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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.01.1909
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1909-01-28
- Erscheinungsdatum
- 28.01.1909
- Sprache
- Deutsch
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1192 Börsenblatt f, d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 22, 28. Januar 1909. Kleine Mitteilungen. * Zum Kampf gegen Schundliteratur. — Hierzu wird wird uns von einem geachteten Bibliothekar geschrieben: <Red.) Gegen die Schundliteratur wird jetzt von verschiedenen Seiten das Gewissen geweckt. Beachtung verdient in dieser Hinsicht eine kürzlich im Verlage von Hermann Muschner (Eugen Franck's Buch handlung) in Oppeln als Sonderdruck aus der Zeitschrift »Die Volksbücherei in Oberschlesien« erschienene Broschüre des im Börsenblatt schon mehrfach genannten Bibliothekars Kaisig in Gleiwitz (vgl. 1908 Nr. 184 d. Bl.). Der Verfasser knüpft an den kürzlich durch die Blätter ge gangenen Bericht an, in welcher Weise die Schuldeputation in Pankow den Kampf gegen die schlechte Literatur ausgenommen hat (vgl. 1908 Nr. 200 d. Bl.). In einem Aufruf an die Buchhändler und Buchbinder des Ortes sollen diese veranlaßt werden, mit Rücksicht auf die Jugenderziehung Erzeugnisse der Schundliteratur aus den Schaufenstern zu entfernen und nicht mehr an Kinder abzugeben. Nach einiger Zeit sollen die Verkaufsstätten festgestellt werden, die noch derartige Hefte an die Jugend vertreiben, und die Eltern und Lehrer sollen dann aufgefordert werden, jene Geschäfte zu meiden. Es wird nun ausgesührt, daß es nicht genüge, im Be nehmen mit Eltern, Lehrern und Buchhandlungen der Jugend den Zugang zu den trüben Quellen zu erschweren. Die positive Ergänzung dürfe nicht ausbleiben. »Das Geschichten lesen können und wollen wir der Jugend nicht ab- gewöhnen; wir müssen also dafür sorgen, daß ... für das Schädliche ein harmloser und zuträglicher Ersatz geschaffen wird.« Und dieser Ersatz müsse, ganz wie Limonade und Kaffee beim Kampf gegen den Alkohol, der mehrfach vergleichend heran gezogen wird, nicht nur wohlschmeckender und bekömmlicher, sondern auch billiger sein. — »Glaubt man wirklich, mit 20-Pfennig- Heften 10-Pfennig-Hefte zu verdrängen, die durch ihr minder wertiges, aber starkes Papier zudem noch den Anschein erwecken, daß sie für den halben Preis mehr bieten?« An der bekannten »Volksbibliothek des Lahrer hinkenden Boten« weist der Verfasser nach, daß der Kampf mit 2-, 6-, 8- und 10°Psennig°Hcften ausgenommen werden müsse; er führt dazu u. a. folgendes aus: »Warum hoffen wir, mit diesen kleinen Büchlein das mit tausend Reizen auf die leicht erregbare Jugend einstürmende süße Gift der Schundliteratur verdrängen zu können? Für 10 Pfennig erhält ein Kind nicht ein Heft, sondern fünf ver schiedene Hefte, und es kann sich diese zudem nach Belieben auswählen. Spannend und reich an Begebenheiten sind diese Erzählungen auch, wenn sie auch nicht so sehr von Mord und Blut rauchen wie die durchschnittlichen Kolportagehefte. Auch die Titel klingen recht einladend, z. B.: Die Geschichte von der abgehauenen Hand (Hauff), Die Geschichte vom Gespenster schiff (Hauff), Robert der Teufel (Schwab), Der Wilddieb (Gerstäcker), Das sonderbare Duell (Gerstäcker) usw. Der Händler hat an diesen Heftchen allerdings wohl weniger Gewinn, als an den Kolportageschriften; aber er wird sich um der guten Sache willen dennoch zu einem Versuch bewegen lassen. ... Die Masse muß es auch hier bringen. Denn es darf nicht übersehen werden, daß in diesem Falle die Stellung der Eltern und der Schule zu dieser Art der Kinderlektüre sofort eine andere wird, daß diese Büchlein fortan nicht mehr ver stohlen gelesen zu werden brauchen, sondern daß häufig sogar die Eltern die Jugend anregen werden, ihre kleinen Spar pfennige dafür, statt für Leckerei und Naschwerk, auszugeben. So kann sich manches Kind unter den Augen der Eltern und Lehrer eine kleine, schmucke Bibliothek anlegen, und mancher Vater wird sich gern dazu verstehen, diese Heftchen seinem Sprößling zur Belohnung einbinden zu lassen. Es kommt hinzu, daß sich bei dieser Art des Betriebes sofort der anständige Buchhandel der Sache bemächtigen und dieses Gebiet des Schriftenvertriebs, das er bisher mit Recht gemieden hat, nicht mehr den Buchbindern, Winkel-Papierhandlungen, Zigarren- geschästen usw. konkurrenzlos überlassen wird. Und da er durch die Lieferung von Schulbedarf und gewöhnlich auch durch feine Lage an Verkehrsmittelpunkten mit der Bevölkerung in bessere Berührung kommt als die meisten dieser Winkelgeschäfte, so würde, selbst wenn diese ganz oder zum Teil versagen, der Vorteil, daß der anständige Buchhandel selbst den Kampf gegen die Ausartungen seines Gewerbes aufnimmt, nicht gering anzu schlagen sein. . . .