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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.11.1921
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- 1921-11-10
- Erscheinungsdatum
- 10.11.1921
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- Deutsch
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.V 263, 10. November 1921. Redaktioneller Tei! wohlverstandenes Interesse sollte uns bestimmen, friedlich und duldsam mit- und nebeneinander zu wirken und tätig zu schaffen und selbst dort höchstens unser Bedauern zu äußern, wo uns materieller Schaden erwachsen ist . . . Und warum, wenn wir fragen dürfen? Wir haben uns vorgesetzt, auch der französischen Literatur vor teilhafteren Eingang in unsere Stadt und unser Land zu ver schaffen, und können hiervon sagen, das; wir nicht das allerschlechteste Resultat erzielt haben. Was haben die Herren für Einwendungen? Sollte es uns wohl nicht freistchen, unser Geschäft nach unserem Sinne zn führen und diejenigen Literaturzweige zu kultivieren, welche wir als für uns vorteilhaft erachten? Hätten wir (um eine perfide Insinuation in jenem öffentlichen Angriffe zu illustrieren) wohl zu den Herren Franzosen sprechen sollen: Seht, wir möchten wohl gern eure Bücher kaufen und verkaufen, aber eure Herren Nachbarn machen Einwendungen; wir beschränken uns also auf die jenigen Zolaschen Romane, welche ins Deutsche nicht übersetzt wurden, aber ein Lehrbuch der Physik oder die Geschichte der französischen Revolution werden und dürfen wir bei Leibe nicht verkaufen, denn die deutschen Herren Verleger schlichen uns sofort das Konto und verhetzen uns noch obendrein als Schmäher unserer ganzen Nation! Wo würden wir denn hingeraten? Ich denke, wir liehen wohl besser unsere politischen Glaubensbekenntnisse in unserer Wohnstube und brächten in den Laden und die Schreibstube nur die geschäftlichen ge sunden und klaren Auffassungen dieser materiellen Dinge mit. Wir importieren keine (oder doch ungern) ursprünglich deutschen Werke in französischer oder englischer Übersetzung, denn wer sich bilden und was lernen will, soll die betreffende Literatur (namentlich bei Weltsprachen) im Original lesen; wir sind daher auch keine Freunde des Vertriebs guter oder vollends schlechter Produkte der fran zösischen Literatur in deutschen Übersetzungen; das hatten wir ge äußert. Und das kann Ihr Mißfallen so sehr erregen? Oder nehmen die Herren sich gar keine Zeit, über das nachzudenkcn. was sie zu eigenem und anderer Schaden begingen? Wir denken, Menschen und Nationen sollten nebeneinander ganz gut bestehen können und in ihren geschäftlichen Beziehungen das vor Augen halten, worauf es eben ankommt. Uns zu anderen Gesinnungen und Überzeugungen zu überführen, dürfte mit Kontoschliehung denn doch nicht gelingen.« Nach und nach gewöhnten sich endlich die ungarischen Buchhändler daran, die ncugeschaffene Zentralstelle in Anspruch zn nehmen: so wurde denn allmählich ganz Ungarn in den Kreis des europäischen Buchhandels eingeschaltet, und seither gibt es in Ungarn europäische Buchhandlungen im wahrsten Sinne des Wortes. (Schluß folgt.) Schwere Erschütterungen der Tarifgemeinschaft im deutschen Buchdruckgewerbe. Trotz der äußerst weitgehenden Zugeständnisse, die die Buch- druckcrgehilsen in den Scptcnlbcrverhandluugen des Tarifausschusses erreichten, entstanden in einer Anzahl von Druckorten doch gleich darauf wieder wilde Lohnbewegungen und