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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.06.1911
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1911-06-21
- Erscheinungsdatum
- 21.06.1911
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- Deutsch
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besondere Lagerung des Falles begründet sein müssen. Damit ist offen ausgesprochen, daß auch in unserem Preistarif nicht der tote Buchstabe, sondern der lebendige Geist herrschen soll; daß nicht jede Abweichung als ein Verstoß gegen den Tarif zu be trachten ist, daß aber die Abweichung als eine gerechtfertigte nachzuweisen ist. Als Vertreter der Minorität ergriff Herr Friedrich Schnür- dreher-Berlin (Fa. W. L S. Loewenthal) das Wort, um in durchaus sachlichen und gründlichen Ausführungen die schweren Bedenken zu schildern, die gegen den Entwurf und gegen den Gesetzescharakter des Preistarifs überhaupt in den Kreisen seiner Berufsgenossen laut geworden sind. Der Redner führte u. a. folgendes aus: -Wenn der Deutsche Buchdrucker-Verein im Laufe von mehr als 40 Jahren in der Verwirklichung seines Zieles, die Druck preise auf den von ihm eingeschlagenen Wegen zu heben, nicht weiter kam als bisher, wenn seine theoretisch guten Absichten in der Praxis stets an dem Widerstand der realen Verhältnisse scheiterten, dann wäre es doch vielleicht angezeigter, zu prüfen, ob die Idee, die Preisbildung künstlich zu beeinflussen, im Prinzip richtig ist, zu prüfen, ob es auf die Dauer durchführbar ist, den Einfluß der Verschiedenartigkeit der Betriebe und der Produktionsbedingungen auf die Verkaufspreise auszuschalten, anstatt — wie es der radikale Teil der Mitglieder verlangt — durch weitere Verschärfung der Maßnahmen das, was man sich vorgesetzt, durch Gewaltmaßregeln erzwingen zu wollen. Es ist seitens des Vorstandes in der Entgegnung auf die Denkschrift des Verleger-Vereins bestritten worden, daß es sich bei uns überhaupt um ein Preiskartell handle, daß ein solches im Buchdruckgewerbe weder beabsichtigt noch durchführbar sei. Wenn auch bei uns die Regelung der Produktion und des Absatzes nicht miteingeschlossen worden ist, so ist doch nicht zu leugnen, daß unser Preistarif das charakteristische Merkmal des Kartells trägt, daß beabsichtigt ist, durch ihn die Preise im ganzen Gewerbe zu erhöhen und sie dauernd auf der gewünschten Höhe zu erhalten. Gerade daß bei uns die Regelung des Absatzes fehlt, daß man dem einzelnen Produzenten den Verkaufspreis vorschreibt, aber sich nicht darum bekümmert, daß er auch zu diesen Preisen sein Produkt absetzen könne, trägt mit zur Undurchführbarkeit des Preistarifs bei. Wenn nun, wie der Preistarif vorschreibt, der Mittel-und der Großbetrieb gezwungen sind, für die gleiche Arbeit den gleichen Preis zu fordern, dann wird zweifellos der Großbetrieb bei der Bewerbung in neun von zehn Fällen den Sieg davontragen. Denn wenn der Besteller einer mittleren Druckerei, bei der er unter Umständen dreimal so lange als beim Großbetrieb auf die Fertigstellung warten, vielleicht schon nach je zwei bis drei Bogen Imprimatur geben muß, weil sonst der Drucker festsitzt, wenn er sich mit geringerer Auswahl von Schriften, die vielleicht auch nicht in gerade tadellosem Zustande sind, begnügen soll: wenn er dieser mittleren Druckerei den Auftrag erteilen soll, wird er es gewiß nur dann tun, wenn sie wesentlich billiger ist als der Großbetrieb. Der Besitzer des Mittelbetriebes ist also in solchen Fällen vor die Wahl gestellt, entweder den Preistarif zu verletzen, oder auf die Arbeit zu verzichten und sich nach und nach aus dem Mit bewerb um solche Arbeiten überhaupt völlig ausschalten zu lassen. Gewiß wird er im Bewußtsein seiner Pflicht zunächst auf die und jene Arbeit verzichten, die dann an die Großdruckerei übergeht, aber nach und nach wird er schon merken, daß es so nicht weitergehen kann, daß sein Geschäft sonst der Auflösung entgegengeht, daß er seine Druckerei zuschließen kann. Vor die Existenzfrage gestellt, wird er — auch das scheint mir nicht zweifelhaft —, mag die ihm drohende Strafe noch so hoch sein, den einzigen Weg wählen, der ihm noch übrig bleibt, wenn er sich nicht selbst aufgeben will. So oder so riskiert er seine Existenz, aber wenn er sein Offert entsprechend einrichtet, daß man ihn nicht fassen kann, hat er bei der Umgehung des Preistarifs die weitaus günstigeren Chancen. Die Wege der Um gehung sind so mannigfaltig und verschlungen, daß Sie sie nicht durchdringen können. Die plumpe Form des Rabattgewährens, Kassaskonto usw. will ich gar nicht erwähnen, aber als Beispiel einen anderen Modus: Der Stadtvertreter L der Druckerei U ist bei dem Warenhaus Z angeblich 1000 schuldig geworden. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 78. Jahrgang. Das Warenhaus erteilt nun dem Drucker zu tariflichem Preis den Auftrag, zieht aber bei der Bezahlung die ihr an den Stadtver treter angeblich zustehende Forderung ab. Es ist der Vereinigung der Provinzdrucker, die innerhalb des Deutschen Buchdrucker-Vereins ihre Interessen vertreten will, ein Vorwurf daraus gemacht worden, daß sie es auf Arbeiten des »Zentralpunktes des Deutschen Buchhandels« abgesehen habe. Nun, meine Herren, wenn wir in Berlin es uns gefallen lassen müssen, daß z. B. eine einzige Druckerei dieses »Zentralpunktes«, wie sie in Inseraten verkündet, für 14 Berliner Verleger druckt, warum soll denn nicht auch eine Druckerei in Köthen oder Jena für ein paar Leipziger Verleger liefern können? Was dem einen recht ist, ist dem andern billig. Stehen die Großbetriebe den Mittelbetrieben unter den dar gelegten Verhältnissen fast als übermächtige Konkurrenz gegen über, die sich durch keinerlei Preistarif wegdekretieren läßt, so erachte ich es nicht als recht und billig, daß man den Mittel betrieben durch den Zwangspreistarif den Weg verlegen will, sich ihrer Haut zu wehren, so gut sie es vermögen. Der »Preistarif« mit der ihm verliehenen Gesetzeskraft hat ganz eigenartige Verhältnisse gezeitigt: auf der einen Seite Buchdrucker, die es mit Virtuosität verstehen, das Gesetz nach ihrer Art zu gebrauchen, d. h. fleißig zu klagen, um sich un bequeme Konkurrenz vom Halse zu halten, die sich aber selber nicht sehr um die Vorschriften des »Preistarifs« bekümmern; auf der andern Seite die Publikationen des Vorstandes, in welchen er als gebräuchlich und bekannt zugibt, daß gewisse Bestimmungen des »Preistarifs« (wie z. B. die vorgeschriebene Berechnung einer Entschädigung für stehenden Maschinensatz) gar nicht eingehalten werden, und woraus er — also aus der Nichtbefolgung des Ge setzes — ableitet, daß die Bekämpfung desselben unbegründet sei. Die neue Berechnungsart sowohl bei Buchstaben- wie auch bei Alphabetberechnung führt zu dem Resultat, daß Druckereien in den kleinsten Orten, ohne jeden Lokalzuschlag, 77 Prozent all- gemeinen Regieaufschlag, die Großstadtdruckereien mit 20 und 26 Prozent Lokalzuschlag nur 67,75 bzw. 66,6 Prozent Aufschlag haben! Ich verkenne auch hier die gute Absicht nicht, der scharfen Konkurrenz der Druckorte mit und ohne Lokalzuschlag einiger maßen zu steuern, aber ich halte das nicht für den richtigen Weg. Wir müssen uns doch sagen, daß die Provinzdruckereien sich diesen Regieexponenten, der durch ihre tatsächlichen Unkosten nicht ge stützt wird, nicht ruhig werden gefallen lassen, daß wir dadurch nur Zwiespalt in unsere Reihen bringen. Schon die Berechnung des Geschäftsaufschlages im ersten Preistarif, der rein mechanisch, für alle Betriebe derselben Art: also z. B. für alle Werkdruckereien ohne jede Rücksicht auf rationellen oder irrationellen Betrieb, auf moderne oder veraltete Einrichtung einen uniformen Aufschlag festsetzte, hat viel Opposition hervorgerufen, die vorliegende Be rechnungsart ist aber noch viel schlechter. Wie wollen Sie es z. B. rechtfertigen, daß auf Köthen 73 Prozent, auf Leipzig nur 67^/i Prozent Regieaufschlag entfallen, wo Köthen 5 Prozent, Leipzig 20 Lokalzuschlag hat? Das ist meiner Überzeugung nach keine ar'f Grundlage der wirklichen Kosten sich aufbauende kaufmännische Berechnung mehr, sondern ein kalkulatorisches Kunststück, um zu einem im voraus festgesetzten Resultat zu gelangen. Meinem Empfinden widerstrebt es, daß ein so großer Verein, wie es der »Deutsche Buchdrucker-Verein« nun ist, etwas, was.er erstrebt, auf derartigem indirekten und überdies völlig ungeeigneten Wege zu erreichen sucht. Aber auch aus taktischen Gründen halte ich das für ver fehlt. Es wird so oft darauf hingewiesen, daß wir — was ja auch richtig ist — jetzt volle Einigkeit nötiger haben als je! Nun, meine Herren! Durch das, was Sie hier Vorhaben, werden Sie die Einigkeit nicht fördern, im Gegenteil; die Antagonie zwischen Stadt und Land, zwischen Klein- und Großstadt wird dadurch nur wachsen, und statt Eintracht säen Sie Zwietracht! Darum, meine Herren, bitte ich Sie, den vorliegenden Preistarif nochmals gründlich zu prüfen und namentlich seine Obligatorisierung reiflich Im Namen einer Gruppe von 300 Provinz- druckereien richtete dann noch Herr Werth-Rudolstadt die dringende Bitte an die anwesenden Vertreter, diesen Tarif nicht gegen den Willen der Prooinzdrucker, deren Existenz er in Frage stelle, durchzudrücken. Nach 662
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