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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.01.1893
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- 1893-01-23
- Erscheinungsdatum
- 23.01.1893
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- Deutsch
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aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Gründe. Aus Befehl Ihrer Majestät der Kaiserin haben die Nebenkläger S. und K. ein photographisches Bild der Kaiserlichen Familie nach der Natur ausgenommen. Von der Kaiserlichen Bestellerin ist ihnen das ausschließ liche Recht der Vervielfältigung und Verbreitung des Bildes übertragen worden. Sie haben auch Kopieen in den Handel gebracht und die ein zelnen Exemplare mit den im § 5 des Gesetzes vom 10. Januar 1876 (Reichs-Gesetzblatt Seite 8) vorgeschriebenen Vermerken versehen. Eines dieser Exemplare übergab der Angeklagte I. im November 1890 dem Angeklagten L. mit dem Aufträge, für ihn zwecks photographischer Ver vielfältigung ein Gruppenbild der Kaiserlichen Familie unter Zugrunde legung der S.-K.'schen Photographie in Pastell herzustellen. Einzelne Abweichungen schrieb der Besteller dem Künstler vor, von denen der erste Richter annimmt, daß sie nicht geeignet gewesen seien, dem bestellten Werke den Charakter der Nachbildung zu entziehen, zumal sie ohne An wendung besonderer Aufmerksamkeit und Prüfung nicht bemerkt oder entdeckt werden könnten. L. hat den Auftrag des Mitangeklagten aus- gesührt, diesem sein Pastellbild für 200 ^ verkauft und ihm das Recht der alleinigen Vervielfältigung übertragen. I. hat darauf durch den Photo graphen B. das Pastellbild auf photographischem Wege vervielfältigen lassen und eine größere Zahl von Abbildungen in den Verkehr gebracht. Auf Grund dieses für erwiesen erachteten Sachverhalts hat die Strafkammer gegen den Angeklagten I. wegen Vergehens gegen das Gesetz vom 10. Januar 1876 und gegen den Angeklagten L. wegen Bei hilfe zu diesem Vergehen auf Strafe erkannt. In der Hauptverhandlung hatten die Angeklagten behauptet, daß das Pastellbild des L. nicht auf mechanischem Wege (etwa durch Uebermalen einer vergrößerten S.-K.'schen Photographie), sondern durch Zeichnung entstanden sei. Dies sollte durch eine chemische Untersuchung des Pastell bildes, das zu diesem Zwecke der Zerstörung preisgegeben wurde, nachge wiesen werden. Die Strafkammer hat den Beweisantrag abgelehnt, weil die unter Beweis gestellte Thatsache den erbrachten Beweisen gegenüber nicht geeignet sei, einen Einfluß auf die Beweiswürdigung auszuüben. Bei ihrem Beweisantrage gingen die Angeklagten von der Ansicht aus, daß/sjede durch freie Handzeichnung hergestellte Nachbildung als ein Werk der zeichnenden Kunst (8 8 des Gesetzes vom 10. Januar 1876) anzusehen sei. Der erste Richter teilt diese — wie die weitere Dar legung ergeben wird, nicht richtige — Ansicht, erachtet jedoch die An wendung des Z 8 des Gesetzes vom 10. Januar 1876 durch die beson dere Lage des Falles für ausgeschlossen. Die dafür gegebenen Gründe sind nicht haltbar. Verboten ist im ß 3 des Gesetzes vom 10. Januar 1876 nur die mechanische Nachbildung eines photographischen Werkes, wenn sie in Verbreitungsabsicht ohne Genehmigung des Berechtigten hergestellt wird. Im tz 1 ist der Photographie nur gegen die Nachbildung auf mechanischem Wege Schutz gewährt. Erlaubt ist also jede aus nicht mechanischem Wege stattfindende Nachbildung eines photographischen Werkes, insbesondere die durch ein Werk der malenden, zeichnenden oder plastischen Kunst, ohne Unterschied, ob sie mit oder ohne Verbrei tungsabsicht vorgenommen wird. Das wird in 8 8 bestätigt und aus der Gestattung der