen und restlos auszuschöpfen bemüht war, denn Gutenbergs Erfindung trägt Gott und Teufel im Schoß. Das Theater hat andere Gesetze als der Roman oder der Film; bas Drama will stärkste Konzentration des Geschehens; es verlangt Spannung statt Breite, Erregung statt behaglicher Schilderung. So zeigt der Verfasser in seinem Gutenbergbrama nur einen Aus schnitt aus dem Leben des Erfinders, aber den entscheidenden, der den Meister auf der Höhe seines Wirkens (Druck der 42zeiligen Bibel und des Psalteriums) und im Erleben seines tiefsten Sturzes zeigt (Pfändung seines gesamten Werkschaffens und Besitzes durch seinen Teilhaber Johann Fust). Die geschichtlichen Ereignisse, die der Hand lung unseres Dramas zu Grunde gelegt sind, haben sich wie folgt abgespielt: wir glauben allerdings bei ihrer Darstellung hier Vor geschichte und andere Nebenumständc, soweit sie im Drama unberück sichtigt bleiben, übergehen zu können*). Die geschichtlichen Unterlagen der Handlung Der Junker Johann Genßfleisch zum Gutenberg, gelernter Gold schmied, zieht, etwa fünfzigjährig, von Ltraßburg in seine Vaterstadt nach Mainz, um hier seine Erfindung, den Druck mit beweglichen Metallettern, zu vervollkommnen. Sie hatte ihn schon den Verlust seines stattlichen Vermögens gekostet und stürzte ihn immer wieder in ernste Geldverlegenheiten und Schulden. In Mainz gesellte sich der Kaufmann Johann Fust zu ihm und verhalf ihm durch hohe Bareinlagen und Vorschüsse zur Vollendung seiner bedeutsamen Er findung. Aus dieser ersten Druckoffizin ging im Jahre 1455 als Meisterwerk die 42zeilige lateinische Bibel hervor; der Druck eines zweiten Meisterwerks, des Psalteriums, muß ebenfalls bereits in Angriff genommen worden sein, als die beiden Teilhaber sich so gründlich entzweiten, daß es zu dem verhängnisvollen Prozeß kam, dessen Spruch auf Pfändung der gesamten Druckerei des Junkers an Fust erkannte: unter dem gepfändeten Material waren neben den fertigen Bibeln auch Lettern und Druckanfänge des Psalteriums, das nach seiner Vollendung durch die neue Druckoffizin Fust und Schöffer den Namen dieser beiden Männer als Drucker trug. Peter Schöffer war bei Fust als Schönschreiber und wohl auch sonst im Hause be dienstet und hatte als gleichzeitiger »Geselle« Gutenbergs Gelegenheit genug, sich in der Druckkunst zu vervollkommnen, sodah er die ge pfändete Druckerei seines Meisters später gemeinsam mit Fust als Druckermeister weiterführen konnte. Gutenbergs Schaffenskraft scheint nach dieser Enteignung erloschen zu sein, denn es läßt sich mit Sicherheit nach dem Jahre 1455 kein eigenes Druckwerk Gutenbergs mehr Nachweisen, obwohl sein Gönner und Freund vr. Hnmcry, der Kanzler der Stadt Mainz, ihm noch eine kleine Druckerei hcrgerichtet haben soll. Gutcnbergs Name taucht später hier und da noch in der Chronik einer deutschen Stadt auf, im übrigen aber legt sich seit dem unseligen Prozeß ein seltsames Dunkel über den weiteren Lebensweg des verarmten Erfinders, bis der Meister endlich als Greis unter dem Hofgesinde des Erzbischofs Albrecht als Pensionär noch einmal auftaucht. Die Legende läßt ihn im Alter erblindet sein. überliefert ist noch, daß Gutenberg in jungen Jahren auf Jnne- haltung eines Eheversprechens verklagt worden war, das er einem Edelfräulein mit Namen Ennel, der Tochter des Ritters zur yseren ture gegeben haben soll. Den Verlauf des Prozesses kennen wir nicht, doch scheint erwiesen, daß Gutenberg unverheiratet geblieben ist. Fust hatte eine Tochter Christine, die dann jenen zweiten Teil haber Fusts Peteic Schösser geheiratet hat. Ein Bruder Johann *) Interessenten sei die erschöpfende Darstellung der Gutenberg- wclt in dem Buch: »Johann Gutenberg. Sein Leben und sein Werk«, von Aloys Nuppel, dem Direktor des Mainzer Gutenbergmuseums, warm empfohlen. Die vortrefflich geschriebene und in der Behand lung der Materie vorbildlich klar gegliederte Arbeit ist auch dem Verfasser unsres Schauspiels willkommene und ergiebige Quelle für sein Werk gewesen. Fusts, Jakob, wurde später Bürgermeister in Mainz. Seine Amts führung ist mit der Eroberung der Stadt durch den Nassauer Grafen Albrecht unrühmlich verknüpft. Die Namen der Druckergesellen Gutenbergs im Hnmbrccht, dem Druckhause und Eigenheim des Junkers, sowie der seines Dieners Beildeck sind ebenfalls