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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.02.1937
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- 1937-02-09
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- 09.02.1937
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Wann werden wieder Die Bedeutung des Hörspiels als selbständige Dichtungsform ist in den letzten Jahren dank der eisrigen Hörspielarbeit des deut schen Rundfunks noch erheblich gestiegen. Das zeigte sich besonders deutlich bei einer Umfrage, die der Deutschlandsender im vergangenen Herbst an seine Hörer richtete, in der er sie zur Stellungnahme zum Hörspiel aufsordertc. Die Mehrzahl der Hörer, die sich hier äußerten, bekannten sich zum Hörspiel, dem sie viele Anregungen und künstlerische Erlebnisse verdankten. Das zeigt sich etwa an zwei ganz typischen Äußerungen aus vielen ähnlichen. Da schreibt ein Monteur: »Für meine Frau und mich ist das Hörspiel stets etwas selten Schönes, gleich welches Thema von ihm berührt wurde, nur ganz selten haben wir eines versäumt«. Und sechs Hörer äußerten sich gemeinsam: »Bringen Sie noch mehr gute Hörspiele wie bisher. Sie werden damit nicht nur diesem neuen Zweig deut scher dramatischer Kunst Beistand leisten, sondern ebensosehr dem gesamten Deutschtum im In- und Auslande dienen«. Eine zweite Umfrage des Deutschlandscnders berührt den Kern der Dinge noch mehr. Kurz vor Weihnachten befragte nian die ain Hörspiel tätigen Dichter nach ihrer Stellung zu dieser neuen Knnstsorm. Und aus den vielfältigen ausführlich und zahlreich ein- gegangcnen Antworten ist ein geschlossenes Bekenntnis zum Hör spiel zu lesen. So, wenn Ludwig Tügcl schreibt: »Am Rund funk kann nur bestehen, wer von innen her etwas zu sagen hat und wer es sertigbringt, seine Gestalten auf diese innere Ebene zu stellen, auf der das leise gesprochene Wort die ungeheuerlichste Klangwirkung haben kann«. Richard Billinger hält dis Ausgabe des Hör spiels fest: »Es soll ein Hörspiel Kräfte bergen, die an die Seele des Hörers klopfen und dort cindringcn wollen. Alles Heroische — untendenziös gebracht — öffnet so die heimlichen Tore. Bor allem: Melodie muß das Hörspiel haben, ohne auch von Musikinstrumenten erzeugt zu sein, und was man vom Film sagt, daß er visionell und ewig schaubar sein muß, so vom Hörspiel: es muß der Äther mit tönen, der von früheren Poeten erträumte ,Sphärenklang' muß und kann heute wirklich gemacht werden«. Von zwei Seiten, von der des Hörers und der des Dichters, hat also das Hörspiel seine Anerkennung gesunden. Daß die Rund funkmänner an das Funkspiel glauben, steht außer Frage. Nur in der breiten Öffentlichkeit liegt um das Hörspiel noch ein gewisses Mißtrauen gebreitet, das unbestreitbar ist und dessen Ursachen in verschiedenen Punkten liegen. Äußerungen, wie sie jetzt von Hörern und Dichtern kommen, wären vor wenigen Jahren noch unmöglich gewesen, als das Hörspiel ein Tummelplatz von Literaten war, die hier die Stoffe verbreiteten, die sie bei Film und Bühne nicht unter brachten. Wenn gelegentlich in der üblichen Meinung der Begriff Hörspiel noch mit Sensation, überspitzter Psychologie, seelischer Ab seitigkeit verbunden wird, so geschieht damit dem Hörspiel Unrecht. Es ist heute durchaus Dichtung, die gleichberechtigt neben dem Roman, dem Gedicht und dem Drama steht und in der der national sozialistische Kulturwille einen besonders starken Ausdruck gefunden hat. Denn gerade die aus dem Erlebnis des Nationalsozialismus schassenden Künstler arbeiten am Hörspiel mit, die dichterische Sprache gewinnt aus ihm ein neues Gesicht, und auch die Sprecher des Rundfunks gehören zu den besten Künstlern, die es gibt. Gerade der Dichter aber vermag im Rundfunk gänzlich kompromißlos zu arbeiten, seine Leistung ist nicht von der Publikumswirkung beein flußt und erfährt nicht aus technischen Bindungen heraus Beein trächtigungen, wie sie zumindcstens beim Film unvermeidbar sind. Alle diese Verhältnisse, so wenig sie von denen bestritten werden, die sich je ernsthaft mit dem Hörspiel beschäftigt haben, konnten je doch noch nicht dazu führen, daß das Hörspiel als Dichtung die äußere Anerkennung gefunden hätte, die in der Veröffent lichung im Druck liegt. Die vor etwa zwei Jahren ausge stellte Liste von etwa achtzehn Hörspielen, die gedruckt erschienen waren, läßt sich jetzt kaum erweitern, obwohl in der Zwischenzeit eine Anzahl Werke von überdurchschnittlichem Wert gesendet wurden. Einzelne Zeitschriften (so etwa das »Innere Reich«) haben Hör spiele veröffentlicht. In Buchform erscheinen Hörspiele immer sel tener. Die Pressedienste der deutschen Roichsscnder, die regelmäßig