6. Lepternber erscheint 8 DerLampmschirm aus den drei Taschentüchern Eine Erzählung von gestern Kartoniert 4.80 RM, in Leinen 5.80 RM Max KommerellS Prosawerk ist «ine Zeitsatire. Darin wird „von gestern" erzählt, genauer bestimmt: von 1921. Für die Satire ist nicht die Karikatur benutzt, also nicht eine Ver zeichnung im Äußeren der Personen und Verhältnisse, sondern der Humor, eine äußerst geistvolle Durchleuchtung exemplarischer und sehr differenzierter Menschen von damals. Die Kritik des Autors an ihnen wird in keinem Wort ausgesprochen, vielmehr nimmt sich der Autor jedes dieser Menschen mit der Neugier, der Behutsamkeit und der Liebe an, die erst Gerechtigkeit ergeben. Sein Abstand kommt allein zum Ausdruck in der Wirkung der Per sonen und Vorgänge auf den Leser, diese sind für den Leser alle interessant, aber in ver schiedenen Graden angenehm und unangenehm gemacht. Die Menschen der Erzählung sind ohne Ausnahme keine idealen, sondern sie leiden alle an ganz auffälligen Mängeln, jeder für sich, und sie haben außerdem untereinander einen Grund»,angcl als Familienäbnlichkeit: ein unsicheres Verhältnis zum Leben. Das Verhältnis des Verfassers zu den Figuren der Erzählung ist grundsätzlich wissende Überlegenheit. Das Entscheidende in der Erzählung ist ein Vorgang, in den alle Figuren, selbst wider Willen, hineingezogen werden. In einer Abendgesellschaft werden alle genötigt, Träume von sich zu erzählen. Das wird bedeutsam durch die Anwesenheit eines Inders und das Dazukommen eines modernen Psychologen, einer wilden, aufrichtigen zerrissenen europäischen Größe. Durch die Traumerzählungen und durch die Deutungsgewalt des Professors werden die Anwesenden mit sich selber bekannt und untereinander verknüpft. Die Entdeckungen dieser Nacht sind ein sehr zweifelhaftes Geschenk, und man ahnt, daß in der Folge Dinge geschehen, die nicht geschehen durften. Solche kommen in einem Schlußteil der Erzählung zur Darstellung, sowie man in einem ersten Teil genauestens und in Details mit den einzelnen Personen der Abend gesellschaft und ihrer Lage bekannt wurde. Mit großer Kühnheit und Intensität ist in der Überbewußlheit der Situation der Mangel der einzelnen Menschen an Person, ihre Hilflosigkeit und der völlige Mangel an seelischer Scham gekennzeichnet. Und am Ende ist offenbar, daß alle, die im Leben Einfluß nehmen, Lehrer, Erzieher, Wahrheitssucher und Seelenlenker, ins Leben verstrickte Mitschuldige sind. T 8. -)^M>- Nr. LOS Mittwoch, öen 4. September 1N40 »SS7