verbürgt. Die Druckhelfer des Meisters kehren in der Geschichte der schwarzen Kunst später als Besitzer eigener Druckereien wieder. Auch der Name des Notars Hellmaspcrger, dessen Notariatsinstrnment eines der wenigen wichtigen nnd aufschlußreichen Aktendokumente aus der Gutenbergwelt darstcllt, ist überliefert. * Soweit die spärlichen geschichtlichen Überlieferungen, auf denen die Handlung unseres Gutenbergschauspiels basiert. Dürftig genug für den Forscher und Biographen; für den Dramatiker aber eine Fülle tragischer Verwickelungen und Folgerungen, denn zweifellos steckten auch in den Gegnern des Junkers starke persönliche Vorzüge; Schurkengeist oder zünftige Rafssucht hätten später das Werk des Junkers nicht zu so hohem Ansehen bringen können, wie es tatsäch lich in der Folgezeit geschehen ist. Anderseits dürste auch ein Mann von der zähen und verbissenen Schaffensenergie wie Gutenberg nicht grade zu den bequemsten Charakteren gehört haben, und an der Zu spitzung des Konfliktes wird auch er nicht ohne Schuld gewesen sein. Daran darf der dramatische Gestalter nicht achtlos vorübcrgehen, will er sich nicht dem Vorwurf einseitiger Verherrlichung aussetzen. Immer wird es der Mensch im Drama sein, der unser volles Mitgefühl erringt; aus seiner seelischen und charakterlichen Ver anlagung heraus werden die letzten inneren Zusammenhänge und die dadurch schicksalhaft bedingten Notwendigkeiten verständlich, die im großen Geschehen der Geschichte nichts als blinder Zufall er scheinen lassen. Alles Schicksal liegt schon irgendwie in dem Wesen der von ihm betroffenen Menschen zutiefst begründet und erst in der Art, wie ein Mensch mit seinem ungewöhnlichen Sonderschicksal fertig wird, wie er aus Elend und Verzweiflung geläutert aufsteigt zu einem höheren Menschentum, wird sich seine Charakterstärke, seine wirkliche Größe offenbaren. Darin liegt auch bei dem Meister der gewaltigsten deutschen Erfindung für uns, seine Nachfahren, der beispielgebende Wert seiner ungewöhnlichen Erscheinung: Gutenberg, der selbstlose, ganz seinem Schaffen verhaftete Schicksalsträger, der einsame »Mensch unterm Werk«*). Hans Stiebe r. Leipzig feiert Gutenberg Die für die Gutenberg-Fünfjahrhunöert-Feier in Leipzig ge plante große Reichs-Ausstellung mußte wegen des Krieges auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden. Trotzdem wird die Druck- und Buchstadt Leipzig dem Erfinder der Druckkunst im Jubiläumsjahr 1940 ihren Dank nicht schuldig bleiben. Für die Tage vom 21. bis 24. Juni ist eine große Gutenberg-Ehrung vorgesehen, der Vortragsveranstaltungcn, Ausstellungen usw. vorangehen bzw. sich anschließen. Den Höhepunkt der Gutenberg-Ehrung wird am-22. Juni die Eröffnung des Deutschen Buch museums durch den Ersten Vorsitzenden des Deutschen Buchgcwerbevereins Carl Wagner, und am 23. Juni der Festakt der Neichsmessestadt Leipzig zu Ehren Gutenbergs im Gewandhaus mit einer Ansprache von Neichsleiter Alfred Nosenberg bilden. Am 24. Juni finden eine Festsitzung der Universität und Hochschulen und eine Kund gebung der Deutschen Arbeitsfront, des Buchhandels und der Wirt schaftsgruppen Druck und Papierverarbcitung ans dem Marktplatz statt. Im Anschluß an diese Kundgebung kameradschaftliches Treffen aller am Buch Schaffenden. Die im Nahmen der Gutenberg-Ehrung vorgesehenen zahlreichen Ausstellungen werden am 23. Juni eröffnet und etwa vier Wochen dauern. Dazu gehören eine vom Börsenverein veranstaltete Ausstellung »Der Leipziger Buchhandel« im Alten Rathaus und zwei Ausstellungen der Deutschen Bücherei: »Deutsche Druckkunst im 20. Jahrhundert« und »Musikalische Druckwerke aus alter und nener Zeit«. Ferner werden die Universitäts-Bibliothek, die Stadtbibliothek, das Stadtgeschichtliche Musenm, die Staatliche Akademie für graphi sche Künste und Buchgewerbe und der Schulvcrein Leipziger graphi scher und papicrverarbeitendcr Betriebe Ausstellungen veranstalten. Die von der Volksbildungsstätte Kreis Leipzig zusammen mit dem Verkehrsverein vorgesehenen zwanzig Vorträge und Be sichtigungen sollen weiten Kreisen einen Einblick in das Drnck- *) So lautete der ursprüngliche Titel unsres Schauspiels, der erst mit Rücksicht auf das Jubtläumsjahr geändert wurde. Nr. 83 Dtenötag, den j. April 1940 127
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