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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.01.1893
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- 1893-01-23
- Erscheinungsdatum
- 23.01.1893
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18, 23. Januar 1893. Nichtamtlicher Teil. 489 entziehen. Dessen ungeachtet ist das Prinzip bis zu den äußersten Kon sequenzen hin folgerichtig durchgesührt. Der erste Richter findet in dem Verhalten der Angeklagten eine un befugte Nachbildung des photographischen Werkes der Nebenkläger. Die Begründung dieser Ansicht ist indes nicht frei von Rechtsirrtum. Die Begründung geht von dem Rechtssatz aus, daß die Nachbildung der Nachbildung gleichwie der Nachdruck des Nachdrucks! als Nachbildung des Originalwerkes zu betrachten und rechtlich zu behandeln sei. Dieser Rechtssatz ist in Z 5 Nr. 2 des Gesetzes vom 9. Januar 1876 ausgesprochen Er erstreckt sich auch auf den Bereich des Gesetzes vom 10 Januar 1876; denn unter Na bbildung ist begrifflich jede im wesent lichen identische Wiedergabe eines Werkes zu verstehen, und auch letzteres Gesetz enthält keine Einschränkung des Begriffes. Allein es macht in 8 8 für die künstlerische Reproduktion eine Ausnahme von jenem Rechtssatze. Das erkennt auch der erste Richter an. Er erachtet es auch für un bedenklich, daß aus dem in H 8 des Gesetzes vom 10 Januar 1876 vor gesehenen Wege ein Urheberrecht mit den Wirkungen des Gesetzes vom 9. Januar 1876 entstehen könne. Er schließt aber die Anwendung des 8 8 des Gesetzes vom 10. Januar 1870 für den vorliegenden Fall des halb aus, weil dem Angeklagten L. zur Zeit der That der Gedanke durchaus fern ge legen hat, durch seine Nachbildung der S.-K'schen photographischen Aufnahme ein (selbständiges! Werk der -zeichnenden Kunst- im Sinne des 8 8 zu schaffen, er vielmehr durch Herstellung und Verkauf des Pastellbildcs einzig und allein und bewußter Weise seinem Besteller I einen Weg eröffnen wollte, auf welchem diesem die (verbotenes Nach bildung der S.-K.'schen photographischen Aufnahme ungefährdet er möglicht wurde Der Richter schließt also die Selbständigkeit des Bildes wegen einer ihm gegebenen Zweckbestimmung aus. Denn wenn man die wiedergegebene Ausführung nicht für offenbar unschlüssig erachten will, muß man sie dahin auslegen: das L.'sche Bild ist, weil es lediglich zum Zwecke photographischer Vervielfältigung bestellt und hergestellt worden ist, kein selbständiges Bild und mithin kein Werk der zeich nenden Kunst. Dieser Schluß beruht auf rechtsirrtümlicher Auf fassung. Zuzugeben ist, daß im Sinne des Gesetzes vom 9. Januar 1876 nur solche Werke als Werke der bildenden Kunst angesehen werden können, welche nach ihrem Hauptzwecke der ästhetischen Darstellung dienen (vergl. Z 43 des Gesetzes vom 11. Juni 1870). Damit wird aber ein objektives Kriterium ausgestellt. Der bezeichnete Zweck muß aus dem Werke zu erkennen sein. Entspricht eine Darstellung objektiv den Er fordernissen eines Werkes der bildenden Kunst, so verliert sie diese Eigen schaft nicht durch die Art ihrer Benutzung. Es kann in dieser Hinsicht auch keinen Unterschied begründen, daß bei der Bestellung oder Herstellung des Werkes ausschließlich das Ziel verfolgt wird, die künstlerische Thätig- keit einem der Kunst fremden Zwecke dienstbar zu machen Die sinnliche Darstellung des Schönen ist in einem solchen Falle immer der unmittel bare, dem Werke sein Gepräge gebende Zweck und dieser allein ist für die Anwendung des Gesetzes vom 9. Januar 1876 von Bedeutung l vergl. Entscheidungen des Reichsgerichts in Civilsachen Band 23 Seite 116». Vollends unerheblich für den Begriff eines Werkes der bildenden Kunst erscheint es, ob und in welcher Weise der Verfertiger oder Besteller des Werkes das Urheberrecht zu verwerten gedenkt. Andernfalls wäre der nicht nur für den Fall des 8 8 des Gesetzes vom 10. Januar 1876 richtige, sondern auch das Gesetz vom 9. desselben Monats beherrschende Begriff von subjektiven, der Wahrnehmung selbst des Kunstkenners sich entziehen den Voraussetzungen, unter Umständen selbst von Laune und Willkür des Verfertigers oder Eigners abhängig, und es wäre somit dem arti stischen Verkehr jede Sicherheit entzogen. Das angesochtene Urteil verquickt mit der eben widerlegten Schluß folgerung den Gedanken einer fraudulösen Umgehung des Gesetzes Es spricht von der Absicht des L., dem I., einen Weg zu eröffnen, aus welchem die verbotene Nachbildung ermöglicht werden sollte. An einer anderen Stelle wird gesagt, das L.'sche Werk habe als Mittelglied zwischen dem S.-K.'schen Werke und den Reproduktionen des I. gedient. Au einer späteren Stelle, welche weiterhin in Betracht gezogen werden wird, spricht das Urteil, allerdings i" abstracto, von einem -breiten und bequemen Wege zur Umgehung des Gesetzes«. Allein eine sraudulöse Umgehung des Gesetzes erhellt aus dem festgestellten Sachverhalte nicht. Eine solche ist möglich, wenn ein Gesetz, um einen materiellen «gewöhnlich wirtschaftlichen» Zweck zu erreichen, gewisse materielle Resultate ausgeschlossen sehen will, sein Verbot aber nur gegen die Form richtet, mittels welcher die materiellen Resul tate regelmäßig erzielt werden. In solchen Fällen soll der Richter nicht bei dem Buchstaben des Verbots stehen bleiben, sondern er soll das Gesetz seinem geistigen Inhalte nach anwenden, d. h. er soll auch denjenigen Handlungen, welche in anderer Form dieselben Resultate erzielen, ent- gegeutrelen. Immer handelt es sich in derartigen Ausnahmesällen um eine extensive Gesetzesauslegung Es bedarf hier keines Eingehens auf die Be denken, die einer solchen im Gebiete des Strafrechts cnlgegenstehen; denn im vorliegenden Falle haben die Angeklagten, falls das L.'sche Bild ein Werk der malenden oder zeichnenden Kunst ist, einen Weg eingeschlagen, den das Gesetz (in ß 8) ausdrücklich vorsieht und, obgleich er dahin sührt, im wirt- Sechzigst» Jahrgang. schaftlichen Ergebnisse das regelmäßige Verbot ldes 8 3) teilweise un wirksam zu machen, ans den dargelegten Gründen nicht hat verschließen wollen. Am Schluffe seiner Ausführungen verwertet der erste Richter noch folgendes Argument: Wollte man trotz der Genesis des Pastellbildes den auf tz 8 a. a. O. gestützten Einwand des Angeklagten, daß diese Nachbtldung, weil durch die zeichnende Kunst hervorgebracht, ein in jedem Falle schutzberechtigtes selbständiges Werk sei, als berechtigt zulassen, so würde dadurch der Umgehung des Gesetzes ein so breiter und bequemer Weg geöffnet werden, daß von einem wirksamen Schutze der Photographie gegen un befugte Nachbildung kaum noch ernstlich die Rede sein könnte. Es bedarf keiner Aussllhrung, daß ein derartiges Argument einem klar erkennbaren Gesetzeswillen gegenüber nicht durchzugreifen vermag. Der erstrich:e.lichen Erwägung liegt aber auch eine irrige Auffassung des Gesetzes vom 10 Januar 1876 zu Grunde. Das Gesetz handelt zunächst 1) von der mechanischen Nachbildung eines photographischen Werkes. Ein Nachbildungs- oder Vervielfältigungs- Verfahren ist als rin mechanisches zu bezeichnen, wenn es wesentlich die dem menschllchen Willen und der menschlichen Technik dienstbar gemachten, elementaren Kräfte der Natur sind, welche die Reproduktion bewirken, ohne daß die individuelle geistige Menschen krast zu der Leistung metir beiträgt, als es die Lenkung und Leitung jener Naturkräfte mit sich bringt. So lange nur diese elementaren Faktoren der Bewegungskraft, der Wärme, des Lichts, der chemischen Agenlien u. s. w. in dem Verfahren überwiegen, wird das letztere die Eigenschaft eines mechanischen bewahren, auch wenn, sei es technisch, sei es künstlerisch, eine gewisse sekundäre Mitwirkung srei schaffender Menschenkrast unverkennbar herooririlt. Urteil des Drillen Strafsenats des Reichsgerichts vom 20. Sep tember 1882 in Blum's Annalen Band 6 Seite 320. In demselben Urteil wird auch zutreffend dargelegt, daß das Gesetz nicht lediglich die rein mechanische, sondern schon die wesentlich mecha nische Nachbildung photographischer Werke zu verbieten beabsichtige, und es sonach nicht daraus ankomme, ob schlechthin unwesentliches Beiwerk auf nicht mechanischem Wege hergestellt worden sei. Nur gegen die mechanische Nachbitdung gemährt das Gesetz vom 10. Januar 1876 einen begrenzten Schutz. 2» Aus dem Gebiete der nichtmechanischen Nachbildung hebt das Gesetz hervor: die durch ein Werk der malenden, zeichnenden oder pla stischen Kunst <8 8). Die Baukunst ist hier wie im Gesetz vom 9. Januar 1876 außer Betracht geblieben. Die Nachbildung durch ein Werk einer der drei genannten Künste, die der Kürze wegen in Nachfolgendem als »künstlerisch« bezeichnet werden soll, ist erlaubt, verschaffst sogar ein Urheberrecht nach Maßgabe des Gesetzes vom 9 Januar 1876, also auch das Recht, das durch Nachbildung hergestellte Werk zur weiteren Verviel fältigung selbst aus mechanischem Wege zu benutzen. 3) Außerdem ist eine Nachbildung von photographischen Erzeug nissen möglich, die weder als eine mechanische >zu 1), uoch als eine künst lerische lzu 2) gelten kann, beispielsweise auf dem Wege bloß technischer, nicht künstlerischer Handzeichnung. Diese Nachbildung ist nicht verboten, also erlaubt. Sie gewährt kein Urheberrecht (8 1 des Gesetzes vom 9. Januar 1876!. Eine weitere nach ihr statlfindende Nachbildung in Ver- breitungsabsicht ist nach 88 l, 3 des Gesetzes vom 10. Januar 1876 von der Genehmigung des Verfertigers der photographischen Aufnahme abhängig, weil sich der Nachbildner aus die Ausnahmevorschrift des 8 8 nicht be rufen kann. Da indes die nicht mechanische und nicht künstlerische Nach bildung photographischer Erzeugnisse den Geschäftsbetrieb der Photographen nur in minimalem, wirtschaftlich nicht in Anschlag zu bringendem Be trage zu beeinträchtigen vermag, wird sie häufig bei Darstellung des der Photographie gewährten Schutzes außer Betracht gelassen. Es wird dann nur die künstlerische Nachbildung >zu 2) der mechanischen gegenüberge stellt, wie wenn die Gebiete der künstlerischen und der nicht m.chanijchen Nachbildung sich vollständig deckten. Diese Betrachtungsweise, welche hin und wieder auch in den Gesetzesmaterialien hervortcilt, kann leicht zu Fehlschlüssen verleiten. So glaubt die Revisionsschrist der Angetlagten aus der ihrer Angabe nach durch das Gutachten des Sachversländigen- vereins erwiesenen Thatsache, daß das L'jche Bild nicht ein »rein mechanisches Erzeugnis« sei, ohne weiteres die Anwendbarkeit des 8 8 des Gesetzes vom 10. Januar 1876 herleiten zu können, indem sie eine Stelle der Motive zu 8 8 des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend den Schutz der Photographieen u. s. w., sür die Ansicht zu verwerten sucht, daß die künstlerische Nachbildung mit der nicht mechanischen identisch sei. Der erste Richter kann an der zuletzt wiedergcgebenen Stelle seines Urteils unter einem »breiten und bequemen Wege- nicht den Weg der Hervorbringung eines Werkes einer der in 8 8 des Gesetzes vom 10. Januar 1876 bezeichnelen Künste oben zu 2> verstanden haben. Augenscheinlich identifiziert er den künstlerischen Weg mit dem nicht mechanischen; er geht von der Annahme aus, daß auf dem oben zu 3 bezeichneten Wege ein Urheberrecht nach Maßgabe des 8 7 des Gesetzes vom 9. Januar 1876 erlangt werden könne. Diese Annahme muß aller dings zu unannehmbaren Konsequenzen führen, sie steht aber im Wider spruche mit dem Wortlaute des 8 8 a. a. O. und mit dem Gesetze vom öS
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