« Es folgt eine Besprechung des der Broschüre am Schlüsse beigefügten Musterverzeichnisses guter, billiger Lektüre aus ins gesamt 24 Verlagen. »Den Vorzug erhielten bei unserer Auswahl solche Bücher und Ausgaben, die nicht nur lockende Titel aufweisen, sondern die Schundschriften auch in Äußerlichkeiten, z. B. bunten Um schlägen und starkem Papier, nachahmen. Der kluge Buch händler wird einige besonders gut gewählte Hefte stets bereit liegen haben, die er immer zuerst anbietet und die inhaltlich auch halten, was das Außere verspricht, also den jugendlichen Stoffhunger befriedigen. Die erziehliche Einwirkung darf er nicht überstürzen. Erst später, wenn der Leser sich an diese Büchlein gewöhnt hat, kann er hin und wieder auf besonders wertvolle Hefte, z. B. Lustspiele von Körner (Einführung in die dramatische Literatur) oder Dramen von Schiller Hinweisen.« Auf Erörterungen über den literarischen Wert der ausgesührten Bücher verzichtet der Verfasser ausdrücklich: »Bei volkserzieherischen Fragen ist das richtig, was zum Ziele führt.« — An Hand der bei Lesern der oberschlesischen Volksbüchereien gewonnenen Er fahrungen sucht er dann die Motive bloßzulegen, die einen großen Teil unseres Volkes mit magischer Gewalt zum Schund ziehen. Er findet, daß auch den einfachen Mann keineswegs das Minder wertige als solches lockt; vielmehr sucht auch er das Schöne (»geben Sie mir ein recht schönes Buch!«), aber er sucht es auf seine Art. Der stoffliche Reiz, die Spannung, der Reichtum an äußerem Erleben ist es, was ihn anzieht, und es ist darum Aufgabe einer weisen Erziehung, »diesen Trieb durch angemessene Pflege zu verfeinern und umzubilden, so daß der Leser aus äußeres Geschehen immer weniger Wert legt, den Stoff als etwas Nebensächliches zu betrachten und aus das innere Geschehen, das seelische Erlebnis und seine Darstellung zu achten beginnt«. Der Verfasser ist ein überzeugter Anhänger der Idee des »Emporlesens«, der wir bei Erörterungen über die Bibliothek August Scherl öfter begegnet sind. »Wenn alles im Leben der Entwickelung und Umbildung unterliegt, warum sollte dies nicht auch mit der künstlerischen Genußfähigkeit der Fall sein? Wir alle sind den Weg vom Minderwertigen zum Gehaltvollen gegangen, indem wir ursprünglich mit einem sicheren Instinkt für das Spannende und Handlungsreiche wahllos durcheinander gelesen und allmählich mit ebenso sicherem Instinkt für echte Kunst das allzu Wertlose unbeachtet gelassen haben«. Wir erfahren bei dieser Gelegenheit die interessante Tatsache, daß in den (gegen wärtig etwa 900) oberschlesischen Volksbüchereien der Gedanke des »Emporlesens« durchaus nichts Neues ist, daß er vielmehr sogar der Einteilung des im Jahre 1904 in erster Auflage er schienenen, jetzt in 3. Auflage vorliegenden Bücherverzeichnisses des Verbandes zugrunde liegt und daß der Verband in einer der letzten Nummern seiner Zeitschrift durch Veröffentlichung eines Beispiels des Leseverlaufs den Beweis für seine Richtigkeit aus der Erfahrung erbracht hat. Der Schluß der Broschüre geht wieder den Buchhandel im engeren Sinne an: »Und noch einen Weg gibt es, das riesenhafte Anschwellen der Kolportageromane einzuschränken: den Weg zu den Ver legern selbst. Mancher von ihnen wird gutem Zuspruch nicht unzugänglich sein, wenn man ihn ersucht, besonders giftige Er zeugnisse nicht mehr aufzulegen und dafür andere, harmlose in Ausstattung, Preis usw. zu bevorzugen. »Dabei wird es sich dann auch nicht umgehen lassen, den Begriff Schundliteratur und sein Verhältnis zu dem Begriff des Kolportagebuchhandels genauer zu bestimmen. Nicht alles, was der Hausierer bringt, ist Schund, und nicht aller literarische Schund wird durch den Hausierbuchhandel vertrieben; es gehört zur Schundliteratur manches, was unter sehr ehrbarer Flagge segelt, und es gehört dazu manches nicht, was Verleger von Schundlektüre herausgeben. Man kann die Schundlektüre unterscheiden in a) künstlerisch wertlose, sonst aber harmlose Bücher. Sie wirken nur geschmackverwirrend; der Kamps gegen sie wird also lediglich vom Standpunkte der Kunstpflege und Kunst erziehung geführt;
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