Streiks. Die Gehilfen- fiihrer haben die Massen nicht in dem Maße mehr hinter sich, das; sie eine Bürgschaft für die Beachtung und Durchführung der von den Organen der Tarifgemeinschast gefaßten Beschlüsse übernehmen könnten. Die lange Jahre auch für andere Gewerbe vorbildlich ge wesene Tarifgemeinschast der Deutschen Buchdrucker wind durch 'die mangelnde Vertragstreue der Gehilfenschaft und durch die immer mehr zunehmende Einbuße der Autorität ihrer Führer einer Be lastungsprobe ausgesetzt, die zweifellos das Aufgehen dieser Tarif- gemeinschast zur Folge haben muß, wenn cs nicht gelingt, den ruhiger und besonnener denkenden Teil der Gehilfenschaft zn sammeln und hierdurch die Achtung vor den mitgefaßten tariflichen Beschlüssen herbeiznfnhrcn und zu sichern. Kaum daß die im September d. I. unter Mitwirkung des Ar beitsministeriums neu festgesetzten Löhne in Wirksamkeit getreten waren, verlangte z. B. die Hamburger Gehilfenschaft einen um 53 Mark höheren Wochenlohn, als ihr tariflich zustand. Das Hilfs personal stellte gleichfalls entsprechend hohe Sondcrforderuugen. Mit einer Mehrheit von 14 Stimmen über die erforderliche Zweidrittel mehrheit wurde durch Urabstimmung der Streik beschlossen und am 3. Oktober (mittags) in den Streik eingetrcstcn. I-n Verhandlungen vor dem Tarifamtc, die am 7. Oktober stattfandcn, stellte dieses .inen Tarifbruch fest. Die Gehilfenschaft lehnte das Ansinnen der Prinzipalität ab, zunächst die Arbeit wieder aufznnehmen, de» tarif lichen Boden wieder zu betreten und daun erst über etwaige be rechtigte Wünsche zu verhandeln. Volle 14 Tage dauerte dieser leichtfertig und disziplinlos vom Zaune gebrochene wilde Streik; erst am Montag, dem 17. Oktober, wurde die Arbeit wieder aufge nommen. Die sehr weitgehenden Forderungen der Gehilfen und Hilfsarbeiter fanden nur insoweit Berücksichtigung, als ihnen unter Zugrundelegung der Neichsindexziffern eine einmalige, in drei Raten zu zahlende Sonderzuwendung von 210 Mark für die männlichen Arbeiter (Gehilfen, Hilfsarbeiter und Buchbinder) und 180 Mark für weibliche Hilfskräfte gewährt wurden. Da die Streiktage nicht bezahlt wurden, so läßt sich leicht ermessen, daß der wilde Streik mit einer sehr fühlbaren Einbuße an Lohn abschloß: der Ausfall dürfte rund 800 Mark pro Kopf betragen. Die Geschlossenheit der Prinzipale war im allgemeinen lobenswert. Gegen die Firmen, die keine Solidarität bekundeten, soll der Ausschluß aus dem Deutschen Buchdrucker-Verein hcrbeigeführt werden. Während des Streiks gaben die Prinzipale eine Notzeitung heraus, deren Verbreitung die Strei kenden durch Gewaltakte usw. zu verhindern suchten. Der beantragte polizeiliche Schutz wurde vom Gesamt-Senat abgelehnt, weil »es an erforderlichen Beamten mangele und der Verdacht der Partei nahme zu vermeiden fei«. Auch ein sehr bedenkliches Zeichen der Zeit! Auch in anderen Städten, so in Erfurt, Eisenach, Darmstadt, Freibnrg, Nürnberg, Bielefeld, Harburg, Gütersloh, Herford und in verschiedenen kleinen Städten kam es zu wilden Lohnbewegungen, bzw. Streiks. In Aachen traten die Maschinensetzer in den Streik. In Rheinland-Westfalen, bzw. in dem besetzten Gebiet erwies die Prinzipalität den Gehilfen in Rücksicht auf die besonderen Teuerungs- Verhältnisse ein sehr weitgehendes Entgegenkommen. Dieses wurde aber abhängig gemacht von dem tariflichen Verhalten der Maschinen setzer. Die Gehilfenvcrtreter beim Tarifkreisamte erklärten schließ lich ihr Einverständnis zu diesem Vorbehalt und bemerkten, wenn sie die Verhältnisse nicht meistern könnten, so würden sie gegebenen falls sämtlich ihre Ämter niederlegen. Erfreulich ist die im allgemeinen ülierall lebhaft zum Ausdruck gekommene Solidarität der Prinzipale; in den meisten von Streiks betroffenen Orten war diese sogar musterhaft. Unter ganz eigenartigen und geradezu unerhörten Verhältnissen kam es am 15. Oktober zu einem wilden Streik bei der Firma Rudolf Mofse in Berli n. Tort forderte man kurzerhand nicht nur 20 Mark über den tariflichen Lohn, sondern der Arbeiterrat dieser Firma be stand darauf, das; bei den von der Gcschästsleitung gewünschten Ver handlungen tarifliche Instanzen nicht zugezogen wer den dürsten. Eine größere Mißachtung der Tarifgemeinschaft ist gar nicht denkbar! Das Tarifamt stellte denn auch — einschl. der Stimmen der Arbeitnehmer-Beisitzer einen schweren Tarifbruch fest. Die Ber liner Zeitungsverleger bekundeten ihre Solidarität dadurch, daß sie zwar ihr Personal behielten, aber ihre Zeitungen nicht erscheinen ließen. Später wuvdc dann in sämtlichen Druckereien dem Personal gekündigt. Die Herstellung des im Mosseschen Verlage erscheinenden »Berliner Tageblatts« in einer anderen Druckerei wurde von dem in Frage kommenden Personal als Streikbruch-Arbeit bezeichnet, trotz dem das Tarifamt einen schweren Tarifbruch festgestcllt hatte. Die Neichsregieruug, namentlich der Ncichsarbeitsministcr vr. Brauns, gab sich die größte Mühe, den Streik zu beenden. Nach stunden langen Verhandlungen mit dem Geschäftsführer des Tarifamts und nach Bewilligung einiger materieller Fordermugen erklärten sich end lich die Streikenden zur Wiederaufnahme der Arbeit bereit (22. Ok tober früh), worauf auch die Kündigungen zurückgezogen wurden. Die Vereinigten Zeitungsverleger Großberlins veröffentlichten eine Erklärung, in der u. a. zum Ausdruck kommt, das; es gelungen sei, dem tariflichen Rechte bedingungslos Anerkennung zu verschaffen. In Bielefeld dauerte der Streik elf Tage. Vor dem dor tigen Schlichtungsausschuß kam es zu einer Einigung. Gegen die in Bielefeld hcrausgcgebene Notzeitung gingen die Streikenden mit einem unerhörten Terror vor. Trotz des Schutzes der Polizei, die mit Karabiner und aufgepflanztem Seitengewehr bewaffnet war, mußte der Druck der Notzeitung doch eingestellt werden. Die be streikten Betriebe mußten nachts polizeilich besetzt werden. In einer Besprechung, die am 17. Oktober'zwischen Vertretern des Deutschen Buchdrucker-Vereins (Prinzipale) und des Verbandes der Deutschen Buchdrucker (Gehilfen) stattfand, wurde an die Prinzi palität das Ansinnen gestellt, die Mitte November d. I. fällige weitere Lohnzulage von 25 Mark bereits vom 25. Oktober an zu zahlen. Da die Geh Ilsenführer sich aber nicht dafür verbürge» konnten oder wollten, das; daun auch die Nnhc in allen Orten ein treten müßte, wurde das Ansinnen entschieden abgelehnt. Es steht außer jedem Zweifel, daß unter diesen Umständen und angesichts solcher Vorkommnisse ein Fortbestehen der deutschen Buch- dnlcker-Tarifgcmeinschast undenkbar ist. Der seit 25 Jahren im Tarif- aiut tätige Geschäftsführer Paul Schliebs wies vor einigen Tagen in einem von ihm verfaßten, unverkennbar au die Adresse der Ge hilfen gerichteten und im Gchilscnorgan (»Korrespondent für Deutsch lands Buchdrucker«) erschienenen Artikel: »Tarifgcmeinfchaft? Ja 1645
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