nichtmechanischen Nachbildung die Folgerung gezogen, daß der, welcher eine von einem Anderen verfertigte photographische Auf nahme durch ein Werk der malenden, zeichnenden oder plastischen Kunst nachbildet, in Beziehung auf das von ihm hervorgebrachte Werk das Recht eines Urhebers nach Maßgabe des ß 7 des Gesetzes vom 9. Januar 1876 (Reichs-Gesetzblatt Seite 4) genießt. Ist also das L.'sche Pastell bild als ein Werk der malenden oder zeichnenden Kunst anzusehen, was noch zu prüfen bleibt, so war diese Nachbildung eine befugte; in Be ziehung auf dieselbe hatten L. und demnächst I., als sein Rechtsnach folger, das Vervielfältigungsrecht, und der Gebrauch dieses Rechts ent hält nicht einen widerrechtlichen Eingriff in das Urheberrecht der Nebenkläger. Daß eine derartige, aus dem Wortlaut des Gesetzes sich ergebende Folgerung vom Gesetzgeber wirklich gewollt ist, läßt sich aus den Mate rialien des Gesetzes Nachweisen. In den Motiven des 1875 dem Reichstag vorgelegten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutze der Photographien u. s. w. (Drucksachen des Reichstages 18?5/76 Band 1 No. 24) wird zu tz 1 ausgeführt, daß den Photographien in Deutschland, Bayern ausgenommen, ein ge setzlicher Schutz gegen Nachbildung noch nicht gewährt sei, daß sie unter die Werke der bildenden Kunst nicht eingereiht werden können, daß es sich aber aus praktischen Gründen empfehle, ihnen einen den Erzeugnissen der bildenden Künste analogen, aber geringeren Schutz gegen Nachbildung zu gewähren. Zu ߧ 3, 4 des Entwurfs besagen die Motive dann wörtlich: Die photographische Aufnahme soll gegen jede mechanische Nachbildung geschützt werden, gleichviel ob die Nachbildung wiederum durch Photo graphie oder ein anderes mechanisches Verfahren hergestellt wird. Da gegen findet ein Schutz der Photographie gegen solche Nachbildungen, welche auf nicht mechanische Weise, namentlich mittels der malenden oder zeichnenden Kunst, angesertigt sind, nicht statt. Es kann allerdings nicht geleugnet werden, daß auch der Holzschnitt, die Lithographie, der , Kupfer- oder Stahlstich unter Umständen zu geringerem Preise herge stellt werden können, als die Photographie, und daß dieselben also in das Absatzgebiet der photographischen Aufnahme beeinträchtigend ^Angreifer: können. Allein vorwiegend wird der Photograph nur da durch geschädigt, daß ein Werk wiederum durch Photographie oder ein sonstiges mechanisches Verfahren reproduziert wird, und es erschien daher vorzuziehen, die auf nicht mechanischem Wege hergestellte Nach bildung der Photographie zu gestatten. Bei der ersten Beratung im Reichstag (Stenographische Berichte 1875/76 Band 1 Seite 98) führte der Bundeskommissar aus: daß, wenn auch die Photographie kein Kunstwerk sei, sie doch den An spruch und das Recht habe, daß sie auch ihrerseits geschützt werde gegen unbefugte, rein mechanische Vervielfältigungen. Die vom Reichstag mit der Beratung des Entwurfs betraute Kom mission ging nach dem erstatteten Bericht iDrucksachen des Reichstags 1875/76 Band 1 Nr. 76) ebenfalls von der Ansicht aus: daß der Photographie der Charakter eines Kunstverfahrens nicht bei- gelegt werden könne. Ein Antrag, der Photographie auch gegen nichtmechanische Nach bildung Schutz zu gewähren, wurde abgelehnt, und zwar (nach dem Bericht zu ß 1) aus folgenden Gründen: Für die Aenderung wurde geltend gemacht, daß es bereits ge lungen sei, Photographieen aus Stein und Holz zu übertragen, die sich kaum von Lithographie«: und Holzschnitten unterscheiden ließen. In dem ersten Entwürfe von 1870 hätten sich auch die Worte -aus mechanischem Wege» noch nicht gefunden. Die große Mehrheit der Kommission hielt den Antrag für viel zu weitgehend. Ein Bild, welches selbst Produkt eines mechanischen Prozesses sei, dürfe nur^gegen die Kopie mittels mechanischer Prozesse geschützt werden. In keiner Weise dürfe man hindern, daß wirkliche Künstler, z. B. der Kupferstecher oder Holzschneider, das mechanische Bild benutzen, um mit seiner Hilfe ein Kunstwerk zu schaffen. Seitens des Regierungskommissars wurde hervor gehoben, daß die Photographen selbst. .. ursprünglich nicht mehr ver langt hätten . . . Das angeführte Beispiel von dem Abklatsch photogra phischer Bilder auf Holz Passe nicht, da eine solche Nachbildung als mechanisches Verfahren verboten sei. Die Regierungsvorlage enthielt in § 4 eine Bestimmung dahin: Die Einzelkopie eines photographischen Werkes, welche ohne die Ab sicht der Verwertung angefertigt wird, ist als eine verbotene Nach bildung nicht anzusehen. Diese Bestimmung wurde von der Kommission beseitigt, und zwar mit der Begründung: da eine Handkopie selbstverständlich von einem Gesetze nicht betroffen werden kann, welches nur die mechanische Nachbildung verbietet. Zu Z 8 bemerkt der Kommissionsbericht: daß der Kupferstecher, der ein Oelgemälde nachbilden will, dieses Recht sich von dem Maler erwerben muß, während er die Photographie ohne Erlaubnis nachbilden darf, vorausgesetzt, daß die Photographie selbst nicht Abbild eines geschützten Gemäldes ist. Hieran ist folgende Ausführung geknüpft: Seitens der Photographen ist die Besorgnis ausgesprochen, daß durch diesen Paragraphen auch solchen Verfahrungsweisen ein Freibrief erteilt werde, welche in ihrer Grundlage aus einem mechanischen Prozesse be ruhen, diese Grundlage aber durch einzelne zeichnerische Zuthaten, durch Retouchen und dergl. zu verdecken suchen. Die Kommission hielt jene Furcht für unbegründet. Die Sicherung gegen solche nur scheinbar künst lerische, thatsächlich aber mechanische Nachbildungen liege allein in dem verständigen Urteil des Richters, der in zweifelhaften Fällen die Sachver ständigen zur Prüfung herbeiziehen werde. Daß durch bloße Veränderung der Dimensionen oder durch Nachziehung der Linien des mechanisch reproduzierten Bildes oder Zuthaten durch Retouche u. s. w. die Ab bildung nicht zu einem Werke der zeichnenden oder malenden Kunst im Sinne des 8 8 umgeschaffen werde, verstehe sich von selbst. Bei der zweiten Beratung des Entwurfs im Reichstag wurden die Anträge gestellt, im 8 1 die Worte -auf mechanischem Wege- zu streichen und in 8 8 hinter -Aufnahme- hinzuzusetzen: auf rechtmäßige Weise. Der Berichterstatter der Kommission und der Kommissarius des Bundesrates hielten aber fest an dem Prinzip des Entwurfs, der Photographie, als einem mechanischen Verfahren, jeden Schutz gegen irgend ein Kunstverfahren zu versagen. Die Abänderungsanträge wurden schließlich als aussichtslos zurückgezogen (Stenographische Berichte 1875/76 Band 1 Seite 603, 604). Me dritte Lesung verlief ohne De batte (Seite 743 daselbst). Aus den mitgeteiltcn Vorgängen ergiebt sich, daß die gesetzgebenden Faktoren darüber einig gewesen sind, daß die Photographie gegen die künstlerische Nachbildung vollständig schutzlos zu lassen sei. Es ist dabei nicht unbeachtet geblieben, daß sich an eine künstlerische Reproduktions- thätigkeit eine massenhafte Herstellung von Einzelkopieen auf mechanischem Wege anschließen kann. Es ist nicht verkannt worden, daß nach dem Prinzip des Gesetzes der künstlerischen Reproduktion die Möglichkeit ge geben ist, mit Erfolg in das Absatzgebiet der photographischen Produktion einzugreifen und dem Photographen die Frucht seiner Arbeit, welche unter Umständen kostspielige Vorarbeiten erfordert, zu schmälern oder gar zu
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