einzelne Szenen aus bedeutenden Hörspielen enthalten, sorgen da- Hörspiele gedruckt? für, daß in Rundfunkzcitschristen oder den Rundsunkbeilagen der Zeitungen wenigstens Ausschnitte aus Hörspielen zu lesen sind. Aber damit ist für den Rundfunk als Dichtwerk noch nichts getan. Gerade die häufiger selbst in Buchform erschienenen für den Funk geschrie benen Kantaten von Herybert Menzel, Herbert Böhme und anderen ließen erkennen, wie stark auch beim Lesen der Eindruck einer Funk dichtung ist. Von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, geraten Hör spiele schnell in Vergessenheit, liegen als Manuskript unberührt und unbesehen im Hörspielarchiv der Reichsrundfunkgesellschaft und müßten für eine künftige Kulturgeschichte des Rundfunks erst müh sam ausgesucht werden. Eine Reihe von Hörspielen sind wenigstens in Schallplattenaufnahmen vorhanden, aber auch sie werden der rein dichterischen Würdigung des Hörspiels nicht gerecht. Es ist be zeichnenderweise ein deutsches Hörspiel, Ernst Johannsens »Brigade- Vermittlung«, das in England als wohl einziges Werk feiner Gat tung auf Schallplatten ausgenommen im Handel ist. Das ist im Grunde ein betrüblicher Querschnitt. Man mag es allenfalls verschmerzen, wenn in den Werken der aus den Gebieten von Drama, Lyrik oder Roman hervorgetretenen und anerkannten Dichter das eine oder andere Hörspiel fehlt, weil es nicht gedruckt ist, denn die Zeugnisse dieser Dichter find zahlreich genug vorhanden. Freilich ist auch hier nicht zu bestreiten, daß in das Gesamtbild vom Schaffen Hans Nehbergs, Richard Billingcrs, E. W. Möllers oder H. I. Nierentz' auch ihre Funkwerke gehören. Aber viel schlimmer ist doch die Lage für die Dichter, die ausschließlich oder überwiegend für den Funk schreiben. Sie erleben nicht nur ständig eine Geringschätzung des sunkdichterischcn Schaffens, sondern ihre Werke haben auch keine Dauer, well sie nicht im Druck erschienen sind. Es ist leicht gesagt, daß die große dichterische Leistung dennoch im Gedächtnis der Hörer dankbar fortlcbt, aber die Zeit einer solchen Rückcrinnerung beträgt allenfalls einige Jahre, weil die ständige Auffrischung des Erlebnisses, wie sie beim Gedicht, beim Roman, beim Bühnenstück möglich ist, fehlt. Es steht außer Frage, daß die Funkwerke von Dichtern wie Ottoheinz Jahn (man denke an seinen »Flug zum Niederwald«), Alfred Prügel, Günther Eich (mit der »Weizenkantate«), Peter Hüchel, Quirin Engasser, um nur einige der bekanntesten zu nennen, die vorwiegend für den Funk arbeiten, an Wert den epischen, lyrischen und dramatischen Schöpfungen anderer Dichter in nichts nachstehcn. Aber während jeder durch schnittliche Unterhaltungsroman als Buch festgehalten ist, gerät die Dichtung der für den Funk Schreibenden in eine unverdiente Ver gessenheit. Künftige Literaturgeschichten werden diese Werke nicht einbeziehen, und ihre Dichter werden auch heute in der Öffentlichkeit kaum beachtet. Man hat diese Verhältnisse damit zu begründen versucht, daß das Hörspiel gelesen nicht den Eindruck vermittle, der mit ihm be absichtigt sei. Das ist insofern richtig, als die Wirkungsform des Hörspiels eben der Rundfunk ist, daß cs aus der Sprechgcstaltung, aus der verbindenden und untermalenden Musik und nicht zuletzt aus der Einbeziehung geeigneter Geräusche wesentliche Züge erhält. Diese Dinge kann der Leser des Hörspiels in feiner Vorstellungs kraft nur unvollständig ergänzen. Aber im Gegensatz zum Film liegt eben doch die Dichtung fest, die den Hauptbestandteil des Hörspiels bildet. Stärker noch als das Drama, das fein eigentliches Leben erst auf der Bühne gewinnt, hat das Hörspiel schon im d i ch t e r i s ch en Text feinen Ausdruck gefunden. Das Drehbuch des Films, das man sogar in einem Fall jetzt auch gedruckt und in den Buchhandel gebracht hat, gibt nur Anhaltspunkte für die in Worten oft nur unvollständig ausdrückbare bildliche Gestaltung des Films — das Hörfpiclmanuskript aber läßt den Kern des Werkes schon deutlich her- vortretcn, und da sein Hauptbestandteil die dichterische Sprache ist, läßt es auch den Leser durchaus einen eigenen Eindruck gewinnen. Hierin liegen also keinerlei Hindernisse für die Drucklegung eines Hörspiels. Es ist aber natürlich gar nicht zu verkennen, daß die Herausgabe von 'Hörspielen für die Verlage kein leichtes Unter nehmen ist, da es gilt, ein lange vorhandenes Vorurteil zu über winden. Bisher ist jedenfalls noch kein Hörspiel ein großer Verlags- crfolg geworden. Aber es kommt natürlich auf den Rahmen an, in dem eine solche Veröffentlichung erfolgt. Wenn die Stimmen häufig lk8 Nr. .13 Dienstag, den 9. Februar 1937
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