Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.10.1935
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- 1935-10-03
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X- 230, 3. Oktober 1SS5. Redaktioneller Teil Börsenblatt f. d. Dtschn Buchhandel. Max Halbe / Zu seinem 70. Geburtstag am 4. Oktober Von Erwin Ä. Rainalter Max Halbe, der westpreußijche Dichter, dessen an seinem sieb zigsten Geburtstag mit Achtung gedacht werden soll, verkörpert in seinem Leben und seinem Schassen einen wichtigen Abschnitt aus der jüngsten Geschichte des deutschen Schrifttums. Die Akten über den Naturalismus und Realismus, über Stürme, die vor der Jahrhundertwende die Kunst Europas auswühlten, sind abge schlossen; der rückschauende Blick erkennt deutlich genug, was damals an all den vielen Programmen, die man ausstellte, an all den neuen Theorien, die man glühend verfocht, wertvoll und zu kunststrächtig war und was daran notwendig wieder untergehen mußte. Nicht geleugnet kann werden, daß die Entdeckung des Vol kes, vor allem des Arbeiters und des Bauern, für die Literatur von tiefster Bedeutung war. Daß man den neuen Lebensraum vieler Menschen, die Großstadt, in den Kreis der Betrachtung rückte, war gleichfalls ein Schritt nach vorwärts. Die Gefahr indes lag darin, daß man jede neue Erkenntnis in den Dienst eines Rationalismus stellte, wie er in solcher Schrosshcit und Unduldsamkeit dem deutschen Wesen keineswegs entsprechen konnte. Der Rückschlag mußte somit notwendig kommen, und daraus, daß Max Halbe als einer der ersten es wieder wagte, sich zum Gemüt, zur Innerlichkeit zu bekennen, zu all dem Unwägbaren, was dem Leben über die Funktionen der Selbsterhaltung hinaus Austrieb und Sinn gibt, beruht seine eigentliche Bedeutung. Er sah in seiner »Jugend« die Landschaft nicht mehr schlechthin als »Milieu« im Sinne der französischen Programmatiker, sondern als den Ur grund des Seins, aus dem dem Menschen Kraft, Stimmung, Liebe zusließt. Naturalist in der Betrachtung, war er doch ewiger deut scher Romantiker des Gefühls. Diese Zweiheil, die, als er auftrat, neu und neuartig war, verschaffte ihm seinen ungeheuren Erfolg, und sie steckt seine Geltung auch für die Zukunft ab. Vor mehr als vierzig Jahren wurde am Berliner Rcsidenz- theater zum erstenmal das Drama gespielt, das den schlichten Titel »Jugend« trug. Max Halbe war selbst noch sehr jung, er zählte erst achtundzwanzig Jahre. Dennoch hatte er schon des öfteren seine Visitenkarte abgegeben, und im Kreise der Stürmer und Dränger, die das geistige Antlitz der Zeit neu bestimmten, spielte er eine gewisse Rolle. Ersolge freilich waren ihm bislang versagt geblieben, und auch von dieser neuen Dichtung, von der »Jugend-, versprach man sich nicht allzuviel, was schon daraus hervorgeht, daß man die Uraufführung im Rahmen einer Mor genveranstaltung abhielt. Aber man hatte sich diesmal verrechnet: das Stück schlug ein, es riß das Publikum hin. Daß cs arge Fehler enthielt, lag klar zu Tage: seine Handlung erfuhr unnötige Komplikationen, und die Lösung wurde durch einen cksus ex maeluna, durch einen Kretin, der blindlings einen Schuß abgab, bewirkt. Trotzdem war der Sieg des jungen Dichters, wie gesagt, nicht nur begreiflich, er war auch in einem hohen Maße erfreulich. Denn nachdem die deutsche Dichtung ganz in der Sackgasse eines Programms verrannt gewesen, hatte hier wieder einer den Mut, elementar zu sein, seinem Herzen und seinem Blute zu folgen. Deutsches Land wurde gezeichnet, junge, liebende, irrende Men schen waren in dieses Land gestellt, Volkslieder klangen auf, eine Stimmung lag über jedem Wort, die süß und schmerzlich zugleich war. Mit allen Fehlern, die diesem frühen Werk anhafteten, gab uns der Dichter ein Stück Natur, und damit bezauberte er das Volk so sehr. Er war, gleich den meisten jungen Dichtern, die damals von Berlin aus die deutsche Dichtung revolutionierten, kein Ber liner. Er kam aus Westpreußen, in der Nähe von Danzig war er geboren. Und dieser Heimat blieb er treu. Mochte Berlin sein Wohnsitz während der Zeit des Reifens sein oder mochte er sich späterhin dauernd in München ansiedeln — als Schaffender kehrte er immer wieder ins Kinderland zurück, aus ihm holte er die Kraft, die seine besten und vollwertigsten Schöpfungen formte. Mit den Ebenen, durch die die Weichsel strömt, fühlte er sich zutiefst verbunden, der mächtige Fluß wetterte in das stärkste Drama hinein, das er nach der »Jugend« zu schreiben vermochte, und als Epiker hat er nie Höheres geleistet als in »Frau Meseck« und in der »Tat des Dietrich Stobäus-, Werken, die westpreußische Menschen gestalteten. Das Verhängnis in Halbes Entwicklungsgang war, daß die Reaktion, die auf den Naturalismus folgte, sein Werk spaltete. Sein Ziel lag nicht klar vor ihm: er kam aus dem Naturalismus her, versuchte ihn schon in der »Jugend« zu überwinden und verfiel ihm späterhin bisweilen wieder. In dem Bestreben, sich von ihm, der jede künstlerische Persönlichkeit qualvoll einengcn mußte, vollends zu lösen, gab er sich schließlich einer krausen und überhitzten Romantik hin, die aber seiner geraden, von der heimatlichen Landschaft bestimmten Wesensart sehr wenig ent sprach. Er schrieb die Unzahl jener Dramen, die in einem ge heimnisvollen Ehedem spielen und sich in ein mystisches Halb dunkel flüchten. Die großen Ersolge, die ihm seine Anfänge ge bracht, wurden damit verdrängt und geradezu verneint, der Nimmermüde erlebte Enttäuschung um Enttäuschung. Er aber ging den Weg, den er sich vorgeschrieben hatte, unbeirrt weiter, mehr und mehr in eine Einsamkeit geratend, in der ihn kann, mehr Ruf und Zuspruch des Volkes erreichten. Aber diese Ein samkeit lähmte seine schöpferischen Kräste nicht, und die Ent täuschungen weckten keine Verbitterung in ihm: seine Produktion riß nicht ab, er ließ den Dramen Romane folgen, er stellte seine Dichtungen als Meilensteine aus. Dennoch blieben unserem Bewußtsein aus dieser verwirren den Vielfalt am schönsten, am klarsten die Werke seiner frühen Jahre gegenwärtig: neben der »Jugend« die düstere Tragödie »Der Strom«, das Schauspiel »Haus Rosenhagen« und jenes Drama, das mit seinem Titel alles umschreibt, was in Halbe kostbar und stark ist: »Mutter Erde». Dieser Mutter Erde verfiel er um so mehr, je weiter und länger er sich von ihr entfernte. In München, wo er ganz in den Kreisen des dortigen Literaten tums ausging, wo ihn eine Gastfreundschaft mit Wcdekind ver band, blieb er der Westpreuße, der in den besten Stunden der Besinnung in die Heimat zurückkehrte, um aus ihr Vollbringen und Gelingen zu holen. Sie strömte ihre Süße und ihre Herb heit in seine Gestalten, und sie gab ihm die große Melodie der Sehnsucht und der Wehmut, die er seit seiner »Jugend« immer wieder variiert, seit diesem Drama von Liebe und Schuld, das einen zärtlichen Volksliedklang in uns zurückläßt: »Lang, lang ists her .. .« Deutsche Buchhändler-Lehranstalt Die Volksdeutsche Gedenkstunde am lii. September gestaltete sich zu einem besonderen Gemeinschastscrlebnis, begründet ans Gcnicin- schafts l e i st n n g. Alle Kachkurse und Klassen wirkten selbst mit, vor allem durch Sprechchor und Lied, und der Leiter der Gedenk stunde, Vv. Ludwig, von der Jugendbewegung her seit Jahrzehnten mit der Volkstnmsarbelt vertrant, hatte nicht nur Gegebenes cin- studiert, sondern Neues geschaffen. Unter diesem ragte besonders hervor: »Weiht Du —?«, ein Sprechchor, der ebenso knapp wie wuchtig dis Not unserer Grenz- und Auslanddeutschen ins Bewusst sein rief, und der Sprechchor »Deutschland«, der das Gelöbnis an Deutschland zun, Ausdruck brachte, auszuhalten und mitzutragen an seiner Not. Den Mittelpunkt der Feier bildete eine Ansprache des Studiendirektors Or. Uhlig, in der er mit wenigen Worten Adolf Hitlers neue Lehre vom Volke darstelite, zu der dann vr. Ludwig aus eigenem Erleben in fast allen grenzianddeutschen Volksgruppen aufrlittelnde Beispiele gab. Hauptschriftleitcr: vr. Hellmuth Langciibuchcr. — Stellvertreter des Hanptschristleiters: Franz Wagner. — Verantw. Anzcigcnlciter: Walter Hcrfurth, Leipzig. Verlag, Der Bltrienvereln der Deutsche» Buchhändler zu Leipzig. — Slnschrlst der Schristleiinng u. Expedition: Leipzig 0 I, Gerichtsweg R, Postschliest- sach Spt/IS. — Druck: Ernst Hedrich Nächst. Leipzig o I, Hospilalstrahe >>»-n>. — D»t utso/IX. Davon «Mt d. mit Angedotene und Gesuchte Bücher. Jur Zeit ist Preisliste Nr. S gültig